Beißhemmung bezeichnet die Fähigkeit eines Hundes, die Stärke seines Bisses zu kontrollieren und gezielt einzusetzen, ohne dabei Menschen oder andere Tiere zu verletzen. Diese Fähigkeit ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass der Hund in stressigen oder spielerischen Situationen niemandem Schaden zufügt. Ein Hund, der nie gelernt hat, seine Zähne kontrolliert einzusetzen, kann schnell gefährlich werden.

Dies ist besonders relevant in Haushalten mit Kindern oder Personen, die krankheitsbedingt eine schlechte Wundheilung haben oder Blutverdünner einnehmen. Hundehalter sollten daher großen Wert darauf legen, von Beginn an mit ihrem Welpen an der Entwicklung einer Beißhemmung zu arbeiten.

Warum ist die Beißhemmung so wichtig?

Die Beißhemmung spielt eine zentrale Rolle im sicheren und friedlichen Zusammenleben von Hund und Mensch sowie im Umgang mit anderen Hunden. Ohne eine gut entwickelte Beißhemmung kann ein Hund sowohl im Spiel als auch in Stresssituationen unkontrolliert zubeißen und ernsthafte Verletzungen verursachen.

Eine adäquate Beißhemmung ermöglicht es dem Hund, die Intensität seines Bisses der jeweiligen Situation anzupassen, was besonders im Umgang mit Kindern und älteren Menschen von großer Bedeutung ist. Auch im Umgang mit Artgenossen kann ein Mangel an Beißhemmung dazu führen, dass aus einem harmlosen Spiel plötzlich Ernst wird.

Wann und wie lernen Hunde die Beißhemmung?

Das Erlernen der Beißhemmung beginnt bereits in der Welpenzeit, etwa ab der 4. Lebenswoche. Zu diesem Zeitpunkt beginnen Welpen, mobil zu werden und miteinander sowie mit ihrer Mutter zu spielen. Während dieser Spiele lernen die Welpen, dass zu festes Beißen negative Reaktionen hervorruft, wie Quieken oder das Beenden des Spiels durch die Geschwister oder die Mutter.

Diese Phase ist entscheidend: Welpen erfahren, dass zu festes Beißen unerwünschte Konsequenzen hat, und sie beginnen, die Stärke ihres Bisses zu regulieren. Eine erfahrene Mutterhündin spielt hierbei eine zentrale Rolle, indem sie ihre Welpen angemessen erzieht und ihnen die Grenzen ihres Verhaltens aufzeigt.

Problematisch wird es, wenn eine Mutterhündin, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage ist, ihre Welpen angemessen zu erziehen. In solchen Fällen kann es sein, dass die Welpen keine oder nur unzureichende Beißhemmung entwickeln, was später schwerer zu korrigieren ist.

Beißhemmung gegenüber Menschen

Das Einüben der Beißhemmung gegenüber Menschen sollte idealerweise bereits beim Züchter beginnen. Wenn Welpen sich gegenüber Menschen ständig völlig ungehemmt verhalten, ist dies ein Warnzeichen dafür, dass der Züchter möglicherweise nicht genügend sozial und erzieherisch eingebracht ist.

Ein verantwortungsvoller Züchter wird:

  • Den Welpen mitteilen, wenn sie zu heftig zubeißen.
  • Die Welpen an notwendige Maßnahmen wie Ohren-, Augen- und Maulkontrollen gewöhnen.
  • Die Welpen an verschiedene Geräusche, Untergründe und Menschentypen heranführen.
  • Die ersten Schritte zur Stubenreinheit einleiten.
  • Die Welpenkäufer entsprechend ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen beraten und den passenden Welpen auswählen.

Ein erfahrener Züchter weiß, welche Probleme eine mangelhafte Beißhemmung später verursachen kann, und wird alles tun, um diese zu verhindern.

Was tun, wenn der Welpe beißt?

  1. Akustisches Abbruchsignal: Gib ein lautes „Aua!“ oder „Nein!“, wenn der Welpe zu fest zubeißt. Dies simuliert das Quieken eines Wurfgeschwisters und signalisiert dem Welpen, dass er zu weit gegangen ist.
  2. Spielabbruch: Beende das Spiel sofort, wenn der Welpe zu doll zubeißt. Dies zeigt ihm, dass sein Verhalten unerwünscht ist und führt dazu, dass er lernt, seine Bisskraft zu kontrollieren.
  3. Alternativen anbieten: Lenke den Welpen auf geeignetes Spielzeug um, damit er lernt, wo und wie er seine Zähne einsetzen darf.
  4. Konsistenz und Geduld: Seid konsequent in der Erziehung. Jeder in der Familie sollte die gleichen Regeln befolgen, um den Welpen nicht zu verwirren.

Wann sollte die Beißhemmung abgeschlossen sein?

Mit spätestens 18 Wochen sollte die Beißhemmung abgeschlossen sein. Die Zeit zwischen der 4. und 18. Lebenswoche ist entscheidend, um die Beißhemmung zu trainieren. Je früher und konsequenter du mit dem Training beginnst, desto sicherer wird dein Hund seine Bisskraft kontrollieren können.

