Halti, Bei-Fuss-Trainer, Gentle Leader: Unter diesen oder anderen Namen taucht immer wieder das Kopfgeschirr für Hunde auf. Während einige darauf schwören, verteufeln andere das Halti als Folterinstrument, das vom Tierschutz geächtet werden sollte. Wie bei vielen Diskussionen rund um den Hund gibt es auch hier eine „Grauzone“, die man vielleicht genauer betrachten sollte. Soviel vorab: Wir haben bei unseren Hunden noch nie ein Halti eingesetzt, weil wir glauben, dass es viele bessere und vor allem schmerzfreie Lösungen gibt, unsere Hunde zum Mitmachen zu bewegen. Aber das betrifft uns und unsere Hunde, bei anderen Mensch-Hund-Gespannen sieht der Alltag sicher anders aus. Und – im Gegensatz zu Stachelhalsbändern oder Reizstromgeräten – ist das Halti in Deutschland, Österreich und der Schweiz erlaubt und wird im Handel frei verkauft und beworben. Deshalb wollen wir uns hier kurz mit dem Thema beschäftigen.

Wirkungsweise eines Halti

Das Halti ist ein klassisches sogenanntes Kopfhalfter, das häufig auch bei grossen Tieren wie Pferden, Eseln oder Kühen eingesetzt wird. Dieses Halfter übt den Druck vornehmlich auf den Bereich der Hundeschnauze aus, einen Bereich, der bei allen Hunden enorm sensibel ist. Durch den Druck auf die Schnauze ist der Hund gezwungen, seinen Kopf in eine Richtung zu bewegen, damit er dem Schmerz ausweicht. Dieses Vorgehen soll seine Aufmerksamkeit auf den Halter lenken oder unerwünschtes Verhalten korrigieren. Dabei werden gewaltige Hebelkräfte eingesetzt, das heisst, eine kleine Bewegung mit der Hand führt zu einem starken Impuls an der Schnauze und im Hals/Nackenbereich des Hundes.

Aufgrund seiner physikalischen Wirkungsweise ist das Halti also eher ein massives Instrument, darüber sollte man sich vor dem Einsatz im Klaren sein.

Das sagen Tierärzte

„Ein solches Instrument gehört ausschliesslich in erfahrene Hände und sollte nie ohne entsprechende Anleitung eingesetzt werden“. Gerade bei jungen Hunden, deren Nackenmuskulatur noch nicht komplett ausgebildet ist, wirkt es auch immer auf den sensiblen Hals- und Nackenbereich und kann bei falscher Anwendung zu massiven Schäden an der Halswirbelsäule führen. Das eigentliche Führen des Hundes muss daher immer an Geschirr oder Halsband geschehen, das Halti muss getrennt davon mit der anderen Hand benutzt werden. Dabei muss die Führleine wirklich kurz sein. Wenn der Hund an einer langen Leine anläuft und durch das Halti gestoppt wird, sind schlimmste Verletzungen bis zum Genickbruch möglich.

Halti: Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Einfache Handhabung: Das Halti lässt sich spielend einfach am Kopf des Hundes anlegen. Der Erfolg ist direkt spürbar, weil sich der Hund mit deutlich weniger Kraftaufwand an der Leine führen lässt.
  • Leichtes Führen des Hundes: Der Führpunkt liegt unterhalb der Hundeschnauze und ermöglicht es, die Blickrichtung des Hundes zu beeinflussen. Dies kann helfen, das Erregungslevel des Hundes in Konfliktsituationen zu senken und Richtungswechsel einzuleiten.

Nachteile:

  • Kein Maulkorbersatz: Das Halti bietet keinen Schutz vor Hundebissen und darf niemals als Maulkorbersatz verwendet werden.
  • Gesundheitliche Schäden: Bei unsachgemässer Anwendung kann das Halti zu Verspannungen und Schäden an der Halswirbelsäule führen. Besonders ruckartige Bewegungen an der Leine können erhebliche Verletzungen verursachen.
  • Kommunikationsprobleme: Unruhiges Gezuppel und Ziehen an der Leine können den Hund überfordern und die Kommunikation über das Halti beeinträchtigen.
  • Psychische Auswirkungen: Bei unsachgemässer Nutzung kann der Hund einen stark unterwürfigen Eindruck machen, sein natürliches Verhalten verlieren und gestresst oder gehemmt wirken.

