Die Diagnose
In der Zeitschrift „Hunde“ 2/11 vom 18. Februar 2011 las ich einen Artikel unter „Gewusst?“ von der Tierärztin Dr. Christina Sigrist vom SKG-Arbeitsausschuss Verhalten: „Leiden auch Hunde an Depressionen?“ und vereinbarte einen Besuchstermin. Ihre Diagnose lautete: Faust weise eine unübersehbare Hyperaktivität/ADS auf, und daher macht jeder Druck ihn noch hektischer, weil er in diesem Zustand nicht mehr in der Lage ist, Verlangtes einzuordnen. Mein Gott, wie war ich erleichtert zu wissen, unter welcher „Krankheit“ Faust litt. In dieser Situation konnte er Korrekturen erdulden, aber er konnte sie nicht zuordnen. Das ist es ja, was ich immerzu zu erklären suchte und ihn am Ende nur noch mit viel Verständnis, Geduld und im gegenseitigen Vertrauen führte, entgegen der Meinung einiger aus der Gruppe von Faust, die dominantes Führungsverhalten von mir forderten. Auch meinten sie, ich wäre diesem Hund nicht gewachsen usw.
Eine Verhaltenstherapie für dieses Problem hätte eindeutig ins Welpenalter gehört und frühzeitig erkannt und eingeleitet, wäre sein heute problematisches Verhalten nie entstanden. Dies wäre die optimale Ausgangslage für dieses Geschöpf gewesen. Aber sein damaliger Halter war zu unwissend, die Probleme eines Welpen durch aktives Beobachten zu erkunden und aufzudecken. Selbst das gesamte Umfeld hatte von einem Malinois weder eine Ahnung, noch führten sie diese Rasse im Sport erfolgreich. Von dieser Sorte „Hundehalter und Ausbilder“ kenne ich leider noch allzu viele. Der Hund muss im Hundesport ja nur funktionieren, sonst wehe ihm, heißt bei gewissen Menschen die Devise! Ein Hinterfragen des gezeigten Verhaltens steht aus Zeitgründen bei vielen kaum zur Diskussion. Es fehlt meist auch an Zeit, Geduld und Herzblut, einen ansonsten guten Hund voranzubringen. Gerade hier zeigt es sich, wie nützlich eine kompetente PrägungsSchule für dieses Wesen gewesen wäre, aber viele betrachten dies als „Kindergartenarbeit“ und verzichten und verpassen so Wesentliches.
Aber so, wie ich im Großen und Ganzen seine Geschichte mir zusammenreime, wurde mit ihm möglicherweise alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Faust war die total unverstandene arme Seele. Selbst ich bedauere die verlorene Zeit, während ich auf der Suche nach einer Lösung selbst Tierärzte befragte, aber auch kein einziger Hundesportler, von denen ich namhafte kenne, wusste Bescheid über dieses Verhalten, noch konnte man mir eine kompetente Anlaufstelle benennen. Das Schwierigste für mich war, wenn man das frühere Umfeld kennt und daraus die Ursachen seines Verhaltens abzuleiten versucht, dass die gezeigten Muster sich immer wieder bestätigten. So war für mich seine gezeigte Panik nur eine Reaktion auf falsche Korrekturen. Und dies dürfte auch richtig sein. Aber dass man vor dem Korrigieren das Hirn einschalten sollte, das fehlt bei sehr vielen sogenannten „Weisen“ des Hundesports, die vielleicht einmal mit einem guten Hund das „Glück“ hatten, Erfolg zu haben. Dass es sich hier um eine Hyperaktivität gekoppelt mit ADS handelte und eine Korrektur den Hund nur noch mehr verwirrt hätte, erkannte keiner in meinem Umfeld und nur Frau Dr. Christina Sigrist, welche Erfahrung mit solchen Hunden hat, konnte das Problem auf Anhieb erkennen. So bin ich mehr als erleichtert, diese dramatische Geschichte und das ewige Suchen nach kompetenter Hilfe hinter mich gebracht zu haben. Ich freue mich außerordentlich, diese Ärztin durch den Artikel in der Zeitschrift „Hunde“ nun zu kennen. Ihre Hilfe ist mir Ansporn, das Beste zu geben. Es ist einfach