Der Berger Picard, auch bekannt als Berger de Picardie, ist eine Hunderasse für echte Kenner:innen. Rau im Fell, fein im Charakter – so lässt sich dieser urtümliche französische Hütehund treffend beschreiben. Mit seiner natürlichen Erscheinung, seiner Intelligenz und seiner sensiblen, aber loyalen Art begeistert der Berger Picard Menschen, die einen authentischen, sportlichen und feinfühligen Begleiter suchen.
Im Gegensatz zu vielen überzüchteten Trendrassen gilt der Berger Picard noch immer als echter Geheimtipp – auch, weil er in seiner Heimat Frankreich bis heute überwiegend als Arbeitshund im Einsatz ist. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist er selten, aber unter Liebhaber:innen zunehmend geschätzt – als verlässlicher Partner für aktive Menschen, die die Nähe zur Natur suchen und gleichzeitig einen feinfühligen Familienhund wünschen.
Seine Eigenständigkeit, sein leicht zu pflegendes Fell und seine enge Bindung zu „seinen Menschen“ machen ihn zu einem Hund, der nicht jedem gefallen will – aber allen, die ihn verstehen.
Geschichte & Herkunft
Der Berger Picard stammt aus der Region Picardie im Norden Frankreichs und gilt als eine der ältesten französischen Hütehundrassen. Bereits im Mittelalter wurden Hunde mit seinem typischen Erscheinungsbild in der Viehhaltung eingesetzt. Seine Aufgabe war es, Schaf- und Rinderherden eigenständig zu führen – ohne ständige Anweisungen des Menschen. Diese selbstständige Arbeitsweise hat den Charakter der Rasse bis heute geprägt.
Trotz seiner langen Geschichte wurde der Berger Picard erst 1925 in Frankreich offiziell als Rasse anerkannt. Seine Seltenheit ist auch darauf zurückzuführen, dass die Rasse durch die beiden Weltkriege fast ausgestorben wäre. Heute wird der Bestand durch engagierte Züchter:innen stabil gehalten, aber der Picard bleibt eine Ausnahmeerscheinung.
💡 Wissenswert: Anders als seine französischen Verwandten – wie der Briard oder der Beauceron – wurde der Berger Picard nie als Showhund gezüchtet. Seine natürlichen Anlagen und sein ursprünglicher Look blieben deshalb weitgehend erhalten.
Erscheinungsbild & körperliche Merkmale
Der Berger Picard ist ein mittelgrosser bis grosser, kräftiger und dennoch sportlicher Hund mit einem rustikalen, natürlichen Erscheinungsbild. Sein Körperbau wirkt weder plump noch übertrieben muskulös – vielmehr athletisch, ausdauernd und arbeitsbereit.
Typisch für die Rasse ist das rauhaarige, struppige Fell mit leicht zotteliger Struktur, das ihm sein unverwechselbares, etwas wildes Aussehen verleiht. Es schützt ihn hervorragend vor Wind und Wetter – ideal für draussen lebende oder viel bewegte Hunde.
Körperliche Merkmale im Überblick:
- Grösse: Rüden ca. 60–65 cm, Hündinnen 55–60 cm Schulterhöhe
- Gewicht: ca. 23–32 kg
- Kopf: lang, mit markanter, aber nicht übertriebener Schnauze
- Augen: dunkel, oval und lebendig – mit wachem, freundlichem Blick
- Ohren: aufrecht stehend, hoch angesetzt, mit typischer Dreiecksform
- Fell: rau, mittellang (ca. 5–6 cm), mit dichter Unterwolle
- Fellfarben: fauve (falbfarben), grau, grizzle (grau-meliert), mitunter leichte Schattierungen oder Maske
Das Fell des Picard verfilzt nur wenig und ist weitgehend selbstreinigend – ideal für alle, die einen pflegeleichten Hund suchen, aber keine Lust auf häufiges Baden oder Trimmen haben.
💡 Tipp zur Pflege: Einmal pro Woche gründlich bürsten genügt in der Regel. Während des Fellwechsels im Frühling und Herbst kann häufiger bürsten sinnvoll sein, um lose Unterwolle zu entfernen.
Wesen & Charakter – sensibel, arbeitsfreudig, echt
Der Berger Picard ist ein hochintelligenter, feinfühliger Arbeitshund mit klarer Bindungsbereitschaft – aber kein Hund, der sich jedem sofort öffnet. Er liest Menschen schnell, reagiert sensibel auf Stimmung und Führung, und arbeitet gern mit „seinen“ Leuten zusammen. Gegenüber Fremden ist er oft zurückhaltend bis reserviert, ohne aggressiv zu sein.
