Plötzliches Fieber, ein apathischer Hund und geschwollene Gelenke – viele Shar-Pei-Halter kennen diese beunruhigenden Symptome nur zu gut. Oft steckt dahinter das Familial Shar Pei Fever (FSF), eine erblich bedingte Entzündungserkrankung, die fast ausschliesslich bei dieser besonderen Hunderasse vorkommt. Was zunächst wie eine harmlose Fieberreaktion aussieht, kann auf ein komplexes, genetisch bedingtes Immunsystem-Problem hinweisen. Unbehandelt kann es schwerwiegende Folgen haben – insbesondere für die Nieren. Erfahre hier, was genau hinter dem Familial Shar Pei Fever steckt, wie du die typischen Anzeichen erkennst und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Zudem beleuchten wir, warum gerade der Shar Pei so häufig betroffen ist – und was verantwortungsvolle Zucht und Früherkennung für die Gesundheit dieser faszinierenden Hunde bedeuten.
Familial Shar Pei Fever: Definition
Das Familial Shar Pei Fever (FSF) ist eine erblich bedingte Entzündungserkrankung, die fast ausschliesslich beim Chinesischen Shar Pei vorkommt.
Typisch sind wiederkehrende Fieberschübe, die plötzlich auftreten und meist innerhalb von 24 bis 36 Stunden wieder abklingen. Betroffene Hunde zeigen dabei häufig eine schmerzhafte Schwellung der Sprunggelenke, Mattigkeit, Appetitverlust und manchmal auch Zittern oder Lahmheit.
Was FSF so besonders – und zugleich problematisch – macht, ist sein genetischer Ursprung. Die Krankheit steht in direktem Zusammenhang mit dem Gen, das die charakteristischen Falten des Shar Pei hervorruft. Dieses Gen bewirkt eine übermässige Produktion von Hyaluronsäure in der Haut. Diese sorgt zwar für das unverwechselbare Aussehen der Rasse, führt aber gleichzeitig zu einer dauerhaften Entzündungsneigung im Körper.
Die überschüssige Hyaluronsäure wird vom Organismus immer wieder abgebaut – dabei entstehen Stoffwechselprodukte, die das angeborene Immunsystem des Hundes reizen. Der Körper reagiert, als wäre eine Infektion im Gange, obwohl gar keine Krankheitserreger vorhanden sind. Die Folge: Fieber, Gelenkschwellungen und Entzündungsreaktionen ohne äussere Ursache.
Je ausgeprägter die Falten, desto grösser scheint das Risiko zu sein, an FSF zu erkranken. Besonders stark gefaltete Linien gelten daher als genetisch stärker belastet.
Dieser Zusammenhang macht deutlich, dass übertriebene Zuchtmerkmale nicht nur ästhetische, sondern auch gesundheitliche Folgen haben können. Mehr dazu findest du auch in unserem Beitrag Der Shar Pei: Qualzucht oder nicht?
Symptome und Verlauf der Krankheit
Das Familial Shar Pei Fever zeigt sich meist in plötzlichen Fieberschüben, die ohne erkennbaren äusseren Grund auftreten. Diese Schübe beginnen oft spontan, dauern zwischen 24 und 36 Stunden und klingen dann von selbst wieder ab – nur um Wochen oder Monate später erneut aufzutreten.
Die Körpertemperatur steigt dabei meist deutlich an, häufig auf über 40 °C, und der Hund wirkt abgeschlagen, unruhig oder zieht sich zurück. Viele Tiere zittern oder zeigen Schmerzen beim Bewegen. Besonders auffällig ist die Schwellung der Sprunggelenke, auch bekannt als Hock Swelling. Sie kann einseitig oder beidseitig auftreten und ist ein wichtiges Erkennungszeichen der Erkrankung.
Weitere typische Symptome während eines Schubs sind:
- Appetitlosigkeit oder völlige Futterverweigerung
- schnelle, flache Atmung
- Muskelzittern oder Lahmheit
- erhöhter Puls
- allgemeine Mattigkeit und Rückzug
Zwischen den Schüben wirken betroffene Hunde oft vollkommen gesund. Das kann die Diagnose erschweren – vor allem, wenn Halter die wiederkehrenden Fieberschübe nicht dokumentieren.
