Myelinscheide

Die Myelinscheide ist eine Schutzschicht aus fettähnlichen Substanzen, die die Nervenfasern im zentralen und peripheren Nervensystem umhüllt. Diese Schicht ist von entscheidender Bedeutung für die schnelle Weiterleitung von Nervenimpulsen. Bei Hunden, wie auch bei anderen Säugetieren, spielt die Myelinscheide eine zentrale Rolle bei der Nervenfunktion und der Kommunikation zwischen Gehirn und Körper. Störungen oder Schädigungen der Myelinscheide können zu schwerwiegenden neurologischen Problemen führen.

Was ist die Myelinscheide?

Die Myelinscheide ist eine isolierende Schicht, die aus Lipiden und Proteinen besteht und die Axone (lange Fortsätze von Nervenzellen) umgibt. Sie wird von speziellen Zellen gebildet:

  • Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem (Nerven, die den Körper durchziehen).
  • Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark).

Ihre Hauptfunktion besteht darin, die elektrischen Signale (Aktionspotenziale), die von Nervenzelle zu Nervenzelle übertragen werden, zu isolieren und zu beschleunigen. Die Myelinscheide sorgt dafür, dass Nervenimpulse sich schneller entlang des Axons bewegen können. Dieser Prozess wird als saltatorische Erregungsleitung bezeichnet, da die Signale von einem Knotenpunkt zum nächsten „springen“, statt kontinuierlich entlang des Axons zu wandern. Dies ermöglicht eine deutlich schnellere Reizweiterleitung.

Funktion der Myelinscheide

Die Myelinscheide erfüllt mehrere wichtige Funktionen im Nervensystem von Hunden:

  1. Beschleunigung der Nervenleitung: Durch die saltatorische Erregungsleitung sorgt die Myelinscheide dafür, dass Nervenimpulse schneller entlang der Nervenfasern übertragen werden, was besonders wichtig ist für die schnelle Kommunikation zwischen dem Gehirn und verschiedenen Körperteilen.
  2. Schutz der Nervenfasern: Die Myelinscheide schützt die Nervenfasern vor mechanischen Schäden und verhindert, dass elektrische Signale verloren gehen oder gestört werden.
  3. Erhalt der Energieeffizienz: Die Myelinisierung ermöglicht eine energieeffiziente Signalweiterleitung, da sie verhindert, dass Nervenzellen ständig Energie für die Übertragung aufwenden müssen.
  4. Regeneration von Nervenfasern: Im peripheren Nervensystem können beschädigte Nerven, die von Schwann-Zellen myelinisiert werden, durch die Myelinscheide unterstützt und unter bestimmten Umständen wieder regeneriert werden.

Erkrankungen der Myelinscheide bei Hunden

Wenn die Myelinscheide beschädigt oder zerstört wird, kann dies zu neurologischen Störungen führen, da die Nervenimpulse nicht mehr effizient weitergeleitet werden können. Dies führt zu Symptomen wie Schwäche, Koordinationsproblemen, Lähmungen oder Schmerz. Die folgenden Erkrankungen betreffen die Myelinscheide bei Hunden:

Demyelinisierende Erkrankungen:

  • Demyelinisierung beschreibt den Verlust oder die Zerstörung der Myelinscheide, was die Nervenfunktion stark beeinträchtigt. Diese Erkrankungen können genetisch bedingt oder erworben sein.
  • Eine bekannte demyelinisierende Erkrankung bei Hunden ist die degenerative Myelopathie (DM), die vor allem bei älteren Hunden bestimmter Rassen wie Deutschen Schäferhunden, Boxern und Pembroke Welsh Corgis auftritt. Diese Krankheit führt zu einem fortschreitenden Abbau der Myelinscheide im Rückenmark, was zu Schwäche und Lähmungen führt.

Autoimmunerkrankungen:

  • Bei einigen Hunden kann das Immunsystem die Myelinscheide fälschlicherweise angreifen und zerstören. Dies wird als immunvermittelte Polyneuropathie bezeichnet. Solche Erkrankungen können zu fortschreitenden neurologischen Symptomen führen, die eine schnelle Diagnose und Behandlung erfordern.

Entzündliche Erkrankungen:

  • Infektionen oder Entzündungen im Nervensystem können die Myelinscheide beschädigen. Beispielsweise kann eine Enzephalitis oder Meningoenzephalitis das zentrale Nervensystem angreifen und zu einer Schädigung der Myelinscheide führen. Diese entzündlichen Prozesse stören die normale Weiterleitung der Nervenimpulse.

Genetische Erkrankungen:

  • Einige Hunderassen haben eine genetische Prädisposition für Myelinisierungsstörungen. Dazu gehören Hypomyelinisierung, bei der die Myelinscheide nicht richtig ausgebildet wird, und Leukodystrophie, bei der die weiße Substanz des Gehirns (bestehend aus Myelin) abgebaut wird. Diese Erkrankungen treten oft bei jungen Hunden auf und führen zu Koordinationsstörungen und Bewegungsproblemen.