unglaublich, wie wenig an psychologischem Erfahrungswissen und Gefühl in diesem Sport und generell bei Sporthundehaltern vorhanden ist. Dies zeigt das Niveau, auf welchem wir uns heute bewegen, obwohl die SKG sich redlich bemüht, ganz speziell durch die Zusammenarbeit mit solch fähigen Ärzten spezielle Erscheinungsbilder aufzuzeigen, damit rechtzeitig Therapien eingeleitet werden können. So kennen zu wenig Menschen diese wichtige Anlaufstation. Man verliert sich zum Leidwesen dieser Tiere in unzählige vor allem für das Tier belastende und unnötige Korrekturversuche, wobei auch vereinzelt „Scharlatane“ sich freuen, an solchen Problemhunden gutes Geld zu verdienen. Durch den verspäteten Beginn der Behandlung wird dies ein schwieriges und langwieriges Unterfangen, denn durch die lange Leidensdauer konnten sich falsche Verhaltensmuster noch tiefer einprägen, die das Tier zum Entlasten nutzt. Dadurch wurde die Problematik leider noch verschlimmert. So begannen wir die Therapie mit Faust. Dass diese viel Zeit in Anspruch nehmen wird, hat mir Frau Dr. Sigrist von vornherein klar gemacht, aber ich gebe mir Mühe, Faust auf seinem künftigen Weg nach Kräften zu unterstützen. Dass dieser Hund mit seiner Eigenart als „gefährlich“ eingestuft wird, ist mir zwar nicht ganz klar, denn ein „gebrochener“ Hund wird nicht mehr gefährlich. So freue ich mich auf die Zeit, wenn ich die Gewissheit habe, dass sich Faust sicherer und glücklicher fühlt und sich mit seiner Umwelt wieder in Einklang befindet.
Als wir mit der Medikation begannen, waren die ersten Tage eine herbe Enttäuschung. Alles schien in den alten Bahnen zu verharren, und ich berichtete der Ärztin bereits, dass das Medikament nicht wirke. Doch urplötzlich begann sich nach dem dritten Tag einiges zu verändern. Nun brachte jeder Tag zusätzliche positive Überraschungen aber ebenso auch Rückschläge. Mit der guten Betreuung durch Frau Dr. Christina Sigrist werden viele Hindernisse zu überwinden sein. Hilfreich ist mein gutes Vertrauensverhältnis zu Faust, um ihn weiterhin ohne allzu viel Druck zu fordern und zu fördern.
Jypsy gehört an dieser Stelle ein dickes Lob und Dank, denn sie ist für mich nicht nur ein grandioser Hund, sondern der wichtigste Eckpfeiler, weil sie Faust so bedingungslos und rücksichtsvoll akzeptiert, denn bislang wusste sie möglicherweise als Einzige durch ihren Instinkt, dass Faust sehr litt und schwer krank ist. Herzlichen Dank an dieser Stelle auch an Frau Doktor Christina SIGRIST, die die Defizite von Faust für mich nachvollziehbar machte!!!!!!!
Bereits nach gut einer Woche Therapie war der heutige Sonntagspaziergang direkt erholsam im Gegensatz zu demjenigen der Vorwoche. Ich konnte Faust beeinflussen und führen, und er gehorchte trotz der vielen interessanten Erlebnisse auf dem heutigen Umgang. Wir meisterten bereits Dinge, bei denen Faust früher explodiert wäre, aber heute war er bedeutend beherrschbarer. Sicher noch nicht die absolute Perfektion, aber trotzdem schon so gut, dass ich mich nicht mehr so gestresst fühlte und auch die Mitmenschen ihn nicht mehr als so hektisch und unsicher – „als unberechenbar“ – wahrnahmen. So konzentrierte er sich auf den dargebotenen Ball, und Mensch und Tier konnte an uns vorbeigehen, ohne Faust als Bedrohung zu empfinden.
So macht er nun, wenn auch sehr langsam, Fortschritte, und ich bewundere ihn genauso wie zu Beginn, wo er hilflos und absolut unverständlich reagierte, weil man eindeutig sah, dass er nie richtig zuhören oder Gesagtes einordnen konnte. Ich hoffe immer, dass er dies mit der Zeit und den Medikamenten lernen wird.
