In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Listenhunde ein kontrovers diskutiertes Thema. Diese Hunde stehen aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit auf sogenannten “Rasselisten” und unterliegen besonderen Auflagen. Die Diskussion um Listenhunde ist geprägt von Vorurteilen und einer oft emotional geführten Debatte über Sicherheit und Tierschutz. Gestern haben wir bereits eine Zusammenfassung zu einer aktuellen und gross angelegte Studie veröffentlicht “Einblick in die Hunde-Genetik, eine vielfältige Abstammungsgeschichte”, die klar keine Genetischen Abhängigkeiten nachweist.
Die Forschung zeigt: Rasselisten sind nicht die Lösung
Das Institut Forschung Listenhunde e.V. setzt sich intensiv mit dem Thema auseinander und verfolgt das Ziel, durch wissenschaftliche Erkenntnisse langfristige Veränderungen herbeizuführen. Dabei konzentriert sich die Forschung nicht nur auf das Wesen und Verhalten der betroffenen Rassen, sondern auch auf Faktoren wie Training, Alter und Geschlecht der Tiere. Ein wesentlicher Leitsatz des Instituts ist “RESEARCH WITH IMPACT – FORSCHUNG MIT WIRKUNG”, der darauf abzielt, den Fokus von spezifischen Rassen hin zum Mensch-Hund-Team zu verschieben. Ziel ist es, Beißvorfälle zu verringern und eine gerechte Behandlung aller Hunderassen zu fördern.
Wichtige Forschungsergebnisse und Ziele
- Beißstatistik: Die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Beißstatistik wird betont, um objektive Daten über Beißvorfälle zu sammeln und auszuwerten. Bisher fehlt eine solche übergreifende Statistik, was eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema erschwert.
- Wesenstests: Wesenstests für Listen- und Nicht-Listenhunde sollen vergleichende Daten liefern, um die Annahme zu überprüfen, ob bestimmte Rassen grundsätzlich aggressiver sind als andere. Die bisherigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Aggressionen nicht rassenspezifisch sind.
- Verhaltenspsychologische Aspekte: Das Zusammenspiel zwischen Hund und Halter spielt eine entscheidende Rolle. Missverständnisse in dieser Beziehung können zu Problemen führen. Daher ist es wichtig, das Verhalten des Hundes in unterschiedlichen Kontexten und mit verschiedenen Bezugspersonen zu untersuchen.
Listenhund-Situation in der Schweiz
In der Schweiz ist die Handhabung von Listenhunden besonders komplex und variiert stark je nach Kanton. Während einige Kantone spezifische Rassen als potenziell gefährlich einstufen und auf sogenannte Rasselisten setzen, handhaben andere Kantone die Thematik weniger restriktiv. Diese kantonalen Unterschiede führen zu einem Flickenteppich an Regelungen, der es Hundehaltern erschwert, den Überblick zu behalten. Zu den häufig auf diesen Listen geführten Rassen zählen der American Staffordshire Terrier, Bullterrier, (American) Pitbull Terrier, Rottweiler, Cane Corso Italiano, Dogo Argentino, Dobermann, und weitere. Einige Rassen sind nur in bestimmten Kantonen eingeschränkt oder verboten, was die Situation zusätzlich verkompliziert.
Die Kriterien für die Einstufung als Listenhund und die damit verbundenen Auflagen, wie Maulkorbpflicht oder Leinenzwang, basieren oft auf der Annahme, dass bestimmte Rassen ein höheres Gefährdungspotenzial aufweisen. Diese Annahme wird jedoch durch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse hinterfragt, die zeigen, dass das Verhalten eines Hundes weniger von seiner Rasse als vielmehr von seiner Haltung, Erziehung und dem Umfeld abhängt. Die individuelle Betrachtung jedes Hundes unabhängig von seiner Rasse, sowie die Verantwortung und das Verhalten der Halter, rücken daher immer mehr in den Fokus der Diskussion.