Vergiftungen und Toxine:

  • Bestimmte Gifte oder Toxine können die Myelinscheide schädigen und neurologische Störungen hervorrufen. Dies kann durch den Kontakt mit Schwermetallen, Pestiziden oder anderen toxischen Substanzen geschehen.

Symptome von Myelinscheiden-Erkrankungen

Die Symptome einer Schädigung der Myelinscheide bei Hunden variieren je nach Schwere der Erkrankung und betroffenen Nerven. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Hinterhandschwäche: Besonders bei der degenerativen Myelopathie zeigen Hunde eine zunehmende Schwäche in den Hinterbeinen.
  • Lähmungen: Eine fortschreitende Erkrankung der Myelinscheide kann zu einer vollständigen Lähmung der Hinterbeine und manchmal auch der Vorderbeine führen.
  • Ataxie: Hunde mit einer beschädigten Myelinscheide zeigen oft unsichere Bewegungen und eine gestörte Koordination (Ataxie).
  • Muskelzittern oder Krämpfe: Durch die gestörte Nervenfunktion können unwillkürliche Muskelzuckungen oder Krämpfe auftreten.
  • Inkontinenz: In schweren Fällen, wie bei der degenerativen Myelopathie, kann es zu einer Beeinträchtigung der Blasen- und Darmfunktion kommen, was zu Harn- und Kotinkontinenz führt.
  • Schmerzen: Einige Hunde zeigen Schmerzempfindlichkeit in den betroffenen Bereichen, insbesondere bei entzündlichen oder autoimmunen Erkrankungen.

Diagnose von Myelinscheiden-Erkrankungen bei Hunden

Die Diagnose von Myelinscheiden-Erkrankungen erfordert eine gründliche tierärztliche Untersuchung, da die Symptome denen anderer neurologischer Erkrankungen ähneln können. Zu den gängigen Diagnoseverfahren gehören:

  1. Klinische Untersuchung: Der Tierarzt wird eine vollständige neurologische Untersuchung durchführen, um Reflexe, Muskeltonus und Bewegungskoordination zu überprüfen.
  2. Magnetresonanztomographie (MRT): Eine MRT ist eines der besten Verfahren, um das Nervensystem und die Myelinscheide zu untersuchen. Sie liefert detaillierte Bilder des Gehirns, Rückenmarks und der Nerven und kann Schädigungen der Myelinscheide aufzeigen.
  3. Elektromyographie (EMG): Mit dieser Methode wird die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen, um festzustellen, ob die Nervenimpulse normal weitergeleitet werden.
  4. Liquoranalyse: Eine Analyse der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) kann Aufschluss über Entzündungen, Infektionen oder Autoimmunreaktionen geben, die die Myelinscheide schädigen.
  5. Gentests: Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Erkrankung wie die degenerative Myelopathie können Gentests durchgeführt werden, um das Vorhandensein spezifischer Mutationen zu bestätigen.

Behandlung von Myelinscheiden-Erkrankungen bei Hunden

Die Behandlung hängt von der Ursache der Schädigung der Myelinscheide ab. Während einige Erkrankungen nicht heilbar sind, kann die Therapie dazu beitragen, das Fortschreiten der Symptome zu verlangsamen und die Lebensqualität des Hundes zu verbessern:

  1. Medikamente: Kortikosteroide oder Immunsuppressiva können bei autoimmunen oder entzündlichen Erkrankungen der Myelinscheide eingesetzt werden, um Entzündungen zu reduzieren und das Immunsystem zu unterdrücken.
    Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente werden verabreicht, um Schmerzen zu lindern.
  2. Physiotherapie: Physiotherapie und Hydrotherapie können die Beweglichkeit des Hundes verbessern und die Muskulatur stärken. Dies ist besonders bei degenerativen Erkrankungen wie der degenerativen Myelopathie wichtig.
  3. Ernährungsumstellung: Eine spezielle Ernährung mit antioxidativen Nahrungsergänzungsmitteln und Omega-3-Fettsäuren kann die Gesundheit der Nerven unterstützen und Entzündungen reduzieren.
  4. Unterstützende Pflege: Für Hunde mit fortgeschrittenen Erkrankungen können Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Rollwagen notwendig sein, um die Mobilität zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen.

Fazit

Die Myelinscheide spielt eine entscheidende Rolle bei der schnellen und effizienten Übertragung von Nervenimpulsen im Nervensystem von Hunden. Erkrankungen, die die Myelinscheide schädigen, können zu schwerwiegenden neurologischen Symptomen wie Schwäche, Lähmungen und Ataxie führen. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Therapie sind entscheidend, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität des Hundes zu verbessern. Bei der Behandlung können Medikamente, Physiotherapie und Unterstützungsmaßnahmen eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und die Mobilität des Hundes zu erhalten.

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