Faust hat nun einen weiteren Schritt getan. Wenn ich, wie vorher beschrieben, meine Hunde allein ließ, legte er sich neben mein Bett und zerknautschte die Hülle meiner Daunendecke. Ob er sich damit Trost verschaffte, weiß ich nicht. Dieses Verhalten zeigte er in dieser Phase schon über einige Wochen. Leider konnte ich nie reagieren, denn ich war ja nie vor Ort. Nach einem „Opfer“ von drei Hüllen, einem Bettlaken und auch dem Überzug vom Liegeplatz meiner Hunde konnte ich dies endlich bereinigen. Wie ich nach Hause kam und sah, dass er das Leintuch meines Bettes frisch bearbeitet hatte, zog ich dies gleich ab und warf das durchlöcherte Bettlaken in sein Tagesbett, um ihm die Möglichkeit zu geben, nochmals daran zu lutschen (nuckeln). So wartete ich, bis er es anfasste, was ich mit einem lauten „NEIN!“ quittierte. Sogleich ließ er davon ab, und seit diesem Zeitpunkt habe ich Ruhe vor dieser „Ersatzhandlung“. Es kommt mir vor, als reagiere er wie ein Kleinkind, das in der Entwicklungszeit oftmals nicht ohne ein Nuschi (Windelstück/Nuckeltuch) sein kann. Die einen Kinder brauchen dies, andere irgendwas anderes, wie z. B. ein Stofftier oder Lutscher, und wer diese Entwicklungsstufe nicht durchlebt, wird wie Faust möglicherweise diese Handlung auf seine Weise nachholen. Selbst Jypsy hatte immer das Tüchlein aus ihrer Wurfkiste bei sich, und es dauerte sehr lange, bis sie sich davon trennte. Der Unterschied lag nur darin, dass sie das Tuch in der Anfangszeit weder zerriss noch zerknautschte. Sie schleppte es einfach mit sich herum, als wär’s ein Stück schöner Erinnerung.
Köstlich finde ich das beinahe „menschliche“ Abwägen gewisser Situationen gegenüber Jypsy. Legt die Hündin sich neben mich, zieht sich Faust zwei bis drei Meter zurück. Aber dies ist nur zu Hause so. Draußen im Freien will er führen. Er will auch stets schneller sein als Jypsy, aber sie verträgt dies nicht und wird putz sauer, sobald er sie in einem Wettlauf einholt. Aber einen ernsthaften Streit gab es noch nie, und selbst in kritischen Phasen ist er zu Jypsy fair und gibt schnell nach. Ich erkenne oft, dass Jypsy eigentlich die ganze Situation mit ihren Augen beherrscht. Sie kontrolliert förmlich, ob ich zu beiden korrekt bin und irgendwie merkt dies Faust. So denke ich, dass Hunde auch ein Vorbild für uns Menschen sind. Ihre Sensibilität ist meines Erachtens höher einzustufen, als das viele Menschen wahrhaben wollen. So ist unser Zusammenleben auch für mich eine Bereicherung, ja geradezu ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Fasst er im Spiel mal nach meiner Hand und ich sage „Au!“, so knurrt Jypsy sogleich. Faust geht zu ihr, leckt sie an den Lefzen, um ihr kundzutun, dass er mich nicht verletzen wollte. Aber auch umgekehrt passiert dies genauso. Liegt er auf dem Sofa neben mir, und sie stolziert mit hoher Rute vorbei, so erhebt er sich, verlässt seinen Platz, als wolle er ihr sagen, dass sie ja auch neben mir liegen könne, wenn sie nur wolle. So überlässt er ihr den Platz und legt sich ein paar Meter weiter weg, entweder ins Tagesbett oder auf den Boden, aber sie hat den dargebotenen Platz bisher noch nie angenommen. Genauso läuft es ab, wenn ich im Fernsehstuhl sitze. Er kommt zu mir, steigt über meine Knie, legt sein Kopf zu mir. Sobald ich ihn streichle, scheint Jypsy leicht eifersüchtig zu sein, gibt ein komisches Bellen von sich, und schon begibt er sich zu ihr, um sie zu beschwichtigen. So bestimmt hier die Hündin, welche Freiheiten er sich herausnehmen darf, das heißt, was sie tolerieren will und was nicht. All dieses auf Gegenseitigkeit abgestimmte Verhalten, das von einer unglaublichen Feinfühligkeit der Hunde herrührt, ist schlicht überwältigend. Auch die Dominanz der Hündin wird nur durch Blicke durchgesetzt.
