Scheinträchtigkeit, auch Pseudogravidität oder Pseudopregnanz genannt, ist ein natürlicher hormoneller Zustand bei unkastrierten Hündinnen, der nach der Läufigkeit auftreten kann. Dabei zeigt die Hündin Anzeichen einer Trächtigkeit und Mutterrolle, obwohl sie nicht gedeckt wurde. Scheinträchtigkeit tritt in der Regel etwa 4 bis 9 Wochen nach der Läufigkeit auf und kann sowohl körperliche als auch verhaltensbedingte Symptome hervorrufen.
Was ist Scheinträchtigkeit?
Scheinträchtigkeit ist eine hormonelle Reaktion, die durch einen Abfall des Progesteronspiegels nach der Läufigkeit ausgelöst wird, gefolgt von einem Anstieg des Hormons Prolaktin. Diese hormonellen Veränderungen können bei Hündinnen zu ähnlichen körperlichen und psychischen Symptomen führen, wie sie bei einer echten Trächtigkeit auftreten. Es handelt sich um einen normalen biologischen Prozess, der bei vielen Hündinnen auftritt und Teil des reproduktiven Zyklus ist.
Ursachen der Scheinträchtigkeit
Scheinträchtigkeit ist eine natürliche Reaktion und evolutionsbiologisch bedingt. In der Natur könnte dieses Verhalten den Fortbestand des Rudels gesichert haben. Eine scheinträchtige Hündin im Rudel konnte beispielsweise die Welpen einer anderen Hündin säugen oder betreuen, falls die Mutter nicht in der Lage war, dies zu tun. Das hilft zu erklären, warum Scheinträchtigkeit bei Hündinnen so häufig vorkommt und als normaler Teil des Zyklus gilt.
Die Hauptursache für die Scheinträchtigkeit ist das Hormon Prolaktin, das für die Milchproduktion verantwortlich ist. Der Anstieg dieses Hormons nach dem Abfall von Progesteron nach der Läufigkeit kann zu den typischen Symptomen führen.
Symptome der Scheinträchtigkeit
Die Symptome einer Scheinträchtigkeit können sowohl körperlich als auch verhaltensbezogen sein und ähneln oft denen einer echten Trächtigkeit. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
Körperliche Symptome:
- Vergrößerte Milchdrüsen: Die Hündin kann geschwollene Zitzen haben, und es kann sogar Milchproduktion einsetzen.
- Gewichtszunahme: Manche Hündinnen nehmen zu, als ob sie trächtig wären, obwohl keine Föten vorhanden sind.
- Bauchvergrößerung: Der Bauch kann anschwellen, was den Eindruck einer echten Trächtigkeit verstärkt.
- Milchabsonderung: In einigen Fällen produziert die Hündin tatsächlich Milch, was durch den erhöhten Prolaktinspiegel verursacht wird.
Verhaltensbezogene Symptome:
- Nestbauverhalten: Viele Hündinnen zeigen Nestbauverhalten, indem sie Decken oder Spielzeuge zusammentragen, um sich auf die imaginäre Geburt vorzubereiten.
- Beschützerinstinkt: Die Hündin könnte sich schützend gegenüber Spielzeugen oder anderen Gegenständen verhalten, als wären sie ihre Welpen.
- Ruhelosigkeit und Nervosität: Manche Hündinnen sind unruhig, laufen umher oder wirken besonders besorgt.
- Ängstlichkeit und Anhänglichkeit: Einige Hündinnen werden extrem anhänglich oder zeigen Ängste.
- Futterverweigerung oder Appetitsteigerung: Einige Hündinnen essen weniger oder zeigen einen erhöhten Appetit.
Die Symptome einer Scheinträchtigkeit variieren von Hündin zu Hündin und können in ihrer Intensität unterschiedlich sein. Während manche Hündinnen nur milde Symptome zeigen, können andere deutliche Anzeichen einer Trächtigkeit und Mutterrolle entwickeln.
