Ektopische Zilien (einzelne fehlplatzierte Wimpern)

Ektopische Zilien sind einzelne, fehlplatzierte Wimpern, die an ungewöhnlichen Stellen im Bereich des Augenlids wachsen – meist auf der Innenseite des Lids oder sogar aus der Bindehaut. Anders als bei normal wachsenden Wimpern oder bei Distichiasis reiben diese Haare besonders stark auf dem Augapfel, da sie aus nicht dafür vorgesehenem Gewebe entspringen. Diese Fehlstellung ist selten, aber hochgradig reizend und kann bei Menschen und Hunden zu schweren Augenreizungen und Hornhautschäden führen.

Anatomischer Hintergrund

Wimpern (Zilien) wachsen normalerweise an der äusseren Lidkante und schützen das Auge vor Schmutz, Staub und Insekten.

Bei ektopischen Zilien entstehen jedoch Haarfollikel in der Lidinnenseite, also dort, wo sich die Bindehaut befindet. Infolgedessen wächst das Haar direkt gegen die empfindliche Hornhaut (Cornea) oder Bindehaut (Konjunktiva) und kann dort dauerhafte Schäden verursachen.

Abgrenzung zu ähnlichen Erkrankungen

  • Distichiasis: Mehrere zusätzliche Wimpern wachsen aus den Ausgängen der Meibom-Drüsen entlang der Lidkante.
  • Trichiasis: Normale Wimpern sind fehlgerichtet und biegen sich nach innen, wachsen aber aus der korrekten anatomischen Position.
  • Entropium: Einrollen des Lids, wodurch normale Wimpern ins Auge gedrückt werden.
  • Blepharitis: Entzündung der Lidränder, kann das Haarwachstum beeinflussen, ist aber keine anatomische Fehlplatzierung.

Ursachen und häufig betroffene Hunderassen

Ektopische Zilien sind in der Regel:

  • Angeboren (kongenital): Die meisten Fälle treten bei jungen Tieren auf, insbesondere bei bestimmten Hunderassen.
  • Einzeln oder in sehr kleiner Zahl vorhanden: Meist ist nur ein Lid betroffen, selten mehrere.
  • Nicht erblich im engeren Sinn, aber bei bestimmten Rassen gehäuft vorkommend.

Rassen mit erhöhter Prädisposition (Hund)

Symptome

Die Symptome hängen stark davon ab, wie stark das Haar die Augenoberfläche reizt:

  • Dauerhafter Tränenfluss (Epiphora)
  • Augenreiben, häufiges Blinzeln oder Zukneifen
  • Lidkrampf (Blepharospasmus)
  • Rötung der Bindehaut
  • Hornhauttrübung, –geschwür oder -entzündung
  • In schweren Fällen: Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen oder chronische Schmerzen

Diagnostik

Die Diagnose ist oft schwierig, da ektopische Zilien sehr fein und tief eingebettet sind. Typische diagnostische Schritte umfassen:

  • Lidinspektion unter Lupenvergrösserung oder Spaltlampe
  • Anfärben der Hornhaut (Fluoreszeintest) zur Sichtbarmachung von Reibungsspuren
  • Palpation oder Ausstülpen des Lids unter Sedierung, insbesondere bei Tieren

Behandlung

Da ektopische Zilien nicht spontan verschwinden und zu schweren Schäden führen können, ist eine chirurgische Entfernung die Standardtherapie.

Therapieoptionen

  • Chirurgische Exzision des Haarfollikels unter lokaler oder Vollnarkose
  • Laserablation (bei entsprechender Ausstattung)
  • Kryotherapie (Vereisung) zur dauerhaften Zerstörung der Haarwurzel
  • In schweren Fällen: Kombination mit plastischer Lidkorrektur, wenn andere Fehlstellungen beteiligt sind

Wichtig: Ein einfaches Auszupfen des Haares ist nicht dauerhaft wirksam, da es in der Regel wieder nachwächst – oft noch fester und tiefer sitzend.

Prognose

Die Prognose ist bei vollständiger Entfernung gut, sofern keine bleibenden Schäden an der Hornhaut entstanden sind. Wichtig ist die frühzeitige Diagnose, um Narben, Hornhautulzera oder chronische Reizungen zu vermeiden.

Rückfälle sind selten, wenn der Haarfollikel erfolgreich zerstört wurde. Bei unvollständiger Entfernung kann jedoch eine erneute Behandlung nötig sein.

Prävention

  • Zuchtkontrolle bei prädisponierten Rassen, um betroffene Tiere von der Zucht auszuschliessen
  • Frühzeitige tierärztliche Kontrolle, insbesondere bei jungen Hunden mit tränenden Augen oder Blinzelverhalten
  • Regelmässige Augenuntersuchungen bei Tieren mit bekannten Lidproblemen
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