Diese kleine, oben beschriebene Eifersucht kann sich dann weiter fortsetzen, sobald sie ihren Platz verlässt und ihn mitzieht, zum Beispiel zum Tagesbett. Dort zeigt sie urplötzlich ihre Dominanz, die er mit „links“ natürlich wegsteckt, aber so erklärt sie ihm, dass er sich mehr an sie halten soll. Er kam auch nicht mehr auf das Sofa, als sie ihm kundgab, dass sie dies nicht wünsche. So scheint es mir, dass menschliches Verhalten gar nicht so weit vom Verhalten der Hunde abweicht und mit etwas Fantasie, mit einem herzlichen verschmitzten Lachen und Wohlwollen durchaus zu verstehen ist. So wird jeder Tag zum Erlebnis, man muss sich nur öffnen, sich den Tieren zuwenden, beobachten und mit offenen Augen genießen. Tiere werden mit der Zeit zum Spiegel ihrer Besitzer, genauso wie Kinder im Grunde den Seelenzustand unserer Gesellschaft und derer Erziehungsformen widerspiegeln.
Ein interessantes Erlebnis widerfuhr uns vor ein paar Wochen. Nachdem ich glaubte, dass er nun über das zerstörerische Verhalten im Schlafbereich hinweg sei, kehrte er zu diesem Verhalten zurück. Der mögliche Grundauslöser bestand darin, dass Jypsy auf dem allabendlichen Spaziergang plötzlich wildern wollte. Es war bereits dunkel, und im Wald, wo Nadelbäume und Büsche dicht an dicht stehen, sah man nur noch wenig. Ich ließ die Leine aus lauter Schreck los, um nicht zu verunfallen. Zwei Rehe überquerten unseren Weg, und Jypsy sprintete los. Zum Glück für das Wild wurde sie nach etwa hundert Metern gestoppt, denn der Griff der Leine verfing sich im Gestrüpp. Fluchend wie ein Berserker musste ich nun durch das Dickicht. In einer Hand die Taschenlampe, in der anderen hielt ich Faust. So suchten wir unsere Ausreißerin. Jypsy gab aus der erlernten Gewohnheit im „Platz“ lautlos liegen zu bleiben oder vielleicht auch zusätzlich aus Respekt vor einem „Donnerwetter“ keinen Laut von sich. Zudem hatte ich „Platz“ geschrien und einige Male ihren Namen gerufen. Dies lernte sie beim „Frei-Ablegen“ im Hundesport und merkte eben nicht, dass dies keine Übung war, als ich einfach „Platz“ befahl. Ich suchte und suchte, wünschte sie derweil wie in solchen Momenten üblich ins Pfefferland, bis ich im Lichte der Taschenlampe zwei funkelnde Augen erkannte. Faust, der nicht genau einordnen konnte, ob sich mein Zorn auf ihn oder auf Jypsy bezog, war eingeschüchtert. Durch einen heftigen Leinenruck machte ich ihr klar, dass ihr Verhalten unerwünscht war, und ich suchte mit beiden Hunden einen gangbaren Weg durch die Dichte des Waldes wieder auf den Waldweg zurück. Dies war mit zwei Hunden gar nicht so einfach, denn Faust wusste nicht richtig mit dem Wort „Fuß“ umzugehen, aber ich musste so gut wie möglich meine Schützlinge anleiten und kommandieren. In solchen Situationen ist Jypsy schon eine superintelligente „Ratte“, denn sie weiß praktisch ohne Worte, was sie zu tun hat, und bleibt hautnah bei mir. Sie spürte auch meinen Ärger und verhielt sich korrekt, eng bei mir, wie wir uns einen Weg durch dieses Dickicht bahnten.