Langfristiger Krankheitsverlauf
Obwohl die akuten Schübe meist von selbst abklingen, kann das chronisch überaktive Immunsystem langfristig grossen Schaden anrichten. Wiederholte Entzündungsprozesse führen bei vielen Shar Peis mit FSF zu einer Ablagerung von Eiweissstoffen (Amyloid) in Organen wie Nieren, Leber oder Milz. Diese sogenannte Amyloidose ist die gefährlichste Folge der Erkrankung und kann im schlimmsten Fall zu Nierenversagen führen.
Die ersten Anzeichen einer beginnenden Amyloidose sind oft unspezifisch: vermehrter Durst, häufiges Urinieren, Gewichtsverlust oder stumpfes Fell.
Werden diese Veränderungen rechtzeitig erkannt, kann die Behandlung angepasst und das Fortschreiten verlangsamt werden.
Ein schwieriger Weg zur richtigen Diagnose
Das Familial Shar Pei Fever ist nicht immer leicht zu diagnostizieren, da die Symptome unspezifisch wirken und zwischen den Fieberschüben völlig verschwinden können. Viele betroffene Hunde wirken im Alltag gesund – bis plötzlich ein neuer Schub auftritt. Eine sichere Diagnose erfordert daher genaue Beobachtung, Ausschluss anderer Ursachen und manchmal etwas Geduld.
Beobachtungen der Halter sind entscheidend
Da Fieberschübe meist nur kurz andauern, sind deine Aufzeichnungen als Halterin oder Halter besonders wertvoll. Wenn du Temperatur, Dauer des Fiebers, Zeitpunkt und begleitende Symptome notierst, hilfst du dem Tierarzt enorm bei der Einschätzung. Ein regelmässiges Messen der Körpertemperatur bei Verdacht auf FSF kann entscheidend sein – insbesondere, wenn Fieberschübe scheinbar „grundlos“ auftreten.
Tierärztliche Untersuchung und Laborwerte
Während eines akuten Schubs zeigen Blutuntersuchungen oft typische Entzündungszeichen, etwa:
- stark erhöhtes C-reaktives Protein (CRP)
- erhöhte weisse Blutkörperchen (Leukozyten)
- erhöhte Globuline im Blut
In Ruhephasen normalisieren sich diese Werte meist wieder, was den Verdacht auf ein periodisches Entzündungsgeschehen wie FSF stärkt.
Es gibt derzeit keinen eindeutigen Labortest, der FSF sicher bestätigt. Tierärzte stellen die Diagnose daher klinisch, also durch die Kombination aus Symptomen, Rassezugehörigkeit und Ausschluss anderer Krankheiten (z. B. Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder Gelenkentzündungen).
Weitere Untersuchungen
Da das grösste Risiko bei FSF die Entwicklung einer Amyloidose ist, werden oft Nieren- und Leberwerte überprüft, zum Beispiel:
- Kreatinin und Harnstoff (zur Beurteilung der Nierenfunktion)
- Protein im Urin (Proteinurie)
- Leberwerte (ALT, AST, ALP)
In fortgeschrittenen Fällen kann auch eine Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane sinnvoll sein, um Organveränderungen frühzeitig zu erkennen.
Genetische Forschung
Ein direkter Gentest auf FSF existiert bislang nicht, doch Forschende arbeiten an der Identifizierung weiterer genetischer Marker. Bereits bekannt ist jedoch, dass das Risiko für FSF mit der genetischen Ausprägung der Faltenbildung zusammenhängt. Zuchtlinien mit stark übertriebener Faltenbildung gelten daher als besonders gefährdet.
Behandlungsmöglichkeiten von Familial Shar Pei Fever
Eine Heilung des Familial Shar Pei Fever (FSF) ist bislang nicht möglich – die Erkrankung kann jedoch gut kontrolliert werden, wenn sie früh erkannt und konsequent betreut wird.
Ziel der Behandlung ist es
- Fieberschübe zu reduzieren
- Entzündungen zu hemmen und
- Folgeschäden (wie Amyloidose) zu verhindern.