Es ist wichtig zu beachten, dass auch nach dieser Zeit gelegentliches Zwicken im Spiel vorkommen kann. Dies ist normal, und du musst deinen Welpen weiterhin daran erinnern, vorsichtig zu sein.

Herausforderungen bei der Beißhemmung

Die wilden 5 Minuten: Viele Welpen haben abends eine Phase, in der sie aufdrehen und scheinbar unkontrolliert beißen. Diese kurzen „Aussetzer“ sind normal, können aber ein Zeichen von Übermüdung oder Reizüberflutung sein. In solchen Momenten ist es wichtig, den Welpen zur Ruhe zu bringen und nicht weiter zu überfordern.

Stress und Überreizung: Ein übermüdeter oder gestresster Welpe kann Schwierigkeiten haben, die Beißhemmung zu kontrollieren. Achte darauf, dass dein Welpe genügend Ruhepausen hat und nicht durch zu viele neue Eindrücke überfordert wird.

Kauartikel zur Entspannung: Biete deinem Welpen regelmäßig passende Kauartikel an, um sein Kaubedürfnis zu stillen. Kauen baut Stress ab und hilft dem Welpen, sich zu entspannen.

Welpe schnappt Hose

Viel gesagte Ratschläge & Tipps zum Training der Beißhemmung

Zurückzwicken als Korrektur

Du ahmst das Verhalten von Wurfgeschwistern nach, indem du sanft und mit angemessener Intensität zurückkneifst, wenn der Welpe zu fest zubeißt.

  • Vorteil: Bei korrekter Durchführung lernt der Welpe schnell, seine Bisskraft zu kontrollieren.
  • Nachteil: Wenn das Timing oder die Intensität nicht stimmen, könnte der Welpe entweder aufgeregter werden oder verängstigt reagieren. Auch verstehen wir als Menschen die Kommunikation der Hunde nicht. Ein Fehler ist dabei also sehr schnell gemacht und führt eher zu weiteren Problemen.

Kurzzeitige Auszeit

Bei zu heftigem Beißen nimmst du den Welpen aus der Situation und gibst ihm eine kurze Pause in einem separaten Raum oder seiner Box.

  • Vorteil: Du kannst das Verhalten ohne körperliche Strafe unterbrechen.
  • Nachteil: Wenn der Welpe dies als Spiel sieht und dir ausweicht, könnte er das Beißen sogar verstärken.

Ignorieren des Verhaltens

Du tust so, als ob das Beißen keine Reaktion hervorruft, und ignorierst den Welpen.

  • Vorteil: In einigen Fällen kann dies funktionieren, indem der Welpe merkt, dass er keine Aufmerksamkeit bekommt.
  • Nachteil: Bei manchen Welpen oder bestimmten Rassen kann das Ignorieren das Verhalten verschlimmern, da das Beißen selbstbelohnend wirkt.

Ablenkung mit Spielzeug oder Futter

Du lenkst den Welpen durch Spielzeug oder ein Futterstück ab, wenn er anfängt zu beißen.

  • Vorteil: Du kannst das unerwünschte Verhalten schnell umlenken.
  • Nachteil: Es besteht die Gefahr, dass der Welpe das Beißen mit einer Belohnung verknüpft, was das Verhalten verstärken könnte.

„Aua“-Rufen als Schmerzsignal

Du rufst laut „Aua“ oder gibst ein anderes Schmerzsignal, um dem Welpen zu zeigen, dass er zu fest zubeißt.

  • Vorteil: Dies ahmt die Reaktion eines Wurfgeschwisters nach und kann dem Welpen zeigen, dass er zu weit gegangen ist.
  • Nachteil: Einige Welpen reagieren darauf nicht oder werden sogar aufgeregter.

Bei uns war es immer der einfachste und beste Weg. Sobald die Zähne die Haut etwas zu fest berührten einfach ein leichtes “Aua”, die Hand weggenommen und mit der anderen Hand traurig gehalten. Die Welpen mussten immer genau schauen, was den jetzt dass Problem ist und nach wenigen malen der Wiederholung haben sie es verstanden.

Den Raum verlassen

Du verlässt sofort den Raum, wenn der Welpe zu fest zubeißt, um das Spiel zu unterbrechen.

  • Vorteil: Der Welpe lernt, dass zu festes Beißen das Ende des Spiels bedeutet.
  • Nachteil: Wenn dies unsicher oder hektisch durchgeführt wird, kann es den Welpen verwirren oder ihm eine falsche Botschaft senden.

Schnauzengriff anwenden

Du ahmst das Verhalten der Mutterhündin nach, indem du vorsichtig die Schnauze des Welpen umfasst, um ihn zu korrigieren.

  • Vorteil: Bei richtiger Anwendung kann der Welpe schnell lernen, seine Bisskraft zu zügeln.
  • Nachteil: Diese Methode erfordert ein gutes Timing und eine passende Intensität, sonst könnte der Welpe verängstigt oder aufgeregt werden.

