Der Hund und seine Supernase: So funktioniert der Geruchssinn

Der Geruchssinn ist die stärkste und wichtigste Sinneswahrnehmung des Hundes. Während wir Menschen uns vor allem auf unsere Augen verlassen, erschliesst sich die Welt für Hunde über die Nase. Sie können Gerüche millionenfach besser wahrnehmen als wir und selbst winzige Duftmoleküle aus der Luft, dem Boden oder sogar dem Wasser herausfiltern. Doch wie genau funktioniert der Geruchssinn des Hundes? Warum ist er so viel leistungsfähiger als unserer? Und wie nutzen Hunde ihre unglaubliche Nase im Alltag – sei es beim Aufspüren von Spuren, in der Kommunikation oder sogar zur Diagnose von Krankheiten? Wir tauchen tief in die faszinierende Welt der Hundenase ein und erklären, warum sie zu den beeindruckendsten biologischen Wundern gehört.

Die Anatomie der Hundenase

Die Nase des Hundes ist weit mehr als ein einfaches Riechorgan – sie ist ein hochspezialisiertes Instrument, das Gerüche nicht nur aufnimmt, sondern auch analysiert und speichert. Ihr Aufbau unterscheidet sich deutlich von der menschlichen Nase, was den Hunden ihren überragenden Geruchssinn verleiht.

Die Riechschleimhaut mit den Riechzellen

Im Inneren der Hundenase befindet sich die Riechschleimhaut (Regio olfactoria), die mit Millionen von spezialisierten Sinneszellen bedeckt ist. Während beim Menschen die Fläche dieser Schleimhaut nur etwa 5 cm² beträgt, kann sie bei Hunden je nach Rasse zwischen 130 und 200 cm² gross sein – also bis zu 40-mal grösser!

Diese Schleimhaut enthält die Riechzellen (Olfaktorische Rezeptorneuronen), die mit feinen, haarähnlichen Strukturen, den Zilien, ausgestattet sind. Diese Zilien sind in eine dünne Schleimschicht eingebettet, die Duftmoleküle einfängt und sie den Riechzellen zugänglich macht. Sobald ein Duftmolekül an einen passenden Rezeptor einer Riechzelle bindet, wird ein elektrisches Signal ausgelöst, das an das Gehirn weitergeleitet wird.

Funktion: Die Riechschleimhaut fängt Gerüche auf und wandelt sie in elektrische Signale um, die das Gehirn interpretieren kann. Je grösser die Riechschleimhaut, desto mehr Gerüche kann ein Hund aufnehmen und differenzieren.

Der Riechkolben: Die Schaltzentrale für Gerüche

Die Nervenfasern der Riechzellen leiten ihre Signale an den Riechkolben (Bulbus olfactorius) weiter, der sich direkt an der Unterseite des Gehirns befindet. Diese Struktur verarbeitet die eingehenden Geruchsinformationen und leitet sie an verschiedene Gehirnbereiche weiter.

Beim Hund nimmt der Riechkolben etwa 10 % des gesamten Gehirnvolumens ein – beim Menschen sind es dagegen nur etwa 1 %. Dies zeigt, welch hohen Stellenwert der Geruchssinn für Hunde hat.

Funktion: Der Riechkolben verarbeitet und sortiert die eintreffenden Geruchsinformationen und sendet sie an das limbische System und den Kortex, wo sie mit Erinnerungen und Emotionen verknüpft werden.

Die Nasenmuscheln, ein ausgeklügeltes Filtersystem

Die Nasenhöhle des Hundes ist nicht einfach leer, sondern durchzogen von komplexen knöchernen Strukturen, den Nasenmuscheln (Conchae nasales). Diese stark gefalteten Gebilde vergrössern die innere Oberfläche der Nase erheblich und ermöglichen so eine noch effizientere Aufnahme von Duftmolekülen.

Zudem teilen die Nasenmuscheln den Luftstrom in zwei Wege auf:

  • Ein Teil der Luft wird zur Riechschleimhaut geleitet, wo die Duftstoffe analysiert werden.
  • Der restliche Luftstrom wird direkt zur Lunge geführt, damit der Hund gleichzeitig riechen und atmen kann.

