Die Adoption eines Haustiers aus dem Tierheim ist für viele Schweizer*innen eine bewusste Entscheidung – aus Mitgefühl, aus Verantwortungsbewusstsein oder schlicht aus dem Wunsch nach tierischer Gesellschaft. Gleichzeitig gibt es Unsicherheiten: Alter, Gesundheit oder Vorgeschichte der Tiere sorgen bei einigen dafür, dass sie zögern. Eine repräsentative Umfrage von MARS Schweiz zeigt, welche Gründe für oder gegen eine Tierheimadoption tatsächlich ausschlaggebend sind.
Faktoren bei der Entscheidung für ein Tier aus dem Tierheim
Die Umfrage von MARS Schweiz aus dem August 2025, durchgeführt anlässlich des Welttierschutztages, zeigt: Wer ein Tier aus dem Tierheim adoptieren möchte, legt besonders Wert auf die Vorgeschichte des Tieres und ethische Aspekte, während Faktoren wie Rasse oder Kosten eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Etwas über das bisherige Leben des zukünftigen Haustiers erfahren
Für 43 % der Befragten ist es sehr wichtig zu wissen, wie das Tier bisher gelebt hat – z. B. ob es besondere Erfahrungen, Krankheiten oder Verhaltenseigenheiten mitbringt. Durch diesen Wert wird deutlich, dass Transparenz über Vorgeschichte und Charakter entscheidend für die Entscheidung ist.
Wer weiss, was ihn erwartet, fühlt sich sicherer und kann die eigene Lebenssituation besser abgleichen.
Tierschutz und Ethik
Der zweite entscheidende Faktor ist das ethische Motiv, ein Tier aus dem Tierschutz zu wählen. 36 % der Befragten gaben hier „sehr wichtig“ an.
Für viele spielt es also eine grosse Rolle, ein Tier zu retten und ihm ein liebevolles Zuhause zu schenken – ein zentraler Aspekt, der Tierheimadoptionen gegenüber Züchter– oder Privatkauf besonders attraktiv macht.
Rückgabemöglichkeit
Die Möglichkeit, ein Tier im Notfall zurückgeben zu können, wird von 17 % als „sehr wichtig“ bewertet (Mittelwert 3,2). Besonders für Menschen, die unsicher sind, ob sie den Anforderungen eines neuen Haustiers gerecht werden, ist diese Option ein Sicherheitsfaktor.
Rasse des Tieres
Die Rasse spielt für die Befragten eine geringere Rolle: nur 12 % sehen dies als „sehr wichtig“ an. Dies deutet darauf hin, dass die Persönlichkeit und Vorgeschichte des Tieres wichtiger sind als das äussere Erscheinungsbild oder Rassestandards.
Die Kosten
Auch die Kosten des Tieres sind für viele nicht der ausschlaggebende Faktor. Für die Mehrheit zählt vor allem, dass das Tier gesund und glücklich ist – die finanziellen Aspekte sind eher zweitrangig, obwohl sie für einige Halter*innen dennoch eine Rolle spielen.
Adoption aus dem Tierheim: Das sehen Schweizer*Innen als Contra-Argumente
Viele Menschen haben Vorbehalte gegenüber einer Tierheimadoption – besonders, wenn es um das Verhalten oder die Vorgeschichte der Tiere geht. Die MARS-Umfrage zeigt, welche Bedenken am häufigsten genannt werden und bei welchen Punkten möglicherweise Vorurteile die Entscheidung beeinflussen.

Befürchtete Verhaltensprobleme
Die grösste Sorge der Befragten ist, dass das Tier Verhaltensprobleme haben könnte (42 %). Besonders deutlich zeigt sich dies bei potenziellen Halter*innen unter 50 Jahren.
In der Praxis zeigt sich jedoch: Viele Tiere passen sich mit entsprechender Eingewöhnung und Unterstützung hervorragend an. Vor allem solche mit schwieriger Vergangenheit können sehr anhänglich und lernwillig sein, sodass die Sorge oft stärker ausgeprägt ist als die Realität. Und vermeintliche Probleme lassen sich durch eine individuelle Beratung, Training und Eingewöhnung lösen.
Die Erfahrung von Tierheimen und Adoptierenden zeigt, dass Tiere mit schwieriger Vergangenheit oft besonders anpassungsfähig und dankbar sein können.
Vorgeschichte von Tieren aus Tierheimen
Fast 38 % der Befragten geben an, dass die frühere Lebensgeschichte eines Tieres ein Hemmfaktor ist.
Tatsächlich prüfen Tierheime die Gesundheit und das Verhalten der Tiere vor dem Vermittlungsverfahren aber sehr sorgfältig.
Wer sich über Vorgeschichte und Charakter informiert, kann gezielt entscheiden, ob das Tier zum eigenen Lebensstil passt.
Oft ist eine “Vorgeschichte” eigentlich einfach nur gleichbedeutend mit “mehr Informationen” – nicht zwangsläufig Probleme.
Das Alter der Tiere
16 % beklagen, dass im Tierheim wenige junge Tiere verfügbar seien.
Die meisten Tierheime decken jedoch ein breites Alters-Spektrum ab – von Welpen bis zu Senioren.
Auch wichtig zu wissen: Ältere Tiere haben oft bereits ein gefestigtes Verhalten, sind ruhiger und eignen sich für Menschen, die ein etwas entspannteres Zusammenleben bevorzugen.
Strenge Regeln bei der Adoption
11 % empfinden die Vorschriften für eine Adoption aus Tierheimen als zu streng. Hierzu passt auch der Punkt weiter unten: 8 % empfinden den Adoptionsprozess insgesamt als zu aufwendig.