Noch zeigt er weiterhin große „Verlassensängste“ und verfolgt mich in der Wohnung auf Schritt und Tritt. Danach liegt er aber immer ruhig neben mir und schläft entspannt. Also alles in allem ist er ein Hund, der von Beginn weg bewegt, und heute, mit der Therapie, kommen zusätzliche Facetten dazu. Das hat die Folge, dass ich mich mit ihm nun auch vermehrt beschäftigen muss. Dies hatte ich eingeschränkt, denn was nützte es, wenn er früher durch seine Hektik nichts verstehen, noch verarbeiten oder sich merken konnte.
Gewisse Aufs und Abs mit seiner Psyche wird es noch über längere Zeit geben. Meine Zuversicht ist durch die Medikation um ein Vielfaches größer als noch vor wenigen Wochen. Ich denke, dass seine damit möglich gewordenen Fortschritte im Umgang mit seinen „Nervenkratzern“ (Fußgängern, Jogger, Reiter etc.), und durch meine Ablenkungsbemühungen mit dem Ball nun sukzessive das alte und über lange Zeit eingeschliffene Negativmuster seines Verhaltens überzeichnen könnten. Andererseits ist neues Vertrauen zu den normalen Situationen aufzubauen und zu festigen. Im Grunde lehrte ich Faust Ähnliches, was als Welpe hätte gemacht werden müssen. Ich versuche, seine Verhaltensunsicherheit zu beeinflussen. Dies ist beim gut vierjährigen Hund bedeutend langwieriger, als bei einem lernbereiten, unverdorbenen und vertrauensvollen Junghund. Für eine erfolgreiche Prägung braucht es Einfühlungsvermögen. Durch nie verstandene Korrekturen veränderte sich vieles, sodass es für einen Laien immer schwerer wurde, auf das eigentliche Problem überhaupt zu stoßen. Auch die vielen Behauptungen sogenannter „selbsternannter Hundekenner“, dass mit diesem Hund alles in Ordnung sei, bewies die fachliche Inkompetenz dieser Menschen. Selbst Hundeschulen, die sich mit V.I.E.T.A. (Berufsverband Diplomierter Psychologischer Beraterinnen und Berater) anpriesen, konnten die Probleme von Faust nicht aufdecken und wollten zunächst nur durch „Übungen“ sehen, wie man dies korrigieren könnte, und glaubten, dass sein Verhalten für eine Therapierung kein Problem darstelle. Dies ließ ich aber nicht zu, denn diese „Chefin mit ihren Schülerinnen“ wollte sich nicht in sein beschriebenes Verhalten einlesen, das Aufschluss über seine Problematik gegeben hätte. Auch weitere Hundetrainer, die sogar Bücher über Hunde schreiben, wollten nur den Hund ansehen, aber nur ein paar Zeilen über sein Verhalten zu lesen, wurde als Misstrauen ihnen gegenüber gewertet und alsdann abgeblockt. Aber gerade dies machte mich stutzig, denn erst wollten diese durch ein paar Ausbildungsstunden gutes Geld kassieren, um alsdann mir das gleiche vorzuschlagen, was ich ohnehin schon tat. Für diese Experimente war mir mein Faust zu schade. Vielleicht hatten diese Leute über sein Verhalten auf meiner Homepage insgeheim doch gelesen, wollten aber einfach nur kassieren. (Trau, schau, wem)
Gute Hundekenner unseres Vereins, Hannes und Barbara Tobler, verwiesen mich an Frau Astrid Scheurer, die in kürzester Zeit erkannte, dass Faust sich nicht konzentrieren kann und eine große Unsicherheit aufweise. All dies brachte mich in dieser Odyssee des Suchens zum Entschluss, die wahren Probleme meines Hundes mit einer Ärztin zu besprechen, die sich in der Verhaltensproblematik bei Hunden auskennt. Und dies rate ich einem jeden, der mit seinem Hund nicht zurechtkommt. Trainer haben sehr oft wenig Einfühlungsvermögen und sind meist keine Psychologen für Hunde. So war es geradezu fatal für Faust, dass er hier in der Schweiz als Welpe/Junghund nie fachkundig abgeklärt wurde.
