Die meisten Hundehalter kennen sie zwar, schätzen sie aber gering – die Rollleine. Auf den ersten Blick wirkt die variabel einstellbare Leine wirklich praktisch. Tatsächlich hat sie aber einige Nachteile sowohl für Mensch als auch Tier.
Wie genau funktionieren Rollleinen?
Bezeichnend für alle Rollleinen ist das zugehörige Gehäuse (meistens aus Kunststoff), das am Ende der Leine sitzt. Darin befindet sich die Seilrolle, also das gerade “nicht benutzte” Seil. Darüber hinaus besitzen die meisten Rollleinen einen Knopf am Gehäuse, den der Hundehalter bei Bedarf bedienen kann. Dieser sorgt für eine Feststellung der Leine, das heisst, bei Betätigung wird die Seilrolle blockiert und die Leine kann nicht mehr weiter ausfahren.
Was ist der Unterschied zwischen Rollleinen und Flexi-Leinen?
Gar keiner! Bei Flexi-Leinen handelt es sich um einen eingetragenen Markennamen. Der Hersteller ist führend auf dem Gebiet der Rollleinen. Diesem Erfolg verdanken wir es, dass Flexi-Leine inzwischen ein Synonym für die Rollleine geworden ist.
Fehlen von Gefühl und Kommunikation bei Rollleinen
Natürlich wollen wir den Rollleinen nicht absprechen, dass sie auch Vorteile besitzen. Die Länge der Leine reguliert sich von selbst, wodurch es selten zu “Bandsalat” kommt. Kein lästiges Stolpern über die Leine, zu starke Richtungswechsel verhindert sie quasi im Vorfeld. Und für den Notfall gibt es den Knopf. Doch eben dieser Knopf ist es, der gleichzeitig einige Nachteile mit sich bringt.
Kennt ihr den Begriff Leinenführigkeit? In der Praxis sieht man nur äusserst selten Hunde, die artig und ruhig an einer Rollleine auf Höhe ihres Halters laufen. Und wahrscheinlich ist es sogar so, dass verzweifelte Halter vor allem deshalb zu dieser Art von Leine greifen – sie erspart ja ständiges Ziehen und Zerren. Aber genau da liegt auch schon das Problem. Weil das Gehäuse die ganze Arbeit übernimmt, geht der Hand am anderen Ende der Leine früher oder später das Gefühl verloren. Das Gefühl dafür, wie viel Zug der Hund tatsächlich in die Leine legt, welchen Abstand er wirklich zum Halter einnehmen würde und ob das Tier gerade entspannt oder gestresst ist.
Besagter “Notfallknopf” hat es ausserdem ganz schön in sich. Der Hund verliert nämlich ebenso das Gefühl fürs andere Ende der Leine. Das heisst, so ein Stopp kommt ohne jegliche Vorwarnung. Im vollen Galopp voran schnürt das einem schon mal die Luft ab. Die logische Folge ist ein Schreck fürs Leben. Was hat der Hund dadurch gelernt? Eigentlich gar nichts. In vielen Fällen verstärkt das allerdings die künftige Unsicherheit an der Leine noch weiter.
In Hundeschulen beispielsweise kommen Rollleinen in der Regel überhaupt nicht zum Einsatz. Leinenführigkeit entsteht nur, wenn keinerlei Spannung auf der Leine liegt (das gilt für beide Seiten). Mit einer Rollleine ist das unmöglich, denn eine gewisse Spannung sitzt immer darauf, ein Durchhängen des Seils ist nicht machbar. Darüber hinaus setzen die meisten Hundeschulen heutzutage auf positive Verstärkung – ein erwünschtes Verhalten wird mit positiven Konsequenzen belohnt. Erneut klappt das mit einer Rollleine nicht so gut.
Stattdessen arbeitet man im Hundetraining immer häufiger mit Schleppleinen, welche maximale Bewegungsfreiheit ermöglichen. Je nach Länge mag das anfangs recht chaotisch anmuten, aber sobald die Kommunikation zwischen Hund und Halter gut klappt, geschieht das manuelle Auf- und Abwickeln der Leine wie von selbst.
Die Vor- und Nachteile von Schleppleinen auf einen Blick
- + weit weniger Spannung auf der Leine, angenehmer für Hund und Halter
- + verbessertes Gespür auf beiden Seiten durch direkte Verbindung
- + in der Regel ist die tatsächliche Länge der Leine besser sichtbar, was die Einschätzung für andere Hundehalter, Spaziergänger und Co. vereinfacht
- – da die Schleppleine öfter auf dem Boden schleift, wird sie schneller dreckig
- – erhöhter Aufwand für das Auf- und Abrollen, “unhandlicher”
- – eventuell schwieriger, im Notfall sofort zu reagieren
- – zu lange Leinen können sich verheddern, verknoten (inklusive man selbst oder der Hund darin)