Natürlich ist nicht jedes Tierheim gleich. Aber generell lässt sich sagen, dass die Anforderungen dazu dienen sollen, dass Tiere in geeignete, liebevolle Hände vermittelt werden. Und wer diese Regeln versteht, erkennt schnell, dass sie vor allem dem Wohl der Tiere dienen und mögliche Probleme im Zusammenleben früh verhindern.
An dieser Stelle empfehlen wir auch unseren Beitrag zum Thema: Absagen bei der Tiervermittlung: Haben Tierheime zu hohe Ansprüche?
Krankheiten in Tierheimen?
11 % fürchten, dass Tierheimtiere krank sein könnten.
Tierheime führen jedoch regelmässige Gesundheitschecks, Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen durch. Das Risiko, ein ernsthaft krankes Tier zu übernehmen, ist daher in der Realität eher gering.
Bestimmte Rassen in Tierheimen nicht verfügbar
10 % geben an, eine bestimmte Rasse bevorzugen zu wollen, die im Tierheim nicht verfügbar ist.
In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Charakter, Temperament und Verträglichkeit im späteren Zusammenleben viel wichtiger sind als nur die Rasse.
Tierheime können durch gezielte Beratung dabei helfen, ein Tier zu finden, das gut zur Familie oder Einzelperson passt.
Was Adoptionen aus Tierheimen vereinfachen würde
Die MARS-Umfrage zeigt, welche Verbesserungen oder Unterstützungen potenzielle Halter*innen dazu bewegen könnten, doch ein Tier aus dem Tierheim zu adoptieren. Besonders deutlich wird: einfachere Prozesse, Aufklärung und finanzielle Unterstützung spielen eine grosse Rolle.

Adoptionsprozess vereinfachen
Erneut zeigen die Zahlen: Die Prozesse bei einer Tieradoption werden als kompliziert und teilweise zu streng wahrgenommen.
Eine vereinfachte Abwicklung wäre also ein wichtiger Anreiz. Ein klar strukturierter, transparenter Prozess würde die Einstiegshürde senken und mehr Sicherheit geben.
Öffentliche Aufklärung und Präsenz
65 % der Umfrageteilnehmer wünschen sich derweil, dass öffentlich stärker kommuniziert wird, dass Tiere aus dem Tierheim ein Zuhause brauchen, während 58 % sich eine höhere Sichtbarkeit von Tierheimen wünschen.
Öffentlichkeitsarbeit hört sich zwar sinnvoll und machbar an, ist in Wahrheit aber ressourcenintensiv. Und viele Tierheime haben keine Kapazitäten für umfangreiche Kampagnen, weshalb eine umfassende Aufklärung oft nicht über die eigene Webseite oder Social Media Kanäle hinausgeht.
Finanzielle Unterstützung, Staatliche Subventionen
57 % der Befragten fänden finanzielle Hilfe bei der medizinischen Versorgung adoptierter Tiere im ersten Jahr attraktiv, während 48 % eine staatliche Unterstützung als relevant einschätzen. Auch finanzielle Entlastungen bei Erstanschaffung, Futter oder Zubehör könnten die Entscheidung erleichtern, besonders für Ersthalter*innen.
Vollständige staatliche Subventionen gibt es in der Schweiz kaum. Teilweise werden Hundesteuerbefreiungen oder Rabatte bei Impfungen angeboten, doch die Mehrheit der finanziellen Verantwortung bleibt bei den Halter*innen.
Wissensvermittlung
58 % der Befragten würden es schätzen, wenn Tierheime eine gründliche Einführung in Haltung und Pflege des jeweiligen Haustieres anbieten.
Doch auch hier sieht die Realität etwas anders aus: Tierheime sind oft überfüllt, Mitarbeitende stark ausgelastet, und individuelle Schulungen zukünftiger Halter lassen sich selten in dem gewünschten Umfang anbieten. Grundlegende Infos werden natürlich mitgeteilt, aber detaillierte Trainings oder Kurse sind in der Praxis die Ausnahme.
Die Verantwortung von Tierhaltern: Ein abschliessender Blick
Die MARS-Umfrage zeigt deutlich: Viele Menschen möchten ein Tier aus dem Tierheim adoptieren, werden jedoch von Vorurteilen, Ängsten oder organisatorischen Hürden zurückgehalten. Gleichzeitig gibt es klare Wünsche, wie Adoptionen attraktiver gestaltet werden könnten – etwa durch vereinfachte Abläufe, öffentliche Aufklärung, finanzielle Entlastungen oder Wissensvermittlung.
Die Realität sieht jedoch so aus, dass die meisten Tierheime stark überlastet sind und nicht alle Wünsche vollständig erfüllen können. Unabhängig davon liegt ein Grossteil der Verantwortung für das Wohl und die Entwicklung des Tieres bei den Halter*innen selbst.
Ein Tier – egal ob “gekauft” oder “adoptiert” – ist kein “fertiges Produkt”, das automatisch perfekt in den Alltag passt – Zeit, Geduld, Training und finanzielle Mittel sind notwendig, um ihm ein dauerhaftes, liebevolles Zuhause zu bieten.
Und wer diese Verantwortung ernst nimmt, wird belohnt: Mit einem treuen Begleiter, der nicht nur den Alltag bereichert, sondern auch die Chance auf ein neues, glückliches Leben erhält. Die Adoption aus dem Tierheim ist somit ein bewusster, lohnender Schritt, der sowohl für das Tier als auch für die Halter*innen grosse Freude bringen kann.
Weiterführende Links und Quellen
- Durchführung, Aufbereitung und Bereitstellung der Umfrage-Sheets: Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung. Web: www.triple-m-mafo.at
- Pressemitteilung MARS Schweiz mit Möglichkeit zum Download der kompletten Umfrage



