Pseudowut, auch bekannt als Aujeszkysche Krankheit oder Pseudorabies, ist eine durch das Suid-Herpesvirus 1 (SuHV-1) verursachte Infektionskrankheit. Sie betrifft in erster Linie Schweine – sowohl Haus- als auch Wildschweine – kann aber auf andere Tierarten wie Hunde, Katzen oder Rinder übertragen werden. Für Hunde verläuft die Erkrankung nahezu immer tödlich, da sie zu den sogenannten Fehlwirten gehören, bei denen das Virus das Nervensystem massiv schädigt.
In der Schweiz, in Deutschland und in Österreich gelten Hausschweinebestände offiziell als frei von der Aujeszkyschen Krankheit. Das Virus ist jedoch weiterhin im Wildschweinbestand vorhanden. Damit bleibt es eine ernstzunehmende Gefahr, vor allem für Jagdhunde oder Hunde, die Kontakt zu rohem Wildschweinfleisch haben.
Der Erreger gehört zur Familie der Herpesviren und ist eng verwandt mit anderen Alphaherpesviren wie dem Herpes-simplex-Virus. Das Virus kann in infizierten Tieren über lange Zeit latent bestehen bleiben und sich bei Stress wieder aktivieren. Schweine erkranken in der Regel nur mild oder gar nicht – Hunde hingegen entwickeln innerhalb weniger Stunden schwere Symptome.
Übertragungswege und Infektionsrisiken
Das Virus wird über direkten Kontakt mit infizierten Schweinen oder über den Verzehr von kontaminiertem Fleisch übertragen. Besonders gefährlich ist der Verzehr von rohem oder ungenügend erhitztem Schweinefleisch – insbesondere von Wildschwein. Auch Blut, Innereien oder roher Aufbruch von der Jagd stellen ein erhebliches Risiko dar.
Typische Infektionsquellen
- Fütterung von rohem Schweine- oder Wildschweinfleisch (z. B. in BARF-Menüs)
- Kontakt bei der Jagd mit erkrankten oder latent infizierten Wildschweinen
- Unachtsamer Umgang mit Wildschwein-Aufbruch oder Blut
- Schleimhautkontakt bei Feldarbeit, Nachsuche oder Blutspurtraining
Das Virus bleibt ausserhalb des Wirts nur begrenzt stabil, kann aber in organischem Material (Fleisch, Blut, Gewebe) bei Kühlschranktemperatur mehrere Tage infektiös bleiben. Gefrieren tötet das Virus nicht zuverlässig ab – nur Hitze über 70 °C inaktiviert den Erreger sicher.
Besondere Risikogruppen
- Jagdhunde: durch häufigen Kontakt mit Wildschweinen, Aufbruch oder rohem Fleisch
- Rohfütterer (BARF): wenn Schweinefleisch aus unbekannter Herkunft oder Wildschweinbestandteilen enthalten ist
- Betriebshunde auf Schweinehöfen: bei mangelhafter Biosicherheit oder Wildschweinzugang
Symptome und Krankheitsverlauf
Die Inkubationszeit beträgt meist nur wenige Stunden bis zwei Tage. Danach treten die Symptome sehr plötzlich auf. Typisch ist der Begriff „mad itch“ – ein extremer, lokalisierter Juckreiz, bei dem sich betroffene Hunde blutig beissen oder kratzen. Die Krankheit verläuft rasch fortschreitend, meist innerhalb von 6 bis 48 Stunden tödlich.
Typische Symptome der Pseudowut beim Hund
- Unruhe, starkes Hecheln, Fieber, Speichelfluss
- Heftiger Juckreiz, oft am Kopf oder an der Halsregion
- Selbstverletzungen durch Beissen oder Kratzen
- Schluckbeschwerden, Lähmungserscheinungen, Krämpfe
- Taumeln, Bewusstseinsstörungen, später Apathie
- Kein aggressives Verhalten – im Gegensatz zur Tollwut
Die Erkrankung endet nahezu immer mit dem Tod, da das Virus Nervenzellen und Gehirn stark schädigt. Eine Behandlung ist nicht möglich; Medikamente oder antivirale Wirkstoffe zeigen keinen Effekt. Daher steht der Schutz vor Ansteckung an oberster Stelle.
Diagnose, Behandlung und Prognose
Da die Pseudowut beim Hund perakut verläuft, bleibt in der Praxis oft keine Zeit für eine vollständige Diagnostik. Die klinischen Anzeichen ähneln zunächst anderen neurologischen Erkrankungen oder Vergiftungen, weshalb ein erfahrener Tierarzt entscheidend ist.
Diagnose
- Anamnese mit Hinweis auf Kontakt zu Schweinen oder Wildschweinen
- Typische neurologische Symptome mit heftigem Juckreiz
- Laboruntersuchung (PCR, Virusnachweis im Gehirn oder Rückenmark) meist post mortem
Therapie und Prognose
Es existiert keine wirksame Behandlung. Der Krankheitsverlauf ist immer tödlich. Betroffene Hunde werden meist aus Tierschutzgründen euthanasiert, um weiteres Leiden zu verhindern. Eine Impfung ist derzeit nicht verfügbar – weder in der EU noch in der Schweiz oder anderen Ländern mit AK-freiem Status.
Die Prognose ist damit aussichtslos. Die einzig wirksame Massnahme ist die konsequente Vermeidung jeder möglichen Infektionsquelle.
