Neurohormone sind chemische Botenstoffe, die sowohl vom Nervensystem als auch vom endokrinen System (Hormonsystem) produziert werden. Diese speziellen Hormone werden von Nervenzellen (Neuronen) freigesetzt und über den Blutkreislauf zu Zielzellen transportiert, wo sie wichtige Funktionen im Körper steuern. Neurohormone spielen bei Hunden eine wesentliche Rolle in der Regulation von Stoffwechselprozessen, Stressreaktionen, Fortpflanzung und Verhalten.
Was sind Neurohormone?
Neurohormone sind Substanzen, die von neurosekretorischen Zellen im Gehirn und Rückenmark produziert und in den Blutkreislauf freigesetzt werden. Im Gegensatz zu klassischen Neurotransmittern, die direkt in den synaptischen Spalt freigesetzt werden, wirken Neurohormone auf weiter entfernte Zellen und Organe. Sie kombinieren die Wirkmechanismen des Nervensystems und des Hormonsystems, um komplexe Körperfunktionen zu regulieren.
Wichtige Neurohormone bei Hunden
Bei Hunden sind verschiedene Neurohormone von großer Bedeutung, da sie viele zentrale Funktionen im Körper steuern. Zu den wichtigsten gehören:
Oxytocin:
- Funktion: Oxytocin, auch als “Bindungshormon” bekannt, spielt eine wesentliche Rolle bei sozialen Bindungen, Fortpflanzung und Geburt. Es wird im Hypothalamus produziert und im Hypophysenhinterlappen gespeichert und freigesetzt.
- Einfluss auf Verhalten: Oxytocin fördert die Mutter-Kind-Bindung und stärkt die Bindung zwischen Hunden und ihren Besitzern. Es wird auch mit stressreduzierenden und angstlösenden Wirkungen in Verbindung gebracht.
- Physiologische Effekte: Bei Hündinnen wird Oxytocin während der Geburt freigesetzt, um die Wehen zu fördern, und während des Stillens, um den Milchfluss anzuregen.
Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH):
- Funktion: Vasopressin wird ebenfalls im Hypothalamus produziert und im Hypophysenhinterlappen gespeichert. Es reguliert den Wasserhaushalt des Körpers, indem es die Wasserrückresorption in den Nieren fördert.
- Einfluss auf Verhalten: Es wird vermutet, dass Vasopressin auch eine Rolle bei Aggressionsverhalten und der Regulierung von sozialen Interaktionen spielt.
- Physiologische Effekte: Vasopressin wird bei Hunden freigesetzt, um den Flüssigkeitshaushalt zu regulieren, insbesondere bei Austrocknung oder vermindertem Blutvolumen. Ein Mangel an Vasopressin kann zur Diabetes insipidus führen, einer Erkrankung, bei der der Hund große Mengen Urin produziert und sehr durstig ist.
Adrenalin (Epinephrin):
- Funktion: Adrenalin wird von den Nebennieren freigesetzt, nachdem es vom sympathischen Nervensystem stimuliert wurde. Es ist ein wichtiges Hormon für die Stressreaktion und bereitet den Körper auf eine Kampf-oder-Flucht-Reaktion vor.
- Einfluss auf Verhalten: Adrenalin erhöht die Aufmerksamkeit, Konzentration und die körperliche Leistungsfähigkeit in Stresssituationen. Es führt zu erhöhter Herzfrequenz, gesteigerter Atemfrequenz und erweitert die Pupillen.
- Physiologische Effekte: Adrenalin führt zu einer Erhöhung des Blutdrucks, einer Erweiterung der Atemwege und einer Mobilisierung von Energiequellen wie Glukose und Fetten, um den Körper auf intensive körperliche Anstrengungen vorzubereiten.
Noradrenalin (Norepinephrin):
- Funktion: Noradrenalin, ähnlich wie Adrenalin, wird ebenfalls von den Nebennieren und vom Nervensystem freigesetzt. Es verstärkt die körperliche Reaktionsbereitschaft auf Stress.
- Einfluss auf Verhalten: Noradrenalin erhöht die Erregbarkeit und Aufmerksamkeit des Hundes und ist an der Aktivierung des Nervensystems während Stresssituationen beteiligt.
- Physiologische Effekte: Es wirkt gefäßverengend, was zu einer Erhöhung des Blutdrucks führt, und unterstützt die Verteilung des Blutes in den Muskeln und Organen, die in Stresssituationen am meisten benötigt werden.
Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH):
- Funktion: CRH wird im Hypothalamus freigesetzt und regt die Freisetzung von ACTH (adrenocorticotropes Hormon) aus der Hypophyse an, welches wiederum die Nebennieren stimuliert, um Cortisol zu produzieren. CRH spielt eine zentrale Rolle in der Stressachse des Körpers.
