Health-Checks vor dem Kauf: Zucht, Tests, Dokumente

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Ein gesunder Start ins Hundeleben beginnt vor dem Kauf. Mit wenigen, gut strukturierten Prüfungen kannst Du das Risiko für Erbkrankheiten und spätere Tierarzt-Odysseen deutlich senken. Hier findest Du eine klare Schritt-für-Schritt-Anleitung, rassespezifische Standardtests (HD/ED, Augen, Herz, Patella, BOAS, DNA-Panels), eine verständliche Lesehilfe für Papiere (Ahnentafel, Befunde, Zuchtzulassung) und Checklisten, um seriöse Anbieter im SKG/VDH/ÖKV-Umfeld (FCI) zu erkennen.

Schritt-für-Schritt: So gehst Du vor

  1. Bedarf klären: Lebensstil, Grösse, Aktivitätslevel, Pflegeaufwand. (Siehe unsere Rassewahl-Guides.)
  2. Verband & Zuchtstätte prüfen: Mitgliedschaft in SKG/VDH/ÖKV (FCI-anerkannt), Zuchtordnung, Gesundheitsprogramme.
  3. Wurf & Eltern anschauen: Muttertier vor Ort, Haltungsbedingungen, Sozialisation, Wesen.
  4. Gesundheitsnachweise sichten: HD/ED/PL-Befunde, ECVO-Augenzeugnis, Herz-Echo/Doppler, BOAS-Einstufung (bei Brachycephalen), BAER-Hörtest (weisse/merle Rassen), rassespezifische DNA-Tests.
  5. Papiere verstehen: Ahnentafel (FCI), Zuchtzulassung/Körung, Wurfabnahmeprotokoll, Heimtierausweis, Mikrochip, Kaufvertrag.
  6. COI (Inzuchtkoeffizient) erfragen: Möglichst tief (Richtwert < 6–8 % über 10 Generationen, rassespezifisch einordnen).
  7. Übergabe erst ab ca. 8–10 Wochen: Welpen sind geimpft, gechippt, entwurmt; Sozialisation angelaufen.

Die Standard-Screenings (rasseübergreifend)

Skelett & Gelenke

  • HD (Hüftdysplasie, FCI-Schema): A (frei) bis E (schwer). Zucht i. d. R. nur mit A/B. Röntgen ab definierter Altersgrenze, fachlich ausgewertet.
  • ED (Ellbogendysplasie): 0 (frei) bis 3 (schwer). Grosse/rasch wachsende Rassen besonders relevant.
  • PL (Patellaluxation): Grad 0–4. Wichtig bei kleinen/leichteren Rassen (z. B. Zwergpudel, Chihuahua).
  • Wirbelsäule (rassespezifisch): Hemivertebrae/Keilwirbel bei schraubschwänzigen Rassen (Franz. Bulldogge, Mops, Boston Terrier); ggf. Röntgen/CT.

Augen (ECVO)

Offizielles ECVO-Augenzeugnis durch anerkannte Ophthalmolog:innen (jährlich/zyklisch gemäss Rassevorgaben). Screenings u. a.: Katarakt, PRA, CEA, Linsenluxation, Distichiasis, Trichiasis, Hornhautveränderungen.

Herz

  • Echo (inkl. Doppler): für Rassen mit Risiko für Mitralklappenerkrankung (z. B. Cavalier King Charles Spaniel), DCM (z. B. Dobermann, Deutsche Dogge), Aorten-/Pulmonalstenosen (z. B. Boxer, Bulldoggen, Neufundländer – je nach Linie).
  • Holter-EKG (24 h): insb. bei Boxern/Dobermännern (Arrhythmien/ARVC/DCM-Screening).

Atmung & BOAS (bei Brachycephalen)

BOAS-Funktionsgrading (0–3), Untersuchung der Nasenöffnungen, Gaumensegel, Kehlkopf; Belastungstest. Zusätzlich Hitzerisiko, Schlafapnoe, Anästhesie-Risiken besprechen.

Gehör (BAER)

BAER-Test für Dalmatiner, weisse/merle Linien, Hunde mit Pigmentmangel an Ohrmuscheln.

DNA-Tests (gezielt statt „Gieskanne“)

  • Nur rassespezifisch valide Varianten testen: Panels sind praktisch, aber Resultate sind varianten- und rasseabhängig interpretierbar.
  • Befundformate: „frei/+/+“, „Träger +/-“, „betroffen -/-“ (Begriffe je nach Labor); Träger sind klinisch meist gesund, aber relevant für Zuchtplanung.
  • Kein Ersatz für klinische Untersuchungen: DNA ersetzt nicht ECVO, Echo, Röntgen.