Akutbehandlung während eines Schubs
Tritt ein Fieberschub auf, sollte der Hund unbedingt tierärztlich untersucht werden, vor allem beim ersten Auftreten. Ein zu hohes Fieber kann gefährlich werden. In akuten Phasen helfen:
- entzündungshemmende Schmerzmittel zur Linderung von Schmerzen und Schwellungen
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um Kreislauf und Nieren zu unterstützen
- Ruhe und Schonung – körperliche Belastung sollte vermieden werden
Halterinnen und Halter sollten in dieser Zeit regelmässig Fieber messen und das Verhalten dokumentieren, um Muster zu erkennen.
Langzeittherapie
Das wichtigste Medikament zur Vorbeugung von FSF-Schüben und Amyloidose ist Colchicin, ein Wirkstoff, der ursprünglich aus der Humanmedizin (z. B. bei Gicht) stammt.
Colchicin hemmt bestimmte Entzündungsprozesse im Körper, verringert die Häufigkeit und Schwere der Fieberschübe und kann die Ablagerung von Amyloid in Organen verhindern oder verlangsamen.
Die Dosierung erfolgt ausschliesslich nach tierärztlicher Rücksprache – eine Selbstmedikation ist absolut nicht empfehlenswert, da das Medikament bei falscher Dosierung Nebenwirkungen haben kann.
Begleitend können entzündungshemmende Ergänzungen (z. B. Omega-3-Fettsäuren oder Antioxidantien) sowie eine ausgewogene, nierenfreundliche Ernährung sinnvoll sein – besonders, wenn bereits erste Anzeichen einer Amyloidose bestehen.
Alltag mit einem betroffenen Shar Pei
Mit der richtigen Betreuung können viele Shar Peis trotz FSF ein gutes, aktives Leben führen. Wichtig sind:
- Stressarme Umgebung: Stress kann Schübe begünstigen.
- Körperliche Schonung bei Fieber: Spaziergänge verkürzen und für Ruhe sorgen.
- Regelmässige Kontrollen: Nieren- und Leberwerte sollten mindestens zweimal jährlich überprüft werden.
- Fiebertagebuch: Notiere Datum, Dauer und Symptome jedes Schubs – das hilft dem Tierarzt, die Therapie anzupassen.
Viele Halter berichten, dass sich mit der Zeit Rhythmen oder Auslöser erkennen lassen, z. B. nach grosser Aufregung, Wetterwechseln oder körperlicher Belastung. Diese individuellen Faktoren zu kennen, hilft, Rückfälle zu vermeiden.
Zucht und Prävention: Verantwortung für gesunde Shar Peis
Da das Familial Shar Pei Fever eng mit der genetischen Veranlagung zur Faltenbildung verbunden ist, spielt die Zuchtpraxis eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung. Die übermässigen Hautfalten, die viele Shar Peis so unverwechselbar machen, sind auf eine Mutation zurückzuführen, die auch das Risiko für Entzündungsreaktionen erhöht.
Zucht mit Augenmass
Verantwortungsvolle Züchter achten deshalb darauf, nicht auf extreme Faltenbildung zu selektieren. Hunde mit einem moderaten Erscheinungsbild – also weniger überschüssiger Haut und klaren Konturen – sind in der Regel gesünder und weniger anfällig für FSF. In der seriösen Shar-Pei-Zucht werden betroffene Tiere von der Weiterzucht ausgeschlossen, um das Risiko für künftige Generationen zu verringern.
Auch Zuchtvereine und Tierärzte setzen sich zunehmend dafür ein, die gesundheitlichen Aspekte über ästhetische Merkmale zu stellen. Das Ziel ist ein robuster, funktionaler Shar Pei, der seine typischen Eigenschaften behält, ohne unter ihnen zu leiden.
Was Halterinnen und Halter tun können
Wer einen Shar Pei kaufen möchte, sollte unbedingt auf eine seriöse Herkunft achten:
- Frage nach Gesundheitsuntersuchungen der Elterntiere und deren Abstammung.
- Meide Zuchten, die extreme Falten oder stark verkürzte Nasenpartien als Schönheitsideal anpreisen.
- Achte auf Züchter, die offen über FSF und andere rassetypische Erkrankungen informieren.