Dieses System ermöglicht es Hunden, kontinuierlich Gerüche aufzunehmen, ohne dabei den Atem anzuhalten – ein entscheidender Vorteil für Spürhunde (etwa beim Mantrailing, bei der Zielobjektsuche oder der Fährtenarbeit).

Funktion: Die Nasenmuscheln verlangsamen den Luftstrom, filtern Staub und Verunreinigungen heraus und maximieren die Kontaktfläche für Duftmoleküle, um die Geruchswahrnehmung zu optimieren.

Die Geruchswahrnehmung von Hunden

Hunde haben einen unglaublich ausgeprägten Geruchssinn, der weit über das hinausgeht, was wir Menschen uns vorstellen können. Nicht nur, dass Hunde eine unvorstellbar hohe Anzahl von Riechzellen besitzen – sie sind auch in der Lage, Gerüche auf eine Weise zu verarbeiten, die uns völlig fremd ist. Die Verarbeitung von Gerüchen im Gehirn spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie Hunde ihre Umgebung wahrnehmen und mit ihr interagieren.

Geruchsverarbeitung im Gehirn

Hunde verfügen mit ihrem Riechkolben über eine deutlich grössere und effizientere Verarbeitungszentrale für Gerüche als wir Menschen. Nach dem Empfang der Geruchsinformationen aus der Riechschleimhaut wird das Signal an den Riechkolben weitergeleitet.

Von dort aus gelangt es in verschiedene Regionen des Gehirns, insbesondere ins limbische System (die „Emotionen“-Zentrale des Gehirns), in den Hippocampus (für das Gedächtnis) und in den Kortex (die höhere Denkstruktur). Hier werden die Gerüche nicht nur wahrgenommen, sondern auch mit Erinnerungen, Emotionen und Erfahrungen verknüpft.

Riechendes Sehen – Gerüche als Informationsquelle

Für Hunde ist die Nase ein wahres „Fenster zur Welt“. Gerüche sind für Hunde nicht nur einfache Wahrnehmungen, sondern eine Informationsquelle, die weit mehr aussagt, als wir uns vorstellen können. Hunde nehmen nicht nur die Identität eines Geruchs wahr, sondern auch Details wie den Alterungsprozess eines Geruchs, die Herkunft, das Geschlecht oder sogar den emotionalen Zustand eines anderen Tieres oder Menschen.

Ein Hund kann den Geruch eines anderen Hundes und dessen Verhalten über eine Vielzahl von Faktoren entschlüsseln. Dazu gehört zum Beispiel, ob der Hund gestresst oder entspannt war, was er gegessen hat, und ob er gesund oder krank ist. Diese Gerüche sind für Hunde eine Art „visuelle Karte“ ihrer Umwelt – eine Art „richtiges Bild“, das sie nicht mit ihren Augen, sondern mit ihrer Nase sehen.

Dies führt zu einem faszinierenden Phänomen: „Riechendes Sehen“. Ein Hund kann eine bestimmte Richtung eines Geruchs folgen und so feststellen, wo der Geruch herkommt, wie alt er ist und ob sich eine Quelle in der Nähe befindet. Auch die Zusammensetzung eines Duftes ermöglicht es ihm, die Informationen zu entschlüsseln – wie ein Puzzle, das aus verschiedenen Duftnoten zusammengesetzt ist.

Bedeutung des Geruchssinns für den Hund

Für Hunde sind Gerüche also nicht nur wichtig, um ihre Umwelt zu erfassen – sie spielen eine wesentliche Rolle in der Kommunikation und im Überleben. Ein Hund kann durch den Geruch des Urins eines Artgenossen Informationen wie Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und sogar den sozialen Status erhalten. Auch bei der Nahrungssuche und beim Jagen ist der Geruchssinn unverzichtbar.

Doch nicht nur im natürlichen Lebensraum eines Hundes ist der Geruchssinn von Bedeutung. Hunde werden mittlerweile auch in vielen Spezialbereichen wie Spürhunden, Therapiebegleitern oder bei der Verbrechensaufklärung eingesetzt, da ihre Fähigkeit, kleinste Duftspuren zu erkennen und zu verfolgen, einzigartig ist.