Rassespezifische Empfehlungen (Beispiele, nicht abschliessend)

Hüte-/Treibhunde (Border Collie, Australian Shepherd, Sheltie, Collie, Kelpie)

  • HD/ED, ECVO (CEA, PRA-Formen, Katarakt), ggf. PL bei leichten Linien.
  • DNA: MDR1, CEA (Collie-Linien), TNS & NCL (Border Collie), HSF4 (Aussie, Katarakt), ggf. PRA-prcd/rcd2 je nach Linie.
  • Merle-Management: Kein Merle × Merle (Risiko für Taubheit/Augenfehler).

Retriever/Spaniels (Labrador, Golden, Flat, Cocker, Springer)

  • HD/ED, ECVO; bei arbeitsfreudigen Linien besonderes Augenmerk auf Ellbogen.
  • Labrador DNA: EIC, HNPK, PRA-prcd, CNM.
  • Golden DNA: PRA-Varianten (PRA1/2, prcd), Ichthyose (1/2).
  • Cocker DNA: prcd-PRA, FN (fam. Nephropathie), ggf. AMS/PKF je nach Linie.

Molosser & Boxer/Dobermann/Deutsche Dogge (inkl. Mastiff-Typen)

  • HD/ED, ggf. Wirbelsäule (Spondylose je nach Rasse/Alter).
  • Herz: Echo/Doppler; Boxer (ARVC – Holter), Dobermann/Dogge (DCM).
  • Bulldoggen-Typen (brachycephal): zusätzlich BOAS-Grad, Wirbelsäulen-Screening (Hemivertebrae).

Nordische (Siberian Husky, Alaskan Malamute, Samojede)

  • HD, ggf. Augen (HC/PRA-Formen je nach Linie), ECVO.
  • Auf Ausdauer-/Herz-Gesundheit bei Leistungszuchten achten (klinisch, kein einzelner DNA-Marker).

Kleine Begleithunde/Toys (Zwergpudel, Chihuahua, Papillon, Malteser, Havaneser)

  • PL (Patella), ECVO, Zahnstatus (Milchzahnretention), Herz-Auskultation (Mitralklappe je nach Rasse).
  • Zwergpudel DNA: prcd-PRA u. a.

Dachshund & kurzbeinige Chondrodystrophe

  • HD (je nach Verband), Wirbelsäulen-Beurteilung (Bandscheibenverkalkungen/IVDD-Risiko je nach Zuchtordnung), ECVO.

Dalmatiner & weiss/merle-geprägte Linien

  • BAER-Hörtest, ECVO.
  • Dalmatiner DNA: HUU (Hyperurikosurie) – Management in Zucht & Fütterung beachten.

Papiere & Befunde richtig lesen

Ahnentafel (FCI-anerkannt: SKG/VDH/ÖKV)

  • FCI-Logo & Verband: Zuchtbuch-Nr., Zwingername geschützt, Eltern/Grosseltern klar gelistet.
  • Gesundheitshinweise/Codes: Oft sind HD/ED/PL/ECVO-Resultate bei den Ahnen vermerkt (z. B. „HD-A, ED 0/0, ECVO frei“); Legende beim Zuchtklub erfragen.
  • Zuchtzulassung/Körung: Datum, Auflagen (z. B. HD-Grenzen, Wesenstest); allfällige Zuchtausschlüsse.
  • Export-Pedigree: bei Importhunden; prüfe die Anerkennung im Zielland.

Befunde & Zertifikate

  • HD/ED: Ergebnis mit Datum, Gutachterstelle (FCI-konform). Beispiel: „HD A/A, ED 0/0“.
  • PL: Grad je Knie, z. B. „PL 0/0“.
  • ECVO: „frei“ (ohne Befund) oder Befunde mit Einstufung; Datum & Gültigkeit beachten (oft 12 Monate).
  • Herz: Echo/Dopplerbericht (Struktur, Fluss, Klappen), Holter-EKG (24 h) mit Auswertung.
  • BOAS: Funktionsgrad 0–3, Zusatzbefunde (Nasenflügel, Gaumensegel).
  • BAER: „+/+“ (beidseits hörend), „+/-“ oder „-/-“.
  • DNA: Gen/Variante + Genotyp (z. B. „MDR1 +/+ frei“, „vWD Träger +/-“). Träger ≠ krank, aber für Zuchtplanung wichtig.