Am anderen Abend arbeitete ich im Büro, Faust in meinem Schlafzimmer, wo er sich über das Kissen hermachte. Wie er in seiner inneren Erregung, möglicherweise hervorgerufen durch das Erlebnis des Vorabends, das Kissen mit seinen Zähnen bearbeitete, entdeckte ich ihn, nahm dieses mit einem forschen „Nein!“ augenblicklich weg, er im Rückwärtsgang aus dem Schlafraum, ich schlug das Kissen an die Wände und auf den Boden, und Faust flüchtete in den Wintergarten. Selbst dorthin verfolgte ich ihn und schlug weiter auf das Kissen ein und beschimpfte dieses. Danach legte ich es wieder ins Schlafzimmer, wechselte den zerfetzten Überzug, begab mich in die Stube und setzte mich vor den Fernseher. Nach zwei Minuten kam Jypsy mit Faust und verlangte durch ein vom Boden aufgenommenes Blatt meines Orangenbaumes die gewohnte Belohnung. Faust erkennt in diesen Fällen sogleich seine Chance, ebenfalls eine Belohnung zu bekommen und unterstützt sie in ihrer Aufforderung stets durch forderndes Herumtänzeln. Ich gab beiden eine Belohnung, denn ein Hund kennt nur den Augenblick und keine Vergangenheit, weder Reue noch ein schlechtes Gewissen. Obwohl er eine innere Unruhe über längere Zeit möglicherweise speichert, ist bewusstes nachträgliches Reagieren nie möglich. Es kommt mir vor, als verebben solche Verhaltensformen wie Wellen im See, aber es braucht scheinbar einiges mehr, bis er größere Belastungsreize wegzustecken vermag.
Nachdem der Frühling Einzug gehalten hatte, übte ich nach langer Zeit wieder einmal auf dem Hundeplatz und siehe da, das „Frei-Ablegen“ unter Ablenkung klappte bei Faust! Ich konnte gar nicht sagen, wie stolz ich war, denn dies zeigte mir, dass sein Vertrauen zu mir gewachsen war. Auch das Apportieren zeigte er ganz ordentlich, aber es braucht noch lange, bis er es regelkonform beherrscht. Es war schon weitaus besser als im alten Jahr, und wenn ich ihm gerade bei dieser Arbeit in seine noch immer scheuen Augen sehe, freue ich mich innerlich riesig über seine mir entgegenstrahlende, dankbare Erwartung, Zuneigung und Hoffnung auf eine aufmunternde Bestätigung. Er ist so schön geworden, sein Fell glänzt nun seiden und würde er beim Fußlaufen sich noch freier bewegen, wäre dies für mich ein weiteres Geschenk. Der Weg ist noch weit, aber für uns gilt: „Der Weg ist ja das Ziel“ und nicht der Erfolg, obwohl auch dies erstrebenswert ist, aber nur über einen ausgeglichenen und glücklichen Hund. Das Wundervollste mit diesem Hund ist, ich muss nichts erreichen, ja gar nichts, nicht einmal BH1, von IPO nicht zu reden, und doch macht es Spaß, ihn bei uns zu haben. Er ist in jeder Beziehung ein wundervolles Tier, und oft kommt mir der Wunsch, ihn zu umarmen und zu drücken.
Ich vereinbarte mit dem Züchter, dass ich nach Cottbus komme, um ihm meinen Faust zu zeigen. Unglücklicherweise sah ich am vergangenen Freitag, drei Tage vor der Abreise, dass sich auf seiner Nase ein zwei-Franken großer dunkelgrauer Fleck mit Geschwulst gebildet hatte und dazu an der Lefze noch ein Knöllchen. Ich besuchte den Tierarzt, welcher eine Spritze mit Antibiotika gemischt mit einem Entzündungshemmer verabreichte und mir zusätzlich noch Pillen mitgab, die diese Wirkung unterstützten. Dazu empfahl er mir noch Betadine-Salbe aufzutragen, sollte dieser Fleck aufbrechen. Am Samstag war es dann soweit und eine wässrige Flüssigkeit trat heraus. Ich benachrichtigte noch den Züchter und glaubte aber nicht, dass es eine übertragbare Krankheit wäre, weder für seine Hunde noch für Jypsy. Bei Welpen ist immer größere Vorsicht angebracht. Ich war bedrückt, ihm meinen Faust in dieser Verfassung zeigen zu müssen, doch wie ich den Züchter am Dienstag traf, war ich erstaunt, wie aufgeschlossen er sich meinem Faust zeigte. Er mochte ihn offensichtlich. Wir gingen noch aufs freie Feld, und ich durfte ihm zeigen, was für ein eleganter und schneller Hund Faust ist. Er meinte danach, er sei ein ganz normaler Mali ohne ersichtliche Probleme. Er sah auch, dass ich recht robust mit ihm umgehe, und Faust zeigte sich sehr korrekt, solange keine störenden Begebenheiten, wie Pferde, Jogger oder Radfahrer die Situation beeinflussen konnten. Aber nichts dergleichen war weit und breit zu sehen. Jens, der Züchter, zeigte mir auch seine Zwingeranlage – sauber, praktisch eingerichtet, mit tollen Hunden. Der Halbbruder von Faust war größer, im Gehabe dem Faust aber sehr ähnlich. Er zeigte die gleichen Verhaltensmerkmale. Ich mochte diesen Halbbruder, und wir empfanden sogleich eine gewisse Sympathie zueinander. Alle Hunde waren zutraulich, auch die Mutterhündin gefiel mir.