- Einfluss auf Verhalten: CRH ist eng mit der Stressantwort verbunden und kann bei Hunden zu Angst, Unruhe und erhöhter Stressanfälligkeit führen.
- Physiologische Effekte: CRH aktiviert die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse), was zur Ausschüttung von Cortisol führt. Dieses Hormon hilft dem Körper, mit langanhaltendem Stress umzugehen, indem es den Stoffwechsel verändert, um Energie bereitzustellen und das Immunsystem reguliert.
Cortisol:
- Funktion: Cortisol ist ein Hormon, das von den Nebennieren in Reaktion auf Stress freigesetzt wird. Es ist wichtig für die Regulation des Stoffwechsels, die Immunantwort und die Anpassung an langanhaltenden Stress.
- Einfluss auf Verhalten: Chronisch erhöhte Cortisolspiegel können zu Verhaltensänderungen wie erhöhter Reizbarkeit, Angst und Aggression führen. Ein langfristig erhöhter Cortisolspiegel kann auch das Immunsystem schwächen.
- Physiologische Effekte: Cortisol erhöht den Blutzuckerspiegel, unterdrückt Entzündungen und hilft dem Körper, Energie bereitzustellen, um auf Stresssituationen zu reagieren.
Funktion von Neurohormonen bei Hunden
Neurohormone sind entscheidend für die Kommunikation zwischen dem Nervensystem und dem Hormonsystem und regulieren eine Vielzahl von Körperprozessen. Zu den Hauptfunktionen von Neurohormonen gehören:
- Regulation der Stressantwort: Neurohormone wie Adrenalin, Noradrenalin, CRH und Cortisol spielen eine Schlüsselrolle bei der Stressbewältigung. Sie aktivieren den Körper, um auf akute oder chronische Stresssituationen zu reagieren, indem sie den Stoffwechsel verändern, Energie mobilisieren und das Immunsystem beeinflussen.
- Einfluss auf Verhalten und Emotionen: Neurohormone wie Oxytocin und Vasopressin beeinflussen das soziale Verhalten von Hunden, einschließlich der Bindung an ihre Besitzer und die Interaktionen mit anderen Hunden. Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin beeinflussen das Angstverhalten und die Reaktion auf Bedrohungen.
- Fortpflanzung und Geburt: Oxytocin spielt eine entscheidende Rolle bei der Geburt und dem Stillen. Es stimuliert die Kontraktion der Gebärmutter während der Wehen und fördert die Milchfreisetzung während der Laktation.
- Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolythaushalts: Vasopressin reguliert den Flüssigkeitshaushalt des Körpers, indem es die Rückresorption von Wasser in den Nieren fördert. Dadurch wird der Wasserverlust im Urin minimiert, was besonders in Situationen von Dehydratation wichtig ist.
- Energiehaushalt und Stoffwechsel: Neurohormone wie Cortisol beeinflussen den Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen und spielen eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Energie während Stresssituationen.
Störungen im Neurohormonhaushalt bei Hunden
Störungen in der Produktion oder Regulation von Neurohormonen können zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen führen:
- Cushing-Syndrom: Beim Cushing-Syndrom wird zu viel Cortisol von den Nebennieren produziert, was zu Symptomen wie Gewichtszunahme, Haarverlust, erhöhtem Durst und vermehrtem Wasserlassen führen kann. Diese Krankheit ist oft das Ergebnis einer Überfunktion der Nebennieren oder eines Tumors in der Hypophyse.
- Diabetes insipidus: Ein Mangel an Vasopressin kann zu Diabetes insipidus führen, einer Erkrankung, bei der die Nieren nicht in der Lage sind, Wasser zurückzuhalten. Dies führt zu übermäßigem Durst und einer erhöhten Urinproduktion.
- Angststörungen und Verhaltensprobleme: Störungen in der Produktion oder Regulation von Oxytocin, Adrenalin oder Cortisol können zu Verhaltensproblemen wie Trennungsangst, übermäßiger Aggression oder Stressreaktionen führen. In solchen Fällen kann die medikamentöse Therapie zur Hormonregulation oder Verhaltenstherapie helfen.
Fazit
Neurohormone spielen eine zentrale Rolle bei der Regulation von Verhalten, Fortpflanzung, Stoffwechsel und der Stressbewältigung bei Hunden. Diese speziellen Hormone wirken an der Schnittstelle von Nervensystem und endokrinem System und steuern viele lebenswichtige Prozesse. Ein Ungleichgewicht in der Produktion oder Regulation von Neurohormonen kann zu verschiedenen Gesundheitsproblemen und Verhaltensstörungen führen, die eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erfordern.