Schutzmassnahmen, Prävention und Bedeutung von Bio-Fleisch
Prävention ist die wichtigste Waffe gegen die Aujeszkysche Krankheit beim Hund. Da keine Behandlung oder Impfung möglich ist, entscheidet einzig das Verhalten des Menschen über Sicherheit oder Risiko. Besonders in der Jagd- und Rohfütterungsszene ist Aufklärung entscheidend.
Bewährte Schutzmassnahmen
- Kein rohes Schweinefleisch füttern – weder Haus- noch Wildschwein. Auch getrocknete Kauartikel aus Schwein sind kritisch, wenn Herkunft und Verarbeitung unklar sind.
- Fleisch gut durchgaren: Erhitzen auf mindestens 70 °C Kerntemperatur tötet das Virus sicher ab.
- Jagdhunde schützen: Kein Kontakt zu Wildschwein-Aufbruch, kein Naschen an Organen, keine Blutspurübungen mit ungeprüftem Wildschweinblut.
- Biosicherheit in Schweinebetrieben: Wildschweinkontakt durch Zäune verhindern; Jagdhunde nicht auf Stallgelände lassen.
Bio-Schweinefleisch – sicher oder Risiko?
Auch Bio-Schweinefleisch kann im Rohzustand ein Risiko darstellen, wenn Schweine theoretisch Kontakt zu Wildschweinen haben. Die Haltungsform (Bio vs. konventionell) ändert nichts am Verhalten des Virus. Entscheidend ist:
- Das Fleisch stammt aus einem Aujeszkysche-freien Bestand.
- Das Fleisch wird nicht roh, sondern durchgegart verfüttert.
Beim Verzehr von gegartem Bio-Schweinefleisch besteht keine Gefahr. Bei rohem Fleisch – egal ob Bio oder konventionell – bleibt das Risiko bestehen.
FAQ: Die 5 häufigsten Fragen zu Pseudowut beim Hund
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Ist Pseudowut beim Hund ansteckend für Menschen?
Nein. Das Aujeszkysche Virus (Suid-Herpesvirus 1) kann Menschen nach aktuellem Stand der Forschung nicht infizieren. Nur Schweine und einige andere Tierarten wie Hunde oder Katzen sind empfänglich.
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Wie infizieren sich Hunde mit Pseudowut?
Meist durch das Fressen von rohem oder ungenügend erhitztem Schweinefleisch – besonders von Wildschwein. Auch der direkte Kontakt mit infizierten Wildschweinen bei der Jagd kann zu einer Ansteckung führen.
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Welche Symptome zeigen Hunde bei Pseudowut?
Typisch sind Unruhe, starker Juckreiz (vor allem am Kopf), vermehrtes Speicheln, Bewegungsstörungen, Krämpfe und rasch zunehmende Schwäche. Der Verlauf ist perakut – meist endet die Krankheit innerhalb von 48 Stunden tödlich.
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Kann mein Hund geimpft oder behandelt werden?
Leider nein. Es existiert weder eine Impfung noch eine Therapie für Hunde. Nur Schweine können geimpft werden, um Bestände zu schützen. Beim Hund ist allein Vorbeugung wirksam.
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Ist Bio-Schweinefleisch sicherer für Hunde?
Nur wenn es vollständig durchgegart ist. Rohes Bio-Schweinefleisch birgt dasselbe Risiko wie konventionelles, da der Virus durch Hitze, nicht durch Herkunft, unschädlich gemacht wird.
Mythen & Fakten zu Pseudowut beim Hund
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Mythos 1: Pseudowut ist das Gleiche wie Tollwut.
Falsch. Beide Krankheiten verursachen neurologische Symptome, werden aber durch völlig unterschiedliche Viren ausgelöst. Pseudowut ist kein Zoonose-Virus und betrifft Menschen nicht.
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Mythos 2: Gefrieren tötet das Virus ab.
Falsch. Das Aujeszkysche Virus überlebt bei Gefriertemperaturen und bleibt infektiös. Nur Temperaturen über 70 °C zerstören den Erreger zuverlässig.
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Mythos 3: In der Schweiz und Deutschland gibt es keine Pseudowut mehr.
Teilweise falsch. Zwar gelten Hausschweinebestände als frei, aber Wildschweine tragen das Virus weiterhin. Jagdhunde bleiben gefährdet.
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Mythos 4: Ein bisschen rohes Schwein schadet nicht.
Falsch. Schon kleinste Mengen infizierten Fleisches können genügen, um einen Hund anzustecken. Das Virus ist hochinfektiös und führt fast immer zum Tod.
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Mythos 5: Pseudowut kommt nur bei Jagdhunden vor.
Falsch. Jagdhunde sind besonders gefährdet, aber auch Familienhunde können sich infizieren, wenn sie rohes Schweine- oder Wildschweinfleisch erhalten.
Fazit zur Prävention
In der Schweiz, in Deutschland und Österreich ist die Gefahr eines Pseudowut-Ausbruchs beim Hund gering – aber real. Besonders für Jagdhunde gilt erhöhte Vorsicht. Mit wenigen klaren Massnahmen lässt sich das Risiko jedoch nahezu auf null reduzieren:
- Kein rohes Schweinefleisch, insbesondere kein Wildschwein
- Gekochtes Schweinefleisch unbedenklich
- Kontakt mit Wildschweinen strikt vermeiden
Weil Pseudowut beim Hund stets tödlich endet, sollte jede Hundehalterin und jeder Hundehalter das Thema kennen – vor allem, wenn Wildkontakt oder Rohfütterung eine Rolle spielt. Mit Aufklärung und konsequenter Hygiene bleibt die Gefahr kontrollierbar.