Wenn zwischen einer Vielzahl von Hunden Kranke so schwer erkannt werden, ist dies ein Armutszeichen für unsere Gesellschaft. Es scheint, als brauche es für alles nur noch Spezialisten, denn der gesunde Menschenverstand wird oft ersetzt durch rein technisches Ausbildungswissen. Folge von Zeitnot, gepaart mit falschem Ehrgeiz? Überall erklärte ich meine Probleme mit Faust, beschrieb ihn auf meiner Homepage und keiner gab einen Rat, mit dem etwas anzufangen war. Ich musste mir beinahe vorwerfen lassen, mit Hunden nicht umgehen zu können, oder einen Hund übernommen zu haben, der nichts wert ist, aber positives Verständnis erfuhr ich nur von sehr wenigen Freunden.
Doch die Probleme liegen zusätzlich auch noch woanders. Wenn man bemerkt, dass der Hund gewisse Dinge nicht versteht, soll man nie mit der Brechstange ihn zu lehren versuchen. Ein Tier, das nach vielen Versuchen noch immer nicht begreift, wäre gründlich abzuklären, um sein Verhalten genauer zu ergründen. Aber nun ist dies bei Faust nur noch kalter Kaffee oder Schnee von gestern, denn dies hätte ja bereits in frühester Jugend erfolgen müssen.
Faust macht durch die Medikamente nun leichte Fortschritte und bewegt sich schon bedeutend normaler, sofern in kurzen Abständen nicht mehrere Problemsituationen in Folge auftreten. Die Medikation betäubt den Hund nicht, nein, er scheint einfach etwas normaler und kann mit Emotionen im Moment besser umgehen. Sein „angestrengtes und nervöses Suchen“ nach seinen „Nervenkratzern“ hat er zu einem Teil abgelegt und konzentriert sich mehr auf seine unmittelbare Umgebung. So üben wir nun die aktive Ablenkung, und diejenigen Menschen, die wir im Wald antreffen, sind überrascht, wie gesittet er sich während eines Gesprächs bereits benimmt. Er „lädt“ sich nicht mehr zusätzlich innerlich auf, und kaum gehen wir auseinander, explodierte er auch nicht mehr wie früher. Heute zeigt er noch emotionales Verhalten, doch dieses klingt rascher ab, und seine Erregung ist auch nicht mehr so hoch wie früher. Ich denke ungern zurück, wie viel Mühe er mir zuvor bereitet hat, und schätze mich glücklich, dass Faust sich nun gesitteter aufführt.
Ich sehe, dass Faust noch viele Situationen nicht bewältigen kann. Nach der Beurteilung der behandelnden Ärztin weist sein Verhalten auf irreparable Schäden hin, die ihm physisch und psychisch zugefügt wurden, doch fehlen in solchen Fällen stets die Beweise. Somit schließt sich der Kreis zu einer sehr bekannten Tierkommunikatorin, Frau Helene Gerber, welche mir die Misshandlungen von Faust aus seiner Jugendzeit so erschreckend schilderte, dass ich es kaum fassen konnte. Aber sein Verhalten zeigt es ja selbsterklärend.
So beende ich diese Geschichte und denke, dass, wer nicht versucht, mit Originalität, sorgfältigster Prägung, Sachkenntnis, Herzblut und der dazugehöriger Hingabe einen Hund auszubilden, nie eine stabile Vertrauensbasis aufbauen wird oder langfristig Erfolg hat. Hunde sind sensible Wesen und brauchen für eine nachhaltige Ausbildung Respekt, Zeit, Geduld, Fantasie, Fairness und Einfühlungsvermögen. Es wird der Tag kommen, wo bei Prüfungen die Lebensfreude des Hundes, das gezeigte gegenseitige Vertrauen und Verstehen höher bewertet wird als die perfekteste Leistung ohne Ausstrahlung und Harmonie. Ohne diese dritte Dimension verkommt dieser Sport zu einer Vorführung, die nur der persönlichen Selbstdarstellung dient. Denn für den Hundeführer gilt oft nur Erfolg als das Maß der Dinge und weniger die einfühlsame Teamarbeit. So führt dieser Irrweg oftmals zu gefügig gemachten Hunden, und wir verstehen, weshalb diese durch Überforderung und psychischen Stress oft auf der Strecke bleiben, unerwartete Formschwankungen aufweisen oder sogar wie im Falle von Faust letztlich in psychischer Erkrankung enden. Wenn Richter im IPO-Hundesport selbst ihre eigenen Hunde nicht absolut ohne Zwang ausgebildet haben, solange sind diese weder gewillt noch in der Lage, eine gute, faire und dadurch nachhaltige humane Ausbildung zu beurteilen und schauen bei Ersatzhandlungen der Hunde einfach weg.