Typische Wesenszüge
- Menschenbezogen, aber wählt seine Kontakte: Enge Bindung an die Bezugsperson(en), braucht echten Anschluss – kein Zwingerhund.
- Arbeitsfreudig & aufmerksam: Als ehemaliger Viehtreiber reagiert er schnell auf Signale und Bewegungen. Er möchte eingebunden werden.
- Sensibel statt hart: Raues Fell, weicher Kern. Grober Umgang, Druck oder Lautstärke verunsichern ihn.
- Selbstständig denken gelernt: Ursprünglich frei an der Herde arbeitend; er löst Aufgaben gern eigenständig, erwartet aber Orientierung.
- Moderater Schutz- & Wachtrieb: Meldet, beobachtet, bleibt meist kontrolliert – richtige Sozialisierung vorausgesetzt.
- Bewegungsfreudig, aber kein Dauerleistungs-Hund: Lieber vielseitige Aufgaben (Hütearbeit, Trailen, Trailrunning, Longieren, Tricks) als stupide Kilometer.
Umgang mit Kindern & anderen Tieren
Gut sozialisierte Picards sind in Familien oft geduldig, brauchen aber Respektzonen. Hüteverhalten (Treibeimpulse, Anstupsen, Kreisen) kann bei flitzenden Kindern oder anderen Haustieren auftreten – trainierbar, aber von Anfang an beobachten.
Kommunikation & Lautäusserungen
Eher punktuelles Melden als Dauerbellen. Viele Picards nutzen Stimme, Körper, Blick – sie „fragen nach“, wenn sie unsicher sind. Wer darauf eingeht, bekommt einen ausserordentlich kooperativen Partner.
Erziehung & Training – fair führen, klug fordern
Der Berger Picard ist ein Hund, der mitdenkt – und genau deshalb klare, faire Führung braucht. Er lässt sich nicht über Härte kontrollieren, sondern über Vertrauen, Konsequenz und gemeinsames Arbeiten. Für Anfänger ohne Erfahrung in der Führung selbstständiger Rassen kann er herausfordernd sein – nicht, weil er schwierig ist, sondern weil er sehr bewusst auf Körpersprache und Stimmung reagiert.
Was ihn in der Erziehung besonders macht
- Schneller Lerner mit hoher Eigenständigkeit: Ein Picard merkt sich viel – Gutes wie Schlechtes. Wer frühzeitig ein gutes Fundament legt, hat später ein echtes Dream-Team.
- Kein Befehlsempfänger: Die Rasse erwartet nachvollziehbare Kommunikation. Unfaire oder unklare Kommandos hinterfragt sie – nicht aus Trotz, sondern aus Instinkt.
- Frühzeitige Sozialisierung ist entscheidend: Fremden gegenüber kann er skeptisch sein. Positive Erfahrungen mit Menschen, Hunden und Umwelteindrücken sind im ersten Lebensjahr zentral.
- Impulse kontrollieren: Hüteverhalten zeigt sich oft im Alltag. Das lässt sich gut in Bahnen lenken, wenn früh damit gearbeitet wird.
Trainings-Tipps für Alltag & Aufbau
- Rückruf, Leinenführigkeit, Impulskontrolle – das kleine 1×1 für ein entspanntes Zusammenleben sollte sauber aufgebaut werden.
- Bindungsarbeit & Vertrauensspiele: Übungen wie Targettraining, Rückorientierung, Tricktraining stärken die Beziehung und fördern die Aufmerksamkeit.
- Klarer Rahmen statt ständiger Wiederholungen: Ein Picard versteht Regeln – aber er will auch, dass sie Sinn ergeben. Wer sich ständig widerspricht, verliert an Glaubwürdigkeit.
Nicht unterschätzen:
Ein Berger Picard testet nicht aus Trotz oder Dominanz, sondern weil er gelernt hat, selbst zu denken. Wer das erkennt und kanalisiert, bekommt einen aufmerksamen, loyalen und ausgesprochen arbeitswilligen Partner.
Auslastung & Aktivitäten – was der Picard wirklich braucht
Der Berger Picard ist kein Couch-Potato. Als rustikaler Arbeitshund mit feinem Gespür für seine Umwelt will er nicht einfach „beschäftigt“ werden – er möchte gebraucht werden. Körperlich wie geistig. Wird er unterfordert, wird’s schnell langweilig. Wird er überfordert, zieht er sich zurück oder reagiert sensibel. Es braucht ein ausgewogenes, typgerechtes Maß.
Typische Bedürfnisse dieser Rasse
- Tägliche Bewegung ist ein Muss – aber nicht blindes Rennen.