Die Situation in der Schweiz spiegelt die Notwendigkeit wider, überholte Annahmen zu überdenken und Regelungen zu finden, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem tatsächlichen Verhalten der Hunde basieren. Anstatt pauschale Rasselisten zu erstellen, könnte eine sorgfältigere Beurteilung des einzelnen Hundes und seines Umfelds einen effektiveren Ansatz darstellen, um die Sicherheit in der Gesellschaft zu gewährleisten und gleichzeitig dem Tierschutz gerecht zu werden
Listenhund-Situation in der Deutschland
Die Situation rund um die sogenannten Listenhunde in Deutschland ist durch Landeshundegesetze geregelt, die von Bundesland zu Bundesland variieren. Diese Gesetze definieren, welche Hunderassen als gefährlich eingestuft werden und unterliegen daher besonderen Haltungsbedingungen. In einigen Bundesländern existieren spezifische Rasselisten, die Hunde aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen unter erhöhte Auflagen stellen. Diese Auflagen können von verstärkten Leinen- und Maulkorbpflichten über höhere Steuern bis hin zu Beschränkungen der Zucht und Haltung reichen. Die Rassen, die auf diesen Listen geführt werden, variieren, beinhalten aber häufig Rassen wie den American Staffordshire Terrier, Pitbull Terrier, Bullterrier und Rottweiler.
Die Kritik an den Rasselisten in Deutschland ist ähnlich wie in anderen Ländern: Sie basieren auf der Prämisse, dass bestimmte Rassen ein höheres Risiko für Aggressivität und Gefahr darstellen, eine Annahme, die durch aktuelle wissenschaftliche Studien zunehmend in Frage gestellt wird. Diese Studien legen nahe, dass das Verhalten eines Hundes stärker durch Umwelt, Erziehung und das Verhalten des Halters beeinflusst wird als durch genetische Faktoren. Infolgedessen fordern Tierschutzorganisationen und Experten eine Abkehr von rassenbasierten Listen hin zu einem individuellen Ansatz, der das tatsächliche Verhalten und die Persönlichkeit des Hundes bewertet.
Einige Bundesländer in Deutschland haben bereits auf diese Kritik reagiert und ihre Rasselisten angepasst oder abgeschafft, was zeigt, dass ein Umdenken stattfindet. Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Zukunft der Hunde-Gesetzgebung in Deutschland möglicherweise einen individuelleren und wissenschaftlich fundierteren Ansatz verfolgen könnte, der die Sicherheit der Öffentlichkeit gewährleistet, ohne bestimmte Hunderassen ungerechtfertigt zu diskriminieren.
Listenhund-Situation in der Österreich
In Österreich wird die Thematik der Listenhunde auf Länderebene geregelt, was zu unterschiedlichen Bestimmungen in den verschiedenen Bundesländern führt. Ähnlich wie in Deutschland und der Schweiz, existieren auch in Österreich Rasselisten, die bestimmte Hunderassen als potenziell gefährlich einstufen und für diese besondere Auflagen vorsehen. Zu diesen Auflagen können etwa Maulkorb- und Leinenpflicht in öffentlichen Bereichen, die Pflicht zur Absolvierung eines Sachkundenachweises durch die Hundehalter oder auch spezielle Haftpflichtversicherungen gehören.
Die spezifischen Rassen, die auf den Rasselisten in Österreich geführt werden, variieren je nach Bundesland. Häufig genannte Rassen sind unter anderem der Pit Bull Terrier, Staffordshire Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier und ähnliche Rassen. Die Kritik an den Rasselisten in Österreich ähnelt der in anderen Ländern: Es wird argumentiert, dass die Gefährlichkeit eines Hundes weniger von seiner Rasse als von der Erziehung, dem Umfeld und dem Verhalten des Halters abhängt.
In der Diskussion um Listenhunde in Österreich wird zunehmend gefordert, individuelle Verhaltensbewertungen des Hundes und eine stärkere Fokussierung auf die Verantwortung der Halter in den Vordergrund zu stellen, statt pauschale Rassenlisten zu führen. Experten plädieren für einen Ansatz, der auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und die tatsächliche Gefährdung durch einen Hund individuell bewertet, anstatt sich auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen zu verlassen.