Wie wir danach bei Kuchen und Kaffee zusammensaßen, erklärte Jens mir alle „Eigenheiten“ dieser Linie. Es waren dieselben, die ich auch bei Faust erkannt hatte, aber nicht wusste, woher sie stammten. Also, auch die Mutterhündin „nuckelte“ gerne an Tüchern und Matten und auch der Halbbruder von Faust hatte die Eigenart, gleich den Arm zu halten, aber für mich war dies so bekannt, als wäre dies Faust selbst. Nun war mir klar, woher er diese Eigenheiten hatte. Weil Faust als Welpe/Junghund hier aufwuchs, hatten sich diese Macken eingeschlichen. Faust habe ich dies sogleich abgewöhnt. Es genügten einfache Kommandos wie „Nein“ oder „Hör auf“ ohne dabei den Arm wegzuziehen.
Jens, ebenfalls ein erfahrener Hundeführer, erklärte mir viel über den Unterschied zwischen Malinois und Schäferhund. Ich bin mit ihm einer Meinung. Ein Mali ist niemals vergleichbar mit dem Deutschen Schäferhund. Als Welpe ist er bedeutend sensibler und vorsichtiger, und dies setzt viel Rücksichtnahme, Geduld und Bestärkung voraus, um dieses Wesen langsam nervenfest und sicher zu machen. Auch gegen seine natürliche, beinahe ängstliche Vorsicht ist Geduld eine der Voraussetzungen, nebst viel Respekt, ihn durch eine reiche Erlebnispalette zu führen, zu stärken, um seine Belastbarkeit auf das erforderliche Niveau zu bringen. Dies wurde bei Faust sträflich unterlassen, um zu einem gewissen Zeitpunkt mit umso mehr „Druck“ Gehorsam und Fügungsbereitschaft in ihn hineinzuprügeln, was logischerweise bei einem durchschnittlichen Malinois zur Katastrophe führt. Faust ist auch unglaublich „schuss-scheu“ und flieht bei einem lauten Knall. Dies heißt für mich nicht, dass er so geboren wurde, sondern er verbindet dies möglicherweise mit negativen Erlebnissen aus seiner Zeit als Junghund. Was er alles durchgemacht hat, auch die Wunde an seinem Hals, die er hatte, als ich ihn übernahm, lässt auf eine unangebrachte Vorgeschichte schließen und hinterlässt in einer Hundeseele tiefste Spuren. Hundehalter verhalten sich leider oft nicht anders als die große Masse der Menschen. Sie behaupten, sie wären fähig, Kinder zu erziehen, doch nur wenige können es wirklich. So verhält es sich auch bei den Hundehaltern und jeder, der mit einer Rasse umgehen kann, muss sich mit einer anderen erneut genauso auseinandersetzen, auf sie eingehen, lernen und sich durch ein gewisses Studium mit deren Eigenheiten befassen. Auch die Unterschiede innerhalb einer Rasse sind enorm, und leider sind Ausbilder oft versucht, trotz allem alle über einen gleichen Leist zu ziehen.