- Sinnvolle Aufgaben statt stumpfer Wiederholung.
- Kopfarbeit ist essenziell – der Picard liebt Denkaufgaben, bei denen er mitarbeiten darf.
Geeignete Aktivitäten
| Kategorien | Geeignete Beschäftigungen |
|---|---|
| Körperlich | Wanderungen, Jogging, Canicross, Trailen |
| Geistig | Nasenarbeit, Objektsuche, Tricktraining |
| Gemeinsamkeit | Longieren, Mantrailing, Dummytraining, Hüteaufgaben (falls möglich) |
Ungeeignet: Dauerhafte Reizüberflutung durch zu viele Hundekontakte, Ballspiele im Übermaß oder ständiger „Beschäftigungsdruck“.
Beschäftigungsideen für den Alltag
- Zuhause: Schnüffelspiele mit Geruchsunterscheidung, Futterverstecke, Aufgaben mit Alltagsgegenständen
- Unterwegs: Markierungen absuchen lassen, Richtungswechsel durch Körpersprache einfordern, kleine Gehorsamseinheiten spielerisch einbauen
- Wochenplan: Feste Tage mit Fokus (z. B. 1× pro Woche Social Walk, 1× Nasenarbeit, 1× Longierkreis)
Vorsicht vor Dauerbespassung
Der Picard braucht zwar Auslastung – aber vor allem Alltagssicherheit und gute Strukturen. Nur so lernt er, auch mal abzuschalten und Ruhe zu akzeptieren.
Pflege & Gesundheit – robust, aber nicht anspruchslos
Der Berger Picard ist äusserlich rustikal – innerlich sensibel. Auch wenn er zu den eher gesunden Rassen zählt, gibt es einige Punkte, auf die Du bei Pflege und Gesundheitsvorsorge achten solltest. Besonders wichtig: Vorausschauende Haltung und regelmässige Checks.
Fellpflege: Naturbelassen, aber nicht vernachlässigen
Der Picard hat ein wetterfestes, raues Haarkleid mit dichter Unterwolle. Es schützt ihn hervorragend – darf aber nicht verfilzen oder vernachlässigt werden.
Pflegeaufwand im Überblick:
- 1–2× wöchentlich bürsten, besonders während des Fellwechsels
- Kein Scheren, kein Trimmen – das Fell reguliert sich selbst
- Pfoten kontrollieren (Haare zwischen den Ballen können verkleben)
- Ohren und Augen regelmässig auf Verschmutzungen prüfen
- Nach Waldspaziergängen auf Zecken, Grannen und kleine Verletzungen achten
Mögliche rassetypische Gesundheitsprobleme
Der Berger Picard gilt als vergleichsweise gesunde und robuste Rasse. Dennoch sollte man diese Punkte auf dem Radar haben:
| Gesundheitsthema | Relevanz & Hinweise |
|---|---|
| Hüftdysplasie (HD) | Kommt vereinzelt vor – seriöse Züchter lassen ihre Zuchttiere röntgen |
| Augenprobleme | Zuchtlinienbedingt möglich – z. B. Progressive Retinaatrophie (PRA) |
| Epilepsie | Selten, aber bekannt in bestimmten Linien |
| Empfindlichkeit bei Narkosen | Wie bei vielen Hütehunden – sollte dem Tierarzt bekannt sein |
Tipp: Achte beim Welpenkauf auf Züchter mit klaren Gesundheitstests (HD, PRA, ggf. Epilepsie-Vorsorge).
Impfungen, Parasiten & Vorsorge
- Übliche Impfungen (Staupe, Parvovirose, Leptospirose etc.)
- Zecken- und Flohprophylaxe (natürlich oder chemisch – individuell abwägen)
- Regelmässige Entwurmung nach Kotanalyse oder bei Bedarf
- Jährlicher Check-up beim Tierarzt – ggf. ergänzt um Gelenk- oder Blutwerte ab dem mittleren Alter
Fütterung & Gewicht
- Schlanker, sportlicher Körperbau ist ideal – Übergewicht belastet Gelenke
- Futterbedarf je nach Aktivitätslevel, Alter, Stoffwechsel
- Hochwertiges Futter mit moderatem Proteingehalt empfohlen (z. B. kaltgepresst oder naturbelassen)
- Bei sensibler Verdauung auf Getreide, Zusatzstoffe und Proteine achten
Für wen ist der Berger Picard geeignet?
Der Berger Picard ist kein Hund für jedermann – aber der perfekte Gefährte für Menschen mit Herz, Verstand und Zeit. Wer seine Eigenheiten respektiert und bereit ist, sich auf ihn einzulassen, bekommt einen loyalen, eigenständigen und charakterstarken Begleiter fürs Leben.
