Defektzucht

Defektzucht bezeichnet die gezielte Zucht von Hunden, bei der bewusst Tiere mit bestimmten genetischen Merkmalen oder körperlichen Eigenschaften verpaart werden, obwohl diese Merkmale gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen verursachen können. Defektzucht ist in der Hunde- und Tierschutzwelt ein umstrittenes Thema, da sie oft mit Leid und gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Tiere einhergeht. Diese Praktiken können sowohl ethische als auch rechtliche Konsequenzen haben und werden in vielen Ländern zunehmend kritisiert und teilweise gesetzlich eingeschränkt. In diesem Artikel erfährst Du, was Defektzucht ist, welche Beispiele es gibt, welche Folgen sie für Hunde haben kann und wie verantwortungsvolle Zuchtpraktiken aussehen sollten.

Was ist Defektzucht?

Defektzucht bezieht sich auf die Zuchtpraxis, bei der Hunde bewusst so gezüchtet werden, dass sie bestimmte äußerliche Merkmale aufweisen, die als „schön“ oder „typisch“ für eine bestimmte Rasse gelten, obwohl diese Merkmale genetische Defekte oder Gesundheitsprobleme zur Folge haben können. Diese Praxis wird oft von Züchtern verfolgt, die sich auf das Aussehen der Hunde konzentrieren, um bestimmte Rassestandards zu erfüllen oder populäre Trends zu verfolgen, ohne dabei die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere zu berücksichtigen.

Beispiele für Defektzucht

Es gibt mehrere Beispiele für Defektzucht bei Hunden, die in verschiedenen Rassen zu finden sind. Zu den häufigsten gehören:

  1. Brachyzephalie (Kurzköpfigkeit): Diese Zucht betrifft Rassen wie Möpse, Französische Bulldoggen und Englische Bulldoggen. Die Hunde haben extrem kurze Schädel und flache Gesichter, was zu Atemproblemen, Augenproblemen und anderen gesundheitlichen Komplikationen führen kann. Brachyzephale Hunde leiden häufig unter der sogenannten brachyzephalen obstruktiven Atemwegserkrankung (BOAS), die ihre Fähigkeit zum Atmen, insbesondere bei körperlicher Anstrengung oder Hitze, stark beeinträchtigt.
  2. Dackel (Dachshund): Bei Dackeln wird die Zucht auf einen langen Körper und kurze Beine gefördert. Diese ungewöhnlichen Proportionen erhöhen das Risiko für Bandscheibenvorfälle und andere Wirbelsäulenprobleme (Dachshundlähme), da die Wirbelsäule eines Dackels besonders lang ist und ihre Struktur nicht ausreichend unterstützt wird.
  3. Chihuahua: Bei dieser Rasse kommt es häufig zu Defektzuchten, bei denen winzige Köpfe und übermäßig große Augen gewünscht werden. Diese Merkmale können zu einem erhöhten Risiko für Zahnprobleme, Augenverletzungen und neurologische Störungen wie dem Wasserkopf (Hydrozephalus) führen.
  4. Shar-Pei: Der Shar-Pei ist bekannt für seine übermäßigen Hautfalten. Diese übertriebene Hautfaltung kann zu Hautinfektionen, Augenproblemen (wie Ektropium und Entropium) und Atemwegserkrankungen führen, da die Falten oft die Augen reizen und den Luftstrom behindern.
  5. Merle-Zucht: Bei Merle-Hunden, wie z. B. bestimmten Collies oder Australian Shepherds, führt die Zucht von zwei Merle-Hunden oft zu Welpen mit doppeltem Merle-Gen, was zu schweren gesundheitlichen Problemen wie Taubheit, Blindheit und anderen Augenproblemen führen kann.
  6. Rhodesian Ridgeback: Diese Rasse wird für einen Rückenstreifen (Ridge) gezüchtet, der aus in entgegengesetzter Richtung wachsendem Fell besteht. Hunde ohne diesen Ridge werden oft als minderwertig angesehen, obwohl der Ridge ein genetischer Defekt ist, der zu Dermoid Sinus führen kann, einer schmerzhaften und potenziell tödlichen Hauterkrankung.