Nach wenigen Monaten zeigt Faust bereits neue und weitere Veränderungen! Die Grundkrankheit, seine Hyperaktivität, konnte medikamentös nur noch leicht eingedämmt werden. Obwohl das zuerst angewandte Mittel grundsätzlich im Welpen/Junghundealter gegeben wird, sah sich Frau Dr. Christina Sigrist veranlasst, zusätzlich ein zweites, effizienteres und dem heutigen Krankheitsbild entsprechendes Produkt einzusetzen, dessen Wirkung seine Lernfähigkeit nachhaltiger beeinflussen sollte. So wurden seine „Not-Reaktionen“ in seinem Verhalten je nach Tiefe der Einprägung sukzessive leichter zu kontrollieren. Dies gänzlich aufzulösen ist schwierig, um nicht zu sagen nunmehr unmöglich. Einen gesunden Hund aufzubauen wäre weit weniger schwierig, doch so ein Wesen in seiner Not zu übernehmen, war selbst für mich Neuland mit vielen Unbekannten. So lernte ich auch, Hundehalter und „Hundehalter“ besser zu unterscheiden, und bin immer mehr davon überzeugt, nicht einem jeden, der in früherer Zeit einmal erfolgreich war, darf und kann vertraut werden.
Meinen herzlichsten Dank entbiete ich an Frau Dr. Christina Sigrist, die mit großer Kompetenz Faust von seinen traumatischen Erlebnissen sukzessive zu befreien versucht, was mich bis heute doch merklich entlastet. Sein panisches Fliehen, Verwüstungsattacken im Auto oder unkontrollierbares Verhalten bei Begegnungen und vieles mehr ist viel besser als zuvor. So erwuchs anstelle des Mitleids für dieses geschundene Wesen echte Zuneigung, und ich wünsche mir, er möge seine innere Sicherheit wiederfinden. Er ist ein grundehrlicher Gefährte und entschädigt uns durch kurzeitiges Aufflammen seiner ihm sehr eigenen Liebenswürdigkeit.
Dies alles zeigt, dass es für das Halten eines Hundes vor allem soziale Kompetenz braucht, Selbstbeherrschung und ebenso viel Verstand, denn Nachhaltigkeit entsteht nur durch Einfühlungsvermögen und durch gegenseitiges Vertrauen.
Schön umschrieb Maria Hense im Buch „Der hyperaktive Hund“, erschienen im Animal Learn Verlag, die Eigenheiten dieser hyperaktiven Hunde. Hätte ich meine „Jypsy de la Videmanette“ in gewissem Sinne nicht bereits während der Junghundezeit unbewusst vernünftig und in vielen Beziehungen obigem Buche entsprechend ausgebildet, so hätte ich Hyperaktivität gefördert und damit Ersatzhandlungen erzeugt, anstatt einen normalen und zuverlässigen Hund zu erziehen. Viele sogenannte „angekratzte“ Hunde sind Grenzwanderer der Hyperaktivität, und es bedarf einer größeren Rücksichtnahme und Kenntnis über deren Veranlagung und verlangt eine ruhige und vor allem zu Beginn eher gelassene Ausbildung. Gerade „angekratzte“ Temperamentsbündel bieten sich am besten für überbordende Spiele an, verfallen aber gleichzeitig in eine Hyperaktivität, und sind danach kaum mehr zu führen. So ist bei diesem Typ Hund weniger eben mehr!