Nicht nur schön – auch anspruchsvoll
Der Picard hat Charisma, keine Frage. Aber er ist kein Anfängerhund. Seine Intelligenz, sein Wachinstinkt und seine sensible Natur machen ihn zu einem Hund, der klaren Rahmen, liebevolle Führung und tägliche Auslastung braucht.
Geeignet ist der Berger Picard für:
✅ Aktive Menschen mit Hundeerfahrung, die gerne draussen sind
✅ Familien mit älteren, rücksichtsvollen Kindern
✅ Menschen mit Zeit für Erziehung, Beschäftigung & Pflege
✅ Haltebedingungen mit Platz – ideal: Haus mit Garten oder ländliche Umgebung
✅ Halbprofessionelle Halter:innen, z. B. im Hundesport, Mantrailing oder als Begleithund
Nicht geeignet ist der Berger Picard für:
❌ Menschen, die einen reinen Wohnungshund suchen
❌ Haushalte, in denen der Hund regelmässig viele Stunden allein bleiben muss
❌ Reine Schönwetter-Gassi-Geher
❌ Anfänger:innen ohne Möglichkeit zur professionellen Unterstützung
Typische Herausforderungen im Alltag
- Eigenständigkeit: Der Picard entscheidet gern selbst, was richtig ist – das kann im Alltag manchmal anstrengend sein. Konsequenz ist gefragt.
- Sensibilität: Scharfer Ton, inkonsequentes Verhalten oder ständiges Wechseln der Regeln verunsichern ihn.
- Wachsamkeit: Er meldet, was sich bewegt – das kann in der Stadt oder bei viel Besuch zum Thema werden.
Stärken, wenn er richtig gehalten wird
- Extrem loyal und wachsam
- Schnell lernend und feinfühlig
- Ausdauernd, wetterfest und bewegungsfreudig
- Anpassungsfähig – wenn er geistig und körperlich ausgelastet wird
- Ein echter Charakterhund, der sein Rudel liebt
Kurz: Der Berger Picard ist ein Hund für Menschen mit Haltung – innerlich wie äusserlich. Wer sich auf ihn einlässt, bekommt keinen „einfachen Hund“, aber einen echten Freund.
FAQ & kompakte Zusammenfassung zum Berger Picard
Ist der Berger Picard für Anfänger geeignet?
Nicht unbedingt. Der Picard braucht eine klare, souveräne Führung und ist nicht immer leicht lenkbar. Wer Hundeerfahrung und Zeit mitbringt, wird aber mit einem grossartigen Begleiter belohnt.
Wie viel Bewegung braucht der Picard?
Täglich mehrere Stunden – idealerweise abwechslungsreich mit Spaziergängen, Suchspielen, Hundesport oder freiem Lauf in sicherem Gelände. Langeweile ist nichts für ihn.
Kann man ihn in der Wohnung halten?
Ja, wenn er ausreichend ausgelastet wird. Optimal sind jedoch Haus mit Garten oder ländliche Umgebung.
Versteht sich der Berger Picard mit anderen Hunden?
Meist ja, wenn er frühzeitig sozialisiert wird. Er hat aber einen gewissen Stolz und lässt sich nicht gern dominieren.
Wie pflegeintensiv ist sein Fell?
Relativ pflegeleicht: 1–2 Mal pro Woche bürsten reicht meistens. Baden ist selten nötig, aber nach Matschausflügen natürlich sinnvoll.
Ist der Picard kinderfreundlich?
Ja – wenn die Kinder respektvoll mit ihm umgehen. Für Familien mit kleinen, lauten oder sehr stürmischen Kindern ist er weniger geeignet.
Gibt es gesundheitliche Probleme in der Rasse?
Insgesamt gilt der Berger Picard als robust. Vereinzelt kann es zu Hüftdysplasie oder Augenerkrankungen kommen. Seriöse Zucht mit Gesundheitsvorsorge ist entscheidend.
Zusammenfassend
Der Berger Picard ist ein naturverbundener, intelligenter und treuer Hütehund aus Frankreich. Mit seinem rauen Look, der wachsamen Ausstrahlung und seinem starken Charakter ist er ein echtes Unikat unter den Hunderassen. Er braucht klare Führung, viel Bewegung, eine faire Erziehung und Menschen, die ihn als Partner auf Augenhöhe respektieren.
Nicht jeder wird mit ihm glücklich – aber wer ihn versteht, hat einen einzigartigen Freund fürs Leben.