Folgen der Defektzucht für Hunde

Die Folgen der Defektzucht für Hunde können schwerwiegend und lebenslang sein. Zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen, die durch Defektzucht verursacht werden, gehören:

  • Atembeschwerden: Besonders bei brachyzephalen Rassen, die unter Atemproblemen leiden, was ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt und zu chronischem Stress, Überhitzung und im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.
  • Orthopädische Probleme: Hunde mit ungewöhnlichen Körperproportionen oder übermäßigem Knochenwachstum, wie Dackel oder Mops, sind anfällig für Gelenk- und Wirbelsäulenprobleme, die oft chirurgische Eingriffe erfordern und mit chronischen Schmerzen verbunden sind.
  • Augenprobleme: Bei Rassen mit übergroßen oder hervorstehenden Augen oder übermäßigen Hautfalten besteht ein hohes Risiko für Augenverletzungen und Infektionen. Dies kann zu Sehbehinderungen oder dauerhafter Blindheit führen.
  • Neurologische Störungen: Einige genetische Defekte, die in der Defektzucht verbreitet sind, können zu neurologischen Störungen führen, wie z. B. Hydrozephalus oder Krampfanfälle.
  • Reduzierte Lebenserwartung: Hunde, die aus Defektzuchten stammen, haben oft eine kürzere Lebenserwartung aufgrund der Vielzahl an gesundheitlichen Problemen, die sie im Laufe ihres Lebens entwickeln.
  • Erhöhte Tierarztkosten: Die gesundheitlichen Probleme, die durch Defektzucht entstehen, können erhebliche Tierarztkosten verursachen, da die Hunde oft langfristige medizinische Versorgung und spezialisierte Behandlungen benötigen.

Gesetzliche Regelungen und Tierschutz

In vielen Ländern gibt es gesetzliche Regelungen, die die Defektzucht einschränken oder verbieten sollen. Diese Regelungen dienen dazu, das Wohlergehen der Tiere zu schützen und verhindern, dass Hunde bewusst mit genetischen Defekten gezüchtet werden.

  • Deutschland: Das deutsche Tierschutzgesetz (TierSchG) enthält Bestimmungen, die es verbieten, Tiere zu züchten, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei den Nachkommen Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch untauglich oder umgestaltet sind, wodurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen. Diese Regelungen zielen darauf ab, Defektzuchten zu verhindern und das Leid der Tiere zu reduzieren.
  • Schweiz: Die Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV) verbietet es, Tiere mit Erbkrankheiten zu züchten und stellt klar, dass Hunde nicht so gezüchtet werden dürfen, dass sie Schmerzen oder Leiden erleiden müssen. Hierzu zählen beispielsweise Hunde mit stark verkürzten Nasen oder extremem Übermaß an Hautfalten.
  • Österreich: In Österreich gibt es ebenfalls gesetzliche Regelungen gegen die Defektzucht. Die Tierschutzbestimmungen verbieten die Zucht von Tieren, wenn zu erwarten ist, dass sie oder ihre Nachkommen an den Folgen der Zucht leiden.

Verantwortungsvolle Zuchtpraktiken

Um Defektzucht zu vermeiden und das Wohl der Tiere zu gewährleisten, sind verantwortungsvolle Zuchtpraktiken unerlässlich. Hier sind einige Maßnahmen, die Züchter und Hundebesitzer ergreifen können:

  1. Gesundheitsuntersuchungen: Vor der Zucht sollten Hunde auf genetische Krankheiten getestet und nur gesunde Tiere zur Zucht verwendet werden. Genetische Tests und veterinärmedizinische Untersuchungen können dazu beitragen, Erbkrankheiten zu vermeiden.
  2. Vermeidung extremer Merkmale: Züchter sollten sich bemühen, extreme Merkmale, die mit gesundheitlichen Problemen verbunden sind, zu vermeiden. Stattdessen sollten sie auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Hundes achten.
  3. Beratung durch Experten: Züchter sollten sich von Tierärzten und Genetikern beraten lassen, um sicherzustellen, dass sie die besten Entscheidungen für die Gesundheit ihrer Hunde treffen.
  4. Einhaltung von Zuchtstandards: Zuchtvereine und -verbände sollten strenge Standards festlegen und durchsetzen, die die Gesundheit und das Wohl der Hunde in den Vordergrund stellen, anstatt rein ästhetische Merkmale zu bevorzugen.
  5. Aufklärung der Käufer: Es ist wichtig, potenzielle Hundekäufer über die Risiken der Defektzucht aufzuklären und sie zu ermutigen, verantwortungsvolle Züchter zu unterstützen, die sich für das Wohl ihrer Tiere einsetzen.

Fazit

Defektzucht ist eine problematische Praxis in der Hundezucht, die das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere erheblich beeinträchtigen kann. Um das Leid von Hunden zu verhindern, ist es wichtig, dass Züchter und Hundebesitzer verantwortungsvolle Zuchtpraktiken anwenden und sich auf die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Hunde konzentrieren. Durch die Einhaltung ethischer Zuchtstandards und die Vermeidung von genetischen Defekten kann die Hundezucht dazu beitragen, gesunde, glückliche und langlebige Hunde zu fördern.

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