Selbst Außenstehende erkennen bei Prüfungen, speziell in Unterordnung und Führung, durch nervendes Bellen als Ersatzhandlung, sowie weiteren Ungehorsam wie nachrobben, nachlaufen, angelegte Ohren, eingeklemmte Rute, Probleme beim freien Ablegen und sonstige Verunsicherungen den Vertrauensverlust oder die Überforderung durch zu harte und damit unsachgemäße Ausbildung.
Nun, seit wir unser neues Heim in Engwilen bezogen haben, begann nach ein paar wenigen Wochen der Eingewöhnungszeit das „Ausschleichen“, das heißt das sukzessive und langsame Verringern der Tagesdosis bei Faust. So riet mir Frau Dr. Sigrist, Woche für Woche zunächst ein Viertel der Tagesdosis über eine Woche lang weniger zu geben, was Faust bis heute gut verkraftet. Es zeigen sich keine negativen Veränderungen. Sein Vertrauen, sobald er sich von mir löst, bleibt weiterhin relativ stabil, sodass er stets zu mir kommt oder nach kurzem Zuruf meinen Ruf zumeist befolgt. Dies und neu Gelerntes bleiben stabil und lassen erkennen, dass seine Fortschritte sich leicht stabilisieren. Gewisse Erlebnisse, die in seiner Seele allzu tief eingeprägt waren, bleiben, sodass ich weiterhin vor allem unterwegs bei Begegnungen auf ihn achten muss. Im Grunde genommen sind Faust und Jypsy praktisch seelenverwandte Hunde. Vor allem zu Hause scheinen beide, als wären sie Geschwister. Ich glaube, dass gerade dieses Verhalten in mir all das bewirkte, was ich für Faust in meinem Innersten empfinde. Er ist Jypsy ähnlich und beide verstehen einander bestens. Beide sind eben hyperaktiv. Dies erklärt mir, was die Unkenntnis des früheren Halters bei einem solch sensiblen Wesen ausgelöst haben mag. Faust hatte die Veranlagung zum „Spitzenhund“, aber die Rohheit und Ignoranz der früheren Umgebung zerstörte alles, was an Qualität genetisch angelegt war. So wurde Faust zum Schatten seines ursprünglichen Wesens, und dies stimmt mich traurig, denn viele Sporthunde erleiden Negatives, aber was mit Faust geschah, sprengt den Rahmen des Erträglichen um ein Vielfaches. Wenn Verhaltensirritationen dermaßen „eingebrannt“ werden und sich heute nur noch minimal korrigieren lassen, so scheint es klar, dass die, welche ihnen das angetan haben, von Hunden einfach nichts verstehen. Noch immer glauben viel zu viele, „Gewalt wird dem Hund wohl zu Verstand verhelfen“, doch das Resultat ist ja bleibend sichtbar, und deshalb erkennt man die „Handschrift“ des Hundeführers an jeder Reaktion dieser Wesen. Der Ausspruch von Manfred Müller im „DER ERFOLGREICHE FÄHRTENHUND“ war doch treffend: „Wenn die Leidenschaft zur Tür hereinkommt, springt der Verstand durchs Fenster“. Selbst Leistungsrichter im Hundesport schauen nicht hin, obwohl das Verhalten des Hundes Fragen aufwirft. Nur die Hinweise durch sein spezielles Verhalten ergeben schlüssige Interpretationen und entsprechende Zweifel an der Ausbildung. Doch dieses Erfahrungswissen verleugnen viele, weil sie es oftmals selbst nicht besser können, oder wer will sich schon mit „Freunden“ anlegen? So ist niemand bereit, sich zu exponieren, und dies ist im Grunde die eigentliche Bankrotterklärung gegenüber diesem an und für sich erfüllenden und äußerst interessanten Sport, wo der Hund naturgemäß mit all seinen Veranlagungen glänzen könnte. Aber nicht nur Richter tragen eine Mitschuld, sondern auch offizielle, vom Verband anerkannte Helfer, die hyperkinetische oder hyperreaktive bzw. hypermotivierte oder unsichere Hunde im „Wehr“ aufbauen. So ist es an der Zeit, dass mit dem Einfluss von harter und veralteter Ausbildung Schluss gemacht wird und neue, sensiblere und hierfür fähige Schutzdiensthelfer sowie sensiblere Ausbilder für die Unterordnungsarbeit rekrutiert werden, die mehr Einfühlungsvermögen mitbringen, als nur Kondition und Technik. Ein Hund ist ein sensibles Wesen und verlangt zwingend nach gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme! So ist zu hoffen, dass die heutige junge Garde sich mehr engagiert und auch das wichtige psychologische Engagement übernimmt, um erfolgreich zu sein. Nur auf diese Weise wird ein Umdenken eingeleitet und dem Hundesport ein würdiger Stellenwert erhalten. Dies wäre die letztendlich echte und verdiente Aufwertung des Hundeführers, welcher damit an Ansehen gewinnt, denn bis heute legt NIEMAND für NIEMANDEN betreffs einer fairen Ausbildung seine Hand ins Feuer! Man könnte all den Missständen entgegenwirken, indem bei größeren Prüfungen verhaltensgeschulte Psychologen den Richtern beigestellt würden, welche über das Bestehen einer Prüfung mitentscheiden. Schon eine solche Maßnahme könnte in Kürze viel bewirken und zu einem entsprechenden Umdenken führen.
