Die Atopische Dermatitis (AD) ist eine der häufigsten chronischen Hauterkrankungen beim Hund. Sie beruht auf einer allergischen Überreaktion des Immunsystems auf harmlose Umweltstoffe wie Pollen, Hausstaubmilben oder Schimmelsporen. Die betroffenen Hunde leiden unter anhaltendem Juckreiz, entzündeter Haut und Sekundärinfektionen. Die Erkrankung ist nicht heilbar, aber mit konsequenter Therapie gut kontrollierbar.
Was ist atopische Dermatitis?
Bei der atopischen Dermatitis handelt es sich um eine multifaktorielle, genetisch beeinflusste Hauterkrankung, bei der das Immunsystem auf Umweltallergene überreagiert. Die Hautbarriere ist gestört – das heisst: Allergene, Keime und Reize können leichter eindringen, was eine chronische Entzündung und Juckreiz auslöst. Ähnliche Mechanismen kennt man vom Heuschnupfen oder Asthma beim Menschen – weshalb die Erkrankung auch als atopische Erkrankung bezeichnet wird.
Typische Auslöser (Allergene)
- Hausstaubmilben (Dermatophagoides spp.)
- Gräser- und Baumpollen
- Schimmelpilzsporen
- Tierhaare, Federn, Hautschuppen
- Kunststoffe, Reinigungsmittel, Umweltchemikalien (selten)
Hinweis: Eine atopische Dermatitis ist keine Futtermittelallergie – diese kann aber zusätzlich vorliegen (sog. kombinierte Allergieform).
Rassedispositionen
Bestimmte Rassen zeigen eine genetische Prädisposition für atopische Dermatitis:
- West Highland White Terrier
- Französische Bulldogge
- Boxer
- Labrador Retriever
- Golden Retriever
- Shar Pei
- Pudel
- Deutscher Schäferhund
Symptome der atopischen Dermatitis
Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 3. Lebensjahr. Typisch ist ein schubweiser Verlauf mit zunehmender Chronifizierung. Symptome sind u. a.:
- Starker, oft generalisierter Juckreiz (Pruritus)
- Rötung und Entzündung der Haut (v. a. Ohren, Pfoten, Gesicht, Achseln, Leistenbereich)
- Häufiges Lecken, Kratzen, Reiben – oft bis zur Selbstverletzung
- Hautverdickungen und Hyperpigmentierung bei chronischem Verlauf
- Häufige Ohrentzündungen (Otitis externa)
- Sekundärinfektionen mit Bakterien oder Hefepilzen (z. B. Malassezia)
Unbehandelt kann sich ein Teufelskreis aus Juckreiz, Kratzen, Infektion und erneuter Reizung entwickeln („Itch-Scratch-Cycle“).
Diagnose
Die Diagnose erfolgt nach dem Ausschlussprinzip. Es gibt keinen einzelnen Test, der atopische Dermatitis eindeutig beweist. Der Weg zur Diagnose umfasst:
- Ausschluss von Parasiten (z. B. Flöhe, Räudemilben)
- Behandlung & Ausschluss von Sekundärinfektionen
- Futterumstellung zur Abklärung einer Futtermittelallergie (mind. 8 Wochen)
- Umfassende Anamnese (Saison, Umgebung, Reaktion auf Medikamente)
- Allergietests (Intradermaltest oder serologischer IgE-Test) zur Identifikation von Umweltallergenen – optional für Hyposensibilisierung
Behandlung & Management
Da die Krankheit nicht heilbar ist, zielt die Therapie auf Linderung der Symptome, Vermeidung von Auslösern und Stärkung der Hautbarriere. Ein multimodaler Therapieansatz ist oft am erfolgreichsten:
1. Allergenkontrolle
- Milben– und Pollenkontrolle (z. B. regelmässiges Waschen, häufiges Staubsaugen, Luftreiniger)
- Vermeidung bekannter Kontaktallergene
2. Medikamentöse Therapie
- Glukokortikoide (kurzfristig, bei starkem Juckreiz)
- Cyclosporin A (immunmodulierend)
- Lokivetmab (monoklonaler Antikörper gegen IL-31, rezeptpflichtig)
- Oclacitinib (Januskinase-Hemmer)
3. Hyposensibilisierung (Allergenspezifische Immuntherapie)
- Langfristige Behandlung mit individuell hergestelltem Impfserum
- Erfolg bei 60–70 % der Patienten, v. a. bei frühzeitiger Anwendung
4. Hautpflege & Ergänzungen
- Shampoos mit Chlorhexidin, Phytosphingosin oder Haferextrakt
- Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren zur Unterstützung der Hautbarriere
- Pro- und Präbiotika (Mikrobiomstärkung)
Prognose
Mit einem konsequenten Therapieplan lässt sich die Lebensqualität betroffener Hunde stark verbessern. In vielen Fällen kann der Juckreiz deutlich reduziert und Sekundärinfektionen vermieden werden. Die Erkrankung bleibt jedoch meist ein lebenslanges Management-Thema. Gute Aufklärung der Halter:innen, regelmässige Kontrollen und eine individuelle Anpassung der Therapie sind entscheidend für eine stabile Langzeitbetreuung.
Vorbeugung
Eine gezielte Vorbeugung ist nicht möglich, da es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt. Wichtig ist:
- Zuchtverzicht bei betroffenen Hunden
- Frühzeitige Diagnostik bei jungen Hunden mit chronischem Juckreiz
- Stärkung der Hautbarriere durch gute Pflege, gesunde Ernährung und Parasitenprophylaxe