Der Grund meiner Reise war, über die Prägung von Faust, also vor seiner Ablösung zum neuen Halter in der Schweiz und über dessen Veranlagungen respektive seine Mutterhündin mehr zu erfahren. Faust selbst hat dieser Besuch nicht allzu viel gebracht. Ich bin über den Erfahrungsaustausch und das zusätzliche Wissen froh, weiß über seine Anlagen nun besser Bescheid. Unzulänglichkeiten können durch Einfühlungsvermögen und im gegenseitigen Vertrauen verbessert werden. Die Eigenheiten seiner ersten Prägungsphase werde ich versuchen, durch mehr Verstand sanft in einem täglichen vernünftigen Ablauf und entsprechender Führung zu verändern. So wird nicht ständiges Korrigieren und damit ein immer wiederholter Reiz, der seine innere Sicherheit beeinträchtigt, zum Störfaktor einer beginnenden Ausgeglichenheit. Die anerzogenen und teilweise übernommenen Unarten der Eltern zu eliminieren scheint mir kein großes Problem zu sein, denn mit einem „Au!“ lernt er sehr schnell, dass er es unterlässt, forsch in den Arm zu greifen, wobei hier auch zusätzlich meine Jypsy zu Hilfe kommt, denn der Schmerzensausruf mobilisiert sie unverzüglich, Faust zu maßregeln. Das „Nuckeln“ ist in solch engen Grenzen, dass ich auch dies in den Griff bekomme. So bleiben mir nur die negativen Erfahrungen, verursacht durch einen bekloppten Führer. Faust kommt mir vor wie ein misshandeltes Kind, nur ist bei einem Hund die Umkehr einer mangelhaften und verfehlten Prägung hoffentlich noch möglich. Bei einem Wesen wie ihm wird sich mit guter Bindung sein Verhalten mit der Zeit hoffentlich noch beeinflussen lassen. Alles ist möglich, aber in den nächsten Jahren ist und bleibt Faust das Maß, an dem ich mich messe. Ich bin zuversichtlich und mit der instinktsicheren Mithilfe meiner Jypsy besteht für uns die Chance, aus Faust einen ordentlichen und selbstsicheren Hund zu formen, sofern ich mich in seinen Belangen stets emotional im Griff halten kann, denn gerade dies ist die gefährlichste Komponente in der Mensch-Hund-Beziehung. Wie schnell ist doch ein sorgsamer Aufbau in einem kurzen Augenblick eines „Ausrastens“ für lange Zeit zunichtegemacht … und der Malinois erkennt solche Situationen im Ansatz und hat dazu ein vortreffliches Gedächtnis.
An einem schönen Frühsommermorgen folgte nach dem Spaziergang ein kleines Spiel, und hier erlebte ich Folgendes. Wenn früher Faust den geworfenen Ball zurückbrachte, machte er noch einen großen Bogen, kontrollierte die Umgebung, war abgelenkt, und wenn kein Radfahrer oder Jogger unterwegs war, den er jagen konnte, brachte er mir den Ball mehr oder weniger sicher zurück. Heute aber schoss er wie eine Rakete los, fasste den Ball und kehrte blitzartig zu mir zurück, saß vor, und auf das Kommando „Aus“, ließ er den Ball los. Nur ausnahmsweise und extrem kurz schaute er einmal links und rechts, aber dies war kaum der Rede wert. Wir übten ohne Leine, und selbst beim Bei-Fuß-Gehen, was er mit meiner steten Ermunterung aufmerksam und ordentlich machte, fühlte ich einen großen Fortschritt. Einige würden sagen: „Sprich nicht so viel mit deinem Hund!“ Selbst die Kommandos „Sitz, Platz aus dem Laufschritt, und das Steh“ machte er, als wolle er mir zeigen, dass ich mit ihm rechnen könne. Ich lobte und spürte, dass meine Freude für ihn wichtig ist. Am Ende machten wir alle zusammen nochmals einen Rundgang und freuten uns darüber, dass Faust über die lange Pause nicht alles vergessen hatte. Wenn ich zurückdenke, so sind diese Fortschritte beachtenswert, selbst wenn diese auch noch nicht nachhaltig sind. Ein lautes Wort und schon lag er vor einiger Zeit noch flach am Boden, die Ohren angelegt und nur nicht meinen Blick aushalten müssen, also ein klägliches Bild, und nun? Er ist nicht mehr ganz derselbe Hund, und ich respektiere ihn von ganzem Herzen. Sein Bedürfnis an Streicheleinheiten zeigt er immer wieder, als wolle er sagen, ich möge ihm doch zeigen, was für ein toller Kerl er sei. So streichle ich ihn dann einfach und rede aufmunternd mit ihm.
Seine Wunde über der Nase ist verheilt. Der Fleck leuchtet nun rosarot, denn dort sind ihm die feinen Härchen ausgegangen und die Pigmentierung noch nicht genügend fortgeschritten. Mit einem Sonnenschutz decke ich diesen Fleck ab, und ich fühle bereits ein sachtes Sprießen der Schutzhärchen. Nach einigen Wochen war schon nichts mehr zu sehen.

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