Nach dem Ausschleichen aus der Medikation erhöhte sich sein Leidensdruck wieder. Meine Jypsy ist weiterhin die große Stütze meiner Bemühungen und zeigt dies durch tolerantes Verhalten, das sie nur ihm gegenüber an den Tag legt.
Eines ist sicher, rohe und unüberlegte Korrekturen haben Faust zu einem „Krüppel“ gemacht, und ich staune als „Hundeliebhaber“, dass noch kein Mittel gefunden wurde, um solch gravierende Misshandlungen zu ahnden. Vernachlässigung während der Prägungszeit und danach lieblose, tierverachtende Korrekturen müssten zwingend vom Verband verfolgt werden.
Ein erschreckend normales Todesurteil
Früher hatte ich hingesehen, doch die Folgeproblematik verkannt, stets Grenzen in Jypsys Augen gesehen, das Resultat ist ja bekannt heute kämpfe ich um Faust, der ignorant behandelt meine Ansicht hat sich deshalb von Grund auf gewandelt wie kann man, ein Wesen mit fahrlässiger Prägung gerade biegen ohne fachlichen Verstand und Erwägung Normal sei er, ich könne nicht Führen Ausreden von „SKG-Instruktoren!“, die zu Tränen rühren missachtet, die Schmerzen in Fausts Augen sein Verhalten, noch heute, ist schier nicht zu glauben mein langes Mühen umsonst, nun wird mir klar trotz ehrlichem Herzen, ist nur noch wenig umsetzbar Fortschritte in kleinsten Schritten und erst nach Jahren beruhigte sich minimal sein hektisch Gebaren mal geht es besser, mal gelingt‘s ihm nicht er meint‘s nicht bös, zeigt eben sei‘ G‘schicht unwiederbringlich, sein Stolz zerstört faktisch umgebracht, so ist’s im „Sport“, doch dies empört Zum „Verlierer“, gemacht durch Menschenhand Gefühlslosigkeit gepaart mit Unverstand dass diese „Macher“ sich nie bekennen soll besser schärfen unsere Antennen Tierschutz ist wohl allen bekannt doch wer schaut schon hin, im weiten Land So beende ich diese traurige G‘schicht es wäre schön, führte dieser Bericht zu weiteren Fragen im Hundesport Ethik und Mitgefühl fehlt oftmals dort es verhält sich mehr, wie in der Politik, wenn viele involviert, gibt‘s nur noch Scheinkritik! Faust, einst ein König seiner Klasse würde nun landen auf der Gasse wer hat die Kraft ihn auszuhalten sein Leben ihm anzupassen und zu gestalten nur wenige Hunde haben eben Glück Faust war ja nur deren „Probestück!“
Faust
Wir geben uns Müh‘ und versuchen es weiter selbst mit seiner Verlustangst, als heimlich Begleiter traumatisierte Wesen, sind kaum mehr zu heilen ich hab Verständnis, und muss mich nicht beeilen Viel Hilfestellung hab‘ ich erbracht Medikamente, keine entscheidende Entlastung gebracht das Trauma-Rätsel, ich hab’s beschrieben hat mich beeindruckt, und ist Tatsache geblieben Und käme demnächst der große Entscheid wie sehr empfindet man Unsicherheit denn nachträglich, wissen’s ja alle besser zu rasch verlangte man nach dem Messer Wie dies einen Menschen emotional engagiert solch Urteil zu fällen, wer hat’s schon probiert eigenmächtig über Leben oder Tod entscheiden wird keinen Menschen in Wahrheit kleiden Es muss doch nicht immer nur IPO sein wer nur dies vor Augen hat, ist selbst