Die Geruchswahrnehmung ist also ein entscheidender Sinn für den Hund, der weit über die einfache Wahrnehmung von Gerüchen hinausgeht – sie erlaubt es ihm, die Welt auf eine Weise zu „sehen“, wie wir es uns nur schwer vorstellen können.

Die unglaublichen Fähigkeiten der Hundenase

Die erstaunlichen Fähigkeiten der Hundenase ermöglichen es ihnen, Krankheiten zu erkennen, Menschen oder Gegenstände aufzuspüren und sogar Gefühle zu riechen.

Wie Hunde mit ihrem Geruchssinn Krankheiten aufspüren

Ja, Hunde haben die aussergewöhnliche Fähigkeit, bestimmte Krankheiten bei Menschen zu erschnüffeln. Dank ihrer hochentwickelten Riechzellen können Hunde chemische Veränderungen im Körper eines erkrankten Menschen wahrnehmen, die für den Menschen nicht sichtbar oder spürbar sind. Diese Fähigkeit ist besonders spannend, da sie der Wissenschaft neue Wege eröffnet, Krankheiten frühzeitig zu erkennen – und das auf eine ganz natürliche Weise.

Beispiele hierfür sind:

  • Diabetes: Hunde können den Blutglukosespiegel ihres Besitzers erkennen und Veränderungen bemerken, wenn dieser zu stark abfällt oder steigt. Einige Hunde werden speziell trainiert, um diese Hypo- oder Hyperglykämie zu erkennen und darauf zu reagieren.
  • Krebs: Studien haben gezeigt, dass Hunde durch ihre Nase Krebszellen erkennen können, indem sie die speziellen Duftstoffe wahrnehmen, die von den Tumoren abgegeben werden. Besonders bei Lungen-, Brust- und Darmkrebs haben Hunde erstaunlich gute Ergebnisse bei der Erkennung erzielt.
  • Covid-19: Sogar den Covid-19-Virus können Hunde in einigen Fällen erschnüffeln. Sie sind in der Lage, den spezifischen Geruch von Viren oder den daraus resultierenden chemischen Veränderungen im Körper des Menschen zu erkennen.

Verlorene Personen oder Gegenstände finden

Hunde sind nicht nur Meister der Geruchswahrnehmung, sondern auch bei der Spurensuche unvergleichlich. Sie können verlorene Personen oder vermisste Gegenstände mit erstaunlicher Präzision aufspüren. Dies liegt daran, dass Hunde in der Lage sind, winzige Geruchsmoleküle zu erfassen, die selbst Monate nach dem Verlassen eines Ortes noch vorhanden sein können.

Hunde haben auch die Fähigkeit, den Geruch einer bestimmten Person oder eines bestimmten Objekts zu „verfolgen“, selbst wenn sie nur eine winzige Spur davon riechen. Dank ihrer hochentwickelten Geruchsspeicherfähigkeiten können sie sich bestimmte Düfte merken und gezielt danach suchen.

Dieses Talent wird unter anderem bei Such- und Rettungshunden genutzt, die für die Suche nach vermissten Personen eingesetzt werden.

Wie Hunde mit ihrem Geruchssinn Gefühle riechen

Ja, Hunde können tatsächlich Gefühle riechen! Ihre empfindliche Nase ist in der Lage, chemische Veränderungen wahrzunehmen, die durch unsere Emotionen ausgelöst werden. Wenn ein Mensch gestresst, ängstlich oder aufgeregt ist, verändert sich die Zusammensetzung seiner Schweissdrüsen und der Körperchemie.

Diese Veränderungen können Hunde wahrnehmen und sogar die emotionale Stimmung eines Menschen erkennen.

Hunde reagieren oft besonders sensibel auf Angst oder Stress, da diese Emotionen mit spezifischen Gerüchen einhergehen, die für den Hund deutlich wahrnehmbar sind. Auch Freude und Zuneigung werden oft durch eine Veränderung im Körpergeruch des Menschen wahrgenommen. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass Hunde ihre Besitzer besonders aufmerksam beobachten und reagieren, wenn diese bestimmte Gefühle ausstrahlen.

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