Davon würden wir aber wirklich abraten. Die wenigsten Menschen können das genaue Timing und die benötigte, dosierte Kraft einsetzen. Meist entstehen eher noch mehr Probleme daraus.

Wasserspritze oder Geräuschunterbrechung

Du setzt einen Spritzer aus der Wasserpistole oder eine scheppernde Dose ein, um den Welpen bei übermäßigem Beißen zu unterbrechen.

  • Vorteil: Dies kann effektiv sein, um das Verhalten sofort zu stoppen.
  • Nachteil: Diese Methode birgt das Risiko, den Welpen geräuschempfindlich oder ängstlich zu machen, wenn sie nicht sorgfältig angewendet wird.

Auch davon würden wir abraten.

Körpersprache und tiefe Stimme

Du nutzt eine tiefe Stimme und eine vorwärtsgerichtete Körperhaltung, um dem Welpen zu signalisieren, dass sein Verhalten unerwünscht ist.

  • Vorteil: Diese Methode ist natürlich und kann, wenn sie richtig angewendet wird, sehr effektiv sein.
  • Nachteil: Viele Hundebesitzer müssen erst lernen, ihre Körpersprache und Stimme gezielt einzusetzen.

Hände und Beine zurückziehen und abdrehen

Du drehst dich vom Welpen weg und ziehst Hände und Beine zurück, wenn er beißt, um ihn ins Leere laufen zu lassen.

  • Vorteil: Diese Methode kann dem Welpen signalisieren, dass sein Verhalten unerwünscht ist, wenn sie mit Autorität durchgeführt wird.
  • Nachteil: Wenn dies nervös oder hektisch geschieht, könnte der Welpe das als Spiel wahrnehmen und das Beißen verstärken.

Dobermann Junghund-Welpe schläft

Die Rolle von Ruhe und Stressmanagement beim Erlernen der Beißhemmung

Um eine effektive Beißhemmung bei deinem Welpen zu entwickeln, ist es wichtig, die Lernbedingungen so anzupassen, dass er in der Lage ist, das Gewünschte zu lernen. Ein übermäßig hohes Stressniveau kann diesen Lernprozess erheblich beeinträchtigen. Welpen müssen neben der Beißhemmung auch Fähigkeiten wie Impulskontrolle und Frustrationstoleranz entwickeln. Wenn ein Welpe aufgrund von Reizüberflutung und fehlenden Ruhepausen gestresst oder überfordert ist, wird er eher zu impulsiven und unkontrollierten Bissen neigen.

Da Welpen in den ersten Wochen ihres Lebens ständig neuen Eindrücken ausgesetzt sind, benötigen sie viel Ruhe, um diese Erfahrungen zu verarbeiten. Ruhepausen von bis zu 18 bis 20 Stunden am Tag sind keine Seltenheit und notwendig, damit das Gehirn des Welpen sich strukturiert und das Gelernte verarbeitet. Ohne ausreichende Ruhephasen kann es zu Übermüdung kommen, die sich in launischem und aggressivem Verhalten äußert – ein Zustand, in dem die Beißhemmung nicht effektiv trainiert werden kann.

Dreht dein Welpe durch Überforderung oder Reizüberflutung auf, ist es an der Zeit, ihm eine Auszeit zu geben und für eine ruhige Umgebung zu sorgen. Während dieser Ruhephasen sollten auch Kinder respektieren, dass der Welpe nicht gestört wird.

Ein weiteres Hilfsmittel im Umgang mit der Beißhemmung ist das Angebot passender Kauartikel. Diese ermöglichen es dem Welpen, sein Kaubedürfnis zu befriedigen und bauen Stress ab, was wiederum dazu beiträgt, dass er weniger Grund hat, sich an den Menschen „abzuarbeiten“. Achte darauf, dass die Kauartikel geeignet sind und die Zähne des Welpen nicht beschädigen.

Zusammengefasst: Ein überforderter und gestresster Welpe benötigt keine zusätzlichen Trainingslektionen zur Beißhemmung, sondern mehr Ruhe und geeignete Kaumöglichkeiten.

Fazit

Die Beißhemmung ist eine grundlegende Fähigkeit, die jeder Hund erlernen muss, um sicher und friedlich mit Menschen und anderen Tieren zu interagieren. Durch gezieltes Training, klare Kommunikation und positive Verstärkung kannst du deinem Welpen helfen, seine Bisskraft zu kontrollieren und so zu einem gut erzogenen und verlässlichen Begleiter heranzuwachsen.

Zögere nicht, bei Problemen Hilfe von einem erfahrenen Züchter oder einem professionellen Hundetrainer in Anspruch zu nehmen. Mit der richtigen Unterstützung und Geduld wirst du die Beißhemmung erfolgreich trainieren und deinem Hund die bestmögliche Grundlage für ein harmonisches Zusammenleben bieten.

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