Wer bereits einen betroffenen Hund hat, kann durch regelmässige Gesundheitskontrollen, eine ausgewogene Ernährung und das frühzeitige Erkennen von Fieberschüben dazu beitragen, die Lebensqualität deutlich zu verbessern.
Die wichtigste Prävention bleibt jedoch die Aufklärung: Nur wenn Züchter, Halter und Interessierte über FSF Bescheid wissen, kann langfristig eine gesündere Shar-Pei-Population entstehen – mit weniger Leid für die Tiere und mehr Freude für ihre Menschen.
FAQ-Teil: Häufigste Fragen mit Antworten rund um FSF
Können auch andere Hunderassen das Familial Shar Pei Fever bekommen?
Nein, das Familiäre Shar Pei Fieber betrifft ausschliesslich den Chinesischen Shar Pei. Es wurde bisher bei keiner anderen Hunderasse beschrieben. Allerdings gibt es bei Menschen und manchen Tierarten ähnliche autoinflammatorische Syndrome, die vergleichbare Mechanismen im Immunsystem betreffen. Beim Shar Pei ist FSF jedoch einzigartig, da es direkt mit der genetischen Mutation für die Faltenbildung verknüpft ist.
Ist Familial Shar Pei Fever ansteckend?
Nein, FSF ist nicht ansteckend. Es handelt sich nicht um eine Infektionskrankheit, sondern um eine genetisch bedingte Entzündungsstörung. Die Fieberschübe entstehen durch eine Fehlreaktion des körpereigenen Immunsystems – ohne Beteiligung von Viren oder Bakterien. Andere Hunde oder Tiere im Haushalt können sich daher nicht anstecken.
Wie unterscheiden sich Familial Shar Pei Fever und „normales“ Fieber?
Bei einem normalen Fieber reagiert der Hund meist auf eine Infektion oder akute Krankheit – oft begleiten Husten, Durchfall oder andere erkennbare Symptome die Temperaturerhöhung. Das Fieber klingt in der Regel ab, wenn die Ursache behandelt oder vom Körper selbst bekämpft wird. Beim Familial Shar Pei Fever hingegen treten die Fieberschübe periodisch und ohne erkennbare Auslöser auf, sind oft kurz, stark und wiederkehrend, treten zusätzliche typische Symptome wie Schwellungen der Sprunggelenke auf und die Anzeichen verschwinden zwischen den Schüben wieder vollständig.
Wie häufig treten Fieberschübe bei Familial Shar Pei Fever auf?
Das ist sehr unterschiedlich: Manche Hunde haben nur wenige Schübe pro Jahr, andere mehrmals im Monat. Die Intensität kann ebenfalls variieren.
Sterben Hunde mit FSF früh?
Nicht zwangsläufig. Viele Shar Peis mit FSF können bei früher Diagnose und konsequenter Behandlung ein gutes und relativ langes Leben führen. Wird die Erkrankung jedoch nicht erkannt oder unbehandelt gelassen, kann sie im Laufe der Zeit zu Amyloidose und Nierenversagen führen – das ist die Hauptursache für eine verkürzte Lebenserwartung.
Brauch ein Hund mit FSF spezielle Ernährung oder Nahrungsergänzung?
Es gibt keine spezielle Diät bei FSF, aber nierenfreundliche Ernährung und entzündungshemmende Zusatzstoffe (z. B. Omega-3-Fettsäuren) können unterstützend wirken, besonders bei beginnender Amyloidose.
Kann ich einen Hund an den Züchter zurückgeben, wenn sich herausstellt, dass er FSF hat?
Das hängt vom Kaufvertrag und den gesetzlichen Regelungen ab. In den meisten Fällen gilt FSF als vererbte, also angeborene Erkrankung, die demnach bereits bei Übergabe des Welpen vorhanden war – auch wenn sie sich erst später zeigt. Damit kann sie unter Umständen als “verdeckter Mangel” gelten. Ob eine Rückgabe oder (teilweise) Kostenerstattung möglich ist, hängt von Land, Vertragsinhalt und Nachweisbarkeit ab. In der Schweiz, Deutschland und Österreich unterscheiden sich die rechtlichen Grundlagen – im Zweifel ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen.



