Der Shih Tzu zählt mit seiner kurzen Schnauze, den grossen Glubschaugen und dem langen, dichten Fell zu den auffälligsten Kleinhunderassen – doch genau diese Merkmale sind es, die häufig mit gesundheitlichen Problemen verbunden sind. In der Beitragsserie «Qualzucht oder nicht?» werfen wir einen genauen Blick auf einzelne Hunderassen: Wie sah die Rasse ursprünglich aus? Welche Merkmale gelten heute als Qualzucht? Und gibt es überhaupt noch gesunde Vertreter dieser Rasse – oder ist sie inzwischen untrennbar mit gesundheitlichen Problemen verbunden?

Entstehung und Geschichte der Rasse

Der Shih Tzu stammt ursprünglich aus Tibet und China und zählt zu den ältesten Kleinhunderassen Asiens. Er entstand vermutlich aus Kreuzungen zwischen dem tibetischen Lhasa Apso und kleinen chinesischen Hunden, die am kaiserlichen Hof gehalten wurden. Der Name „Shih Tzu“ bedeutet übersetzt „Löwenhund“ und spielt auf die Symbolik des Schneelöwen im Buddhismus an, der als Schutzgeist gilt.

Im Gegensatz zum Pekinesen, dessen Besitz und Umgang im Kaiserreich mit strengen Verboten belegt war (Fremde durften einen Pekinesen weder besitzen noch berühren), war die Haltung des Shih Tzu am kaiserlichen Hof zwar auch exklusiv und privilegiert, aber nicht so rigide reglementiert. Die Rasse wurde insbesondere unter Kaiserinwitwe Cixi sehr geschätzt und als Begleithund im Palast gehalten. Diese Hunde lebten in Luxus, wurden verwöhnt und sorgfältig gezüchtet.

Erst nach dem Ende der Qing-Dynastie und der Öffnung Chinas im frühen 20. Jahrhundert gelangten erste Shih Tzus nach Europa, vor allem nach England, wo sie schnell als exotische Schosshunde populär wurden. Frühere Darstellungen zeigen, dass der ursprüngliche Shih Tzu einen längeren Fang, weniger extreme Kopfform und ein leichteres Fell trug – Merkmale, die ihm eine funktionalere Gesundheit ermöglichten als viele heutige Showlinien.

Die Rasse heute

Der moderne Shih Tzu wird als robuster, kleiner Hund mit kurzer Schnauze, grossen Augen und langem, dichtem Haarkleid beschrieben. Seine Fangpartie ist oft extrem verkürzt (brachyzephal), die Nasenlöcher eng, der Kopf rund und die Stirn steil. Die Augen sind auffällig gross und hervortretend, wodurch der Hund ins “Babyschema” passt und somit als besonders „süss“ wahrgenommen wird.

Zusätzlich haben manche Zuchtlinien ein nach oben gekrümmtes Rückgrat (Karpfenrücken) und zu kurze Beine, was zu Belastungen im Bewegungsapparat führen kann.

Gerade diese Merkmale – kurzer Fang, grosse Augen, überlanges Fell – gelten jedoch aus Tierschutzsicht als problematisch, da sie mit chronischen Einschränkungen verbunden sein können.

Häufige gesundheitliche Probleme

Viele Shih Tzus leiden unter Beschwerden, die direkt mit ihrem Äusseren zusammenhängen:

  • Brachyzephales Atemwegssyndrom: Atemnot durch enge Nasenöffnungen, deformierte Nasenmuscheln und zu lange Gaumensegel
  • Augenprobleme: Trockenheit, Hornhautverletzungen, Entzündungen durch zu grosse, ungeschützte Augen
  • Zahnprobleme: Durch das verkürzte Gesicht stehen Zähne oft eng und schief – das begünstigt Zahnstein und Entzündungen
  • Geringe Hitzetoleranz: Wegen der schlechten Atmung überhitzen viele Shih Tzus bei warmem Wetter schnell
  • Geburtskomplikationen: Aufgrund der Kopfform kommt es oft zu Kaiserschnitten

Je nach Zuchtlinie sind diese Probleme unterschiedlich stark ausgeprägt – in Showlinien meist gravierender als in moderat gezüchteten Familienlinien.

Viele Halter berichten von einem hohen Pflegeaufwand: Das lange Fell muss täglich gebürstet und häufig geschnitten werden, um Verfilzungen zu vermeiden. Die Augen benötigen teilweise tägliche Pflege, ebenso wie die Gesichtsfalten. Zusätzlich verursachen chronische Augen- oder Atemprobleme erhebliche Tierarztkosten. Auch sportliche Betätigung oder Sommerausflüge sind oft nur eingeschränkt möglich – Shih Tzus geraten schnell ausser Atem, und die geringe Hitzetoleranz macht Spaziergänge bei wärmerem Wetter zur Herausforderung.

Gibt es überhaupt gesunde Hunde dieser Rasse?

Trotz der bekannten Probleme gibt es auch verantwortungsvolle Züchter, die bewusst auf moderate Kopfform, freie Atemwege und robuste Konstitution achten. In manchen Ländern (z. B. Schweden, Niederlande) wurden Zuchtstandards angepasst, um extreme Merkmale zurückzudrängen.

Ansätze zur gesünderen Zucht gibt es auch im privaten Bereich – etwa bei Züchtern, die auf sogenannte „Retro-Shih-Tzus“ setzen, mit längerer Schnauze und besserer Luftzirkulation. Auch Kreuzungen mit verwandten Rassen wie Lhasa Apso oder Tibet Spaniel werden vereinzelt versucht, um funktionale Merkmale zurückzubringen.

Wer sich für einen Shih Tzu interessiert, sollte auf folgende Punkte achten:

  • Kein platter, sondern leicht hervortretender Fang
  • Keine extremen Glubschaugen
  • Zuchtnachweise zu Atemwegsgesundheit und Augen
  • Persönliches Kennenlernen der Elterntiere
  • Finger weg von Billigangeboten oder Modezuchten

Fazit zum Shih Tzu: Qualzucht oder nicht?

Der Shih Tzu ist eine traditionsreiche und faszinierende Rasse – doch viele moderne Zuchtformen stellen leider ein deutliches Beispiel für Qualzucht dar. Besonders bei Showlinien führen übertriebene ästhetische Merkmale zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen.

Dennoch gibt es Hoffnung: Mit verantwortungsbewusster Zucht und wachsendem Bewusstsein bei Haltern lässt sich diese Rasse langfristig gesünder erhalten. Wichtig ist dabei die klare Abkehr von Extremzucht – und die Bereitschaft, nicht alles, was „süss“ aussieht, als gesund hinzunehmen.

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