nicht stubenrein der Hund muss erst erzogen werden ein freudig Team, wächst wie eine Blume auf Erden Vorbilder wären notwendiger als Nieten Menschen sollten den Hunden was bieten man stelle sich vor, wo führte dies hin ohne echte Kenntnis macht dieser Sport nie Sinn Wer Hunde liebt und respektiert wird bekommen, was ihn ziert Fairness mit Freundschaft zusammen vereint so lautet das Motto, womit Bindung gemeint So bleibt mein Faust noch weiter am Leben mit allen Problemen dazu gegeben man denkt über Wert und Unwert dieser „Rettung“ kämpft vergebens und endet in Rechtfertigung Organe, was können die noch sagen wenn weiter Hunde die Menschen anklagen schnell heißt es: „Gefahr!“, für uns und die Kinder doch rohe Ausbildung, wirkt viel schlimmer Genial, man hätte ein Gerät das böse Korrekturen registrieren tät so schützten wir Mensch und Tier und fördern damit ein ehrlich WIR!
Obwohl ich ihn gerade wegen seiner Liebenswürdigkeit unsäglich schätzte, musste ich mich dazu entscheiden, seiner steten Unsicherheit und Angst vor Strafe ein Ende zu setzen. Außerhalb der vier Wände offenbarten sich seine Ängste in permanentem Stress, vor allem, wenn ihm auf einem Weg Reiter, Radfahrer, Jogger, Autos jeder Art oder auch nur Wanderer begegneten. Auch bei Wild im Wald war es dasselbe. Dies manifestierte sich in ängstlichem Kreisen und großer Hektik. Selbst seine Verlustangst, sobald ich ihn auch nur für kurze Zeit mit Jypsy im Haus zurückließ, ließen ihn in die Wohnung pinkeln, was er bei meiner Rückkehr durch hektisches und ängstliches Verhalten anzeigte, obwohl ich ihn nie dafür bestrafte. Meine Enttäuschung und Leidensdruck über den Umgang mit ihm während seiner Jugendzeit wurde über die Zeit selbst für mich immer unerträglicher. Seine erlebten Korrekturen als Junghund wirkten traumatisch und machten somit sein heutiges Verhalten unumkehrbar.
Schweren Herzens habe ich den liebenswerten Faust am 8.11.2012 über die Regenbogenbrücke entlassen …
Meine Ohnmacht über das, was ihm angetan wurde, war nicht mehr auszuhalten.
Ich bin sicher, er hat nun seine Ruhe gefunden und verschied friedlich in meinen Armen. Was mir verbleibt, ist nur unendliche Trauer über den endgültigen Verlust eines unschuldigen und missverstandenen Hundes, der sich nur noch marginal erholte. Das Abwägen zwischen wahrem Wert von Lebensqualität und seinem Gefangensein in seinem Stress war ein langer und belastender Weg, auf welchem ich klar und deutlich mich in seine Not einfühlen lernte, stets mit leiser Hoffnung auf ein Wunder.
Lieber Faust, ich danke für alles, was ich durch Dein gezeigtes Verhalten erfuhr! So ist gewiss, dass trotz eines großen Engagements in Umgang und veränderter Umgebung fahrlässige Prägungsfehler wie auch emotionale Korrekturen mit Starkzwang zu bleibenden Verhaltensstörungen eines Hundes führen.
Nur sorgfältige Prägung, Respekt und ehrliches Einfühlungsvermögen, die wichtigsten Elemente in der Hundeerziehung, werden Hunde selbstsicher, glücklich und lernfähig erhalten.
Wir vermissen Dich.