Weitere Unterlagen

  • Wurfabnahmeprotokoll: Kontrolle durch Zuchtwart: Identität, Zustand der Welpen, Haltungsumfeld.
  • Heimtierausweis: Mikrochip-Nummer, Impfungen, Entwurmungen.
  • Kaufvertrag: Gesundheitsgarantien, Rücknahme-/Rücktrittsregelung, Zuchtausschluss (falls vereinbart), Datenschutz, Widerrufsklauseln je nach Land.

Seriöse Anbieter erkennen (und unseriöse ausfiltern)

  • Im Verband organisiert: SKG/VDH/ÖKV-Zwinger, FCI-Anerkennung, Zuchtordnung öffentlich, Gesundheitsauflagen verbindlich.
  • Transparente Gesundheitsdaten: Originalbefunde/QR-Codes einsichtbar; keine „nur Kopien“ oder ausweichende Antworten.
  • Wenige, gut betreute Würfe: Mutterhündin vor Ort, nachvollziehbare Sozialisationsschritte, keine „Parkplatzübergaben“.
  • Fragen an Dich: Gute Züchter:innen prüfen Dich ebenso (Alltag, Zeit, Erfahrung) – das ist ein Pluspunkt.
  • Keine Billigangebote ohne Papiere: „Gleich wie mit Papieren – nur günstiger“ ist ein Warnsignal.
  • Doodle/Designer-Mix: Kein FCI-Rasseverband: verlange alle relevanten Tests beider Ausgangsrassen (z. B. Labrador und Pudel) in derselben Qualität.

Vorsorgepläne nach Rassetyp (für die Zeit nach dem Kauf)

Kleine Rassen

  • Jährlich: Zahncheck/Zahnstein, Herz-Auskultation (ab 6–8 J.), ECVO gemäss Klub.
  • Gewicht & Patella: BCS (Body Condition Score) halten; PL-Kontrollen bei Auffälligkeiten.

Mittelgrosse Rassen

  • Jährlich: Orthopädie-Check, Gewicht, Haut/Ohren.
  • Alle 1–2 J.: ECVO je nach Rasse, Schilddrüse/Blutbild bei klinischem Verdacht.

Grosse & Riesenrassen

  • Jährlich: Herz (ab 5–6 J. Echo/ggf. Holter), Bewegungsapparat, Röntgen bei Verdacht.
  • Fütterung: Gelenk-/Gewichtsmanagement, mehrere kleine Mahlzeiten (Magendrehungsprophylaxe).

Brachycephale Rassen

  • Jährlich: BOAS-Funktionscheck, Augen, Zähne, Gewicht strikt managen.
  • Sommer: Hitzeroutine (kühle Zeiten, kurze Strecken, Kühlmöglichkeiten).

Checklisten zum Mitnehmen

Vor dem ersten Kontakt

  • Verband & Zuchtordnung gecheckt (SKG/VDH/ÖKV, FCI-anerkannt).
  • Rassespezifische Mustertests notiert (HD/ED/PL, ECVO, Herz, ggf. BOAS/BAER, DNA).
  • COI-Richtwert definiert; Fragen an Züchter:in vorbereitet.

Beim Besuch

  • Muttertier gesehen, Haltung/Sozialisationsumfeld stimmig.
  • Originalzertifikate/Offizielle Befunde gezeigt bekommen.
  • Welpen altersgemäss, neugierig, sauber; keine „Schnellabgabe“.

Vor Kauf/Abholung

  • Ahnentafel/Registrierung, Mikrochip-Nr., Heimtierausweis kontrolliert.
  • Wurfabnahmeprotokoll und Kaufvertrag vollständig gelesen.
  • Impf-/Entwurmungsstatus aktuell; Übergabealter ≥ 8–10 Wochen.

Glossar (kurz & knackig)

  • HD/ED: Hüft-/Ellbogendysplasie (FCI-Gradierung).
  • PL: luxierende Kniescheibe, Grad 0–4.
  • ECVO: offizielles Augenzeugnis (europäischer Standard).
  • BOAS: brachycephales Atemwegssyndrom, Grad 0–3.
  • BAER: Hörtest (Gehirnstamm-Antworten).
  • COI: Inzuchtkoeffizient in %, je tiefer desto besser (rassespezifisch interpretieren).
  • Körung/Zuchtzulassung: formale Eignung zur Zucht (Gesundheit/Wesen).

Fazit

Seriöse Zucht ist messbar: klare Verbandszugehörigkeit, nachvollziehbare Gesundheitsbefunde, transparente Zuchtplanung – und die Bereitschaft, alle Fragen zu beantworten. Mit dieser Anleitung liest Du Papiere sicher, ordnest Befunde realistisch ein und triffst eine informierte, tierwohlgerechte Entscheidung. Das Resultat: bessere Chancen auf einen gesunden, passenden Hund fürs Leben.

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