Die Aggressivität bei Listenhunden: Eine differenzierte Betrachtung
Die aktuelle Forschung hinterfragt die Effektivität von Rasselisten, indem sie den tatsächlichen Einfluss der Genetik auf das Verhalten von Hunden untersucht. In einer umfassenden Analyse, die über 13.000 Hunde aus 31 verschiedenen Rassen einschloss, wurden signifikante Verhaltensunterschiede innerhalb der einzelnen Rassen festgestellt. Diese Studie konnte keinen direkten Zusammenhang zwischen dem rassetypischen Verhalten und der historischen Funktion der Rassen, wie etwa Wach- oder Kampfaufgaben, nachweisen. Eine besonders aufschlussreiche Erkenntnis aus dem Jahr 2022 zeigt, dass lediglich 9 % des Hundeverhaltens direkt durch die Rasse bestimmt werden, was die Grundannahme der Rasselisten weiter unterminiert.
Insbesondere im Hinblick auf das Aggressionspotenzial, ein zentraler Punkt in der Debatte um Listenhunde, zeigt sich, dass diese Hunde keine höheren Aggressionswerte aufweisen als Hunde anderer Rassen. Untersuchungen ergaben keine signifikanten Unterschiede in Verhaltensweisen wie Spielfreude, Neugier, Freundlichkeit oder Aggressivität zwischen verschiedenen Hundetypen. Selbst bei Rassen, die häufig auf Rasselisten stehen, wie Pitbulls und Rottweiler, konnte kein überdurchschnittliches Aggressionspotenzial festgestellt werden. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass Listenhunde nicht grundsätzlich aggressiver sind als andere Hunde.
Ursachen für Zwischenfälle: Ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren
Die Gründe dafür, dass manche Hunde zu einem Problem werden, sind vielschichtig. Die Aufzuchtbedingungen, die ersten Lebenserfahrungen bei Züchtern sowie die Art der Sozialisierung und das Training durch die Hundehalter spielen eine wesentliche Rolle. Aversive Trainingsmethoden, wie etwa Strafen oder direkte Konfrontation, können Aggressions- und Angstverhalten verstärken. Auch der Charakter der Hundehalter und ihr Umgang mit dem Hund sind entscheidend dafür, wie ein Hund in stressigen Situationen reagiert.
Darüber hinaus ist das Verhalten der Menschen in der Umgebung eines Hundes von Bedeutung. Analysen zeigen, dass Hunde oft deutliche Signale des Unbehagens und der Konfliktvermeidung vor Beißvorfällen zeigen. Werden diese Signale übersehen oder ignoriert, steigt das Risiko einer Eskalation. Ein Ansatz, der auf das Verständnis und die Interpretation dieser Signale abzielt, könnte effektiver sein, um Zwischenfälle zu vermeiden, als eine pauschale Stigmatisierung bestimmter Rassen.
Warum die Rasselisten kritisiert werden
Die Kritik an den Rasselisten basiert auf mehreren Punkten. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Verhalten eines Hundes nur zu einem geringen Teil durch seine Rasse bestimmt wird. Vielmehr sind Faktoren wie Erziehung, Training und die Beziehung zum Halter entscheidend. Zudem führen Rasselisten zu einer Stigmatisierung bestimmter Hunderassen und können das Zusammenleben von Menschen und Hunden negativ beeinflussen.
Fazit
Es wird deutlich, dass die Fokussierung auf bestimmte Hunderassen durch Rasselisten nicht die gewünschten Effekte im Hinblick auf die Reduzierung von Beißvorfällen zeigt. Vielmehr sollten präventive Maßnahmen, eine verbesserte Aufklärung der Hundehalter und eine individuelle Betrachtung des Hund-Halter-Teams im Vordergrund stehen, um das Zusammenleben sicher und harmonisch zu gestalten.