Die richtige Anwendung des Halti

Die Nutzung des Halti sollte niemals die erste Wahl im Training sein. Es ist wichtig, dass man sich die richtige Anwendung von einem Trainer oder anderweitig qualifizierten Person erklären und zeigen lässt. Bei der falschen Nutzung kann viel schief gehen und der Versuch, etwas zu verbessern, kann böse nach hinten losgehen.

Beim Training mit einem Profi lernt man, wann, wie und in welchen Fällen das Halti benutzt werden kann. Beispielsweise in Kombination mit einem Stimmsignal und Zug an der kurzen Leine. Generell gilt, dass man den Hund nie nur am Halti führen sollte. Man sollte parallel immer Halsband oder Geschirr verwenden, dazu im Idealfall zwei separate Leinen für die beiden „Hilfsmittel“. Wichtig ist jedoch, dass das Ziehen des Hundes immer über die Führleine und das Geschirr/Halsband abgefangen wird, niemals durch das Halti.

Wichtige Punkte zur Nutzung des Halti

  • Eingewöhnung: Den Hund stressfrei und mit viel positiver Bestätigung an das Kopfhalfter gewöhnen.
  • Korrekte Anwendung: Niemals das Halti von Anfang an in Eigenregie anwenden. Regelmässige Trainingseinheiten mit einem Profi sind wichtig.
  • Kein Ersatz für Erziehung: Das Halti sollte nicht als Lösung „für Faule“ betrachtet werden. Es ist nur ein Sicherungsmittel und ersetzt keine vernünftige Erziehung.
  • Vermeidung von Verletzungen: Der Hund darf nie nur am Halti geführt werden. Immer parallel Halsband oder Geschirr verwenden.
  • Keine Dauerlösung: Das Halti sollte nur zeitweise und nicht dauerhaft genutzt werden. Das langfristige Ziel ist, das Verhalten des Hundes durch Training zu verbessern, so dass das Halti unnötig wird.

Unser Halti-Fazit

Für uns persönlich ist ein Halti keine Option. Wenn ihr es bei gravierendem Verhalten (beispielsweise Aggression) und nach intensiver Rücksprache mit erfahrenen Hundetrainern dennoch als letzte Möglichkeit einsetzen wollt oder müsst, gilt es einige Punkte zwingend zu beachten:

  • Der Impuls auf den Kopf- und Halsbereich ist extrem intensiv, deshalb darf am Halti nie geruckt oder gezerrt werden.
  • Die eigentliche Führung des Hundes muss über Geschirr oder Halsband erfolgen.
  • Halti und Geschirr/Halsband müssen mit unterschiedlichen Händen geführt werden.
  • Vor der Benutzung solltet ihr euch intensiv von erfahrenen Profis über Wirkung und Anwendung informieren lassen.
  • Das Halti sollte nie dauerhaft genutzt werden.
  • Aus unserer Sicht verbietet sich das Halti bei jungen Hunden generell.
  • Das Halti muss dem Hund genug Platz lassen fürs Saufen, Schnuppern und Hecheln.

Der Einsatz von Hilfsmitteln wie dem Halti sollte niemals die erste Wahl sein. Eine solide und gewaltfreie Erziehung, basierend auf Vertrauen und Respekt, ist der Schlüssel zu einem harmonischen Miteinander. Wenn du Unterstützung bei der Erziehung deines Hundes brauchst, suche dir einen kompetenten Hundetrainer, der dich und deinen Hund auf diesem Weg begleitet. Nur so kannst du sicherstellen, dass dein Hund glücklich und gesund bleibt.

Der Beitrag "Halti – Ja oder Nein?"