Dauer der Scheinträchtigkeit
Die Scheinträchtigkeit hält in der Regel zwischen 2 und 4 Wochen an und verschwindet in den meisten Fällen von selbst. Die Symptome nehmen allmählich ab, wenn sich der Hormonhaushalt der Hündin wieder normalisiert.
Behandlung der Scheinträchtigkeit
In vielen Fällen ist eine Behandlung nicht notwendig, da die Symptome von alleine abklingen. Es gibt jedoch Maßnahmen, die ergriffen werden können, um der Hündin zu helfen, sich wohler zu fühlen und mögliche Komplikationen zu vermeiden:
- Vermeidung von Stimulation der Milchproduktion: Es ist wichtig, die Milchdrüsen nicht zu stimulieren. Das Massieren oder das Entleeren der Milch kann die Milchproduktion verstärken und die Dauer der Scheinträchtigkeit verlängern.
- Beschäftigung und Ablenkung: Biete der Hündin ausreichend Bewegung und geistige Stimulation, um sie abzulenken. Spaziergänge und interaktive Spiele können helfen, das Nestbau- und Mutterverhalten zu mindern.
- Reduzierung von Nestbauaktivitäten: Entferne Spielzeuge oder Gegenstände, die die Hündin als “Welpen” behandelt. Dies kann helfen, das Mutterverhalten zu reduzieren und die Scheinträchtigkeit schneller abklingen zu lassen.
- Kühlung der Milchdrüsen: In Fällen von deutlicher Milchproduktion können kalte Kompressen auf die Milchdrüsen aufgelegt werden, um Schwellungen zu lindern. Dies sollte jedoch vorsichtig erfolgen, um die Drüsen nicht zu reizen.
- Medikamentöse Behandlung: In schweren Fällen oder wenn die Hündin unter erheblichem Stress steht, kann der Tierarzt Medikamente verschreiben, um die Prolaktinproduktion zu unterdrücken und die Symptome zu lindern. Hormone oder Homöopathie können in solchen Fällen zum Einsatz kommen, wenn die Hündin stark von der Scheinträchtigkeit betroffen ist.
Prävention der Scheinträchtigkeit
Die einzige dauerhafte Möglichkeit, eine Scheinträchtigkeit zu verhindern, ist die Kastration der Hündin. Durch die Entfernung der Eierstöcke und/oder der Gebärmutter wird der Fortpflanzungszyklus unterbrochen, sodass keine hormonellen Veränderungen mehr auftreten, die eine Scheinträchtigkeit auslösen könnten. Eine Kastration sollte jedoch gut überlegt und in Absprache mit einem Tierarzt durchgeführt werden.
Komplikationen bei Scheinträchtigkeit
In den meisten Fällen ist Scheinträchtigkeit harmlos und verschwindet von selbst. In seltenen Fällen können jedoch Komplikationen auftreten:
- Mastitis (Entzündung der Milchdrüsen): Wenn die Hündin Milch produziert, kann eine bakterielle Infektion in den Milchdrüsen auftreten, die zu schmerzhaften Entzündungen führen kann. Mastitis erfordert eine tierärztliche Behandlung mit Antibiotika.
- Psychischer Stress: Einige Hündinnen können während der Scheinträchtigkeit depressiv oder extrem gestresst werden. In diesen Fällen sollte ein Tierarzt konsultiert werden, um den Zustand zu lindern.
Fazit
Die Scheinträchtigkeit ist ein häufiges und normales Phänomen bei unkastrierten Hündinnen, das durch hormonelle Veränderungen nach der Läufigkeit verursacht wird. Obwohl sie für den Halter manchmal ungewöhnlich oder besorgniserregend erscheinen kann, ist sie in den meisten Fällen harmlos und verschwindet von selbst. Durch geeignete Maßnahmen wie Ablenkung und Reduzierung des Mutterverhaltens lässt sich der Zustand oft gut bewältigen. In schwereren Fällen oder bei Komplikationen kann der Tierarzt mit hormonellen Behandlungen helfen. Eine Kastration ist die sicherste Methode, um zukünftige Scheinträchtigkeiten zu verhindern.