Der Puli ist vor allem durch sein auffälliges Schnürfell bekannt, das wie ein lebendiger Teppich über seinem Körper hängt. Auf den ersten Blick wirkt er verspielt, robust und pflegeleicht – doch die Pflege dieses dichten, verfilzten Fells kann bei einigen Hunden zu grossem Aufwand führen, und extreme Zuchtlinien mit überlangem oder ungleichmässig verfilztem Fell bergen Risiken für Haut, Beweglichkeit und Wohlbefinden.
In der Beitragsserie «Qualzucht oder nicht?» werfen wir einen genauen Blick auf einzelne Hunderassen: Wie sah die Rasse ursprünglich aus? Welche Merkmale gelten heute als Qualzucht? Und gibt es überhaupt noch gesunde Vertreter dieser Rasse – oder ist sie inzwischen untrennbar mit gesundheitlichen Problemen verbunden?
Entstehung und Geschichte der Rasse
Der Puli ist eine der ältesten ungarischen Hütehundrassen und stammt ursprünglich aus den Steppen Mitteleuropas. Historische Quellen und Zeichnungen belegen, dass der Puli schon seit Jahrhunderten als Arbeitshund eingesetzt wurde. Sein ursprünglicher Zweck war die Bewachung von Viehherden, insbesondere Schafen, sowie der Schutz von Hof und Haus. Mit seiner Wendigkeit, Schnelligkeit und ausgeprägten Herdentrieb-Fähigkeit war der Puli ein unverzichtbarer Helfer der Hirten in Ungarn und den angrenzenden Regionen.
Das heute bekannte Erscheinungsbild mit den charakteristischen „Cords“ – den langen, verfilzten Haarsträngen – entwickelte sich über die Jahrhunderte aus funktionalen Gründen. Das dichte, stark verfilzte Fell schützte die Hunde in der rauen Steppe vor Kälte, Regen und Dornen. Es war robust und pflegeleicht, solange der Hund als Arbeitstier lebte und sich regelmässig bewegte, buddelte oder durch Herdenarbeit aktiv war.
Im 19. und 20. Jahrhundert, insbesondere durch die Zucht für Ausstellungen, rückten die optischen Merkmale stärker in den Vordergrund. Hunde mit besonders langen, gleichmässigen Cords oder auffälligen Farbkombinationen wurden bevorzugt. In einigen Zuchtlinien wurde in dem Zuge weniger auf Arbeitsfähigkeit und Gesundheit geachtet, sondern mehr auf das ästhetische Ideal des „perfekten Schnürhundes“.
Die Rasse heute
Der Puli ist ein mittelgrosser, kompakter Hund mit muskulösem, wendigem Körperbau. Die Schulterhöhe liegt typischerweise zwischen 40 und 45 cm, das Gewicht bei etwa 12 bis 15 kg. Charakteristisch sind seine beweglichen Gliedmassen, die hohe Energie und Wendigkeit ermöglichen – ideal für die Arbeit mit Viehherden.
Am auffälligsten ist das Schnürfell, das den ganzen Körper bedeckt. Es bildet lange, dichte Stränge, die sich zu sogenannten „Cords“ verfilzen. Das Fell kann in verschiedenen Farbtönen auftreten, am häufigsten in Schwarz, seltener in Grau, Weiss oder Fahl. Diese Fellstruktur hat historische Wurzeln: Sie schützte den Hund auf den ungarischen Steppen vor Wetter, Dornen und Insekten.
Aus tierschutzrelevanter Sicht können die Cords problematisch werden, wenn sie extrem lang werden oder unregelmässig verfilzt sind. Zu lange oder schlecht gepflegte Stränge erhöhen das Risiko von Hautreizungen, Druckstellen, Parasitenbefall oder Bewegungseinschränkungen.
Häufige gesundheitliche Probleme
Die Haltung eines Pulis bedeutet vor allem Pflegeaufwand fürs Fell: Die Cords müssen regelmässig kontrolliert, getrennt und gereinigt werden. Ungepflegte Cords können zu unangenehmem Geruch, Hautproblemen und Bewegungseinschränkungen führen.
Ansonsten ist der Puli ein lebhafter, intelligenter Hund, der täglich ausreichend Bewegung, mentale Beschäftigung und Sozialkontakte braucht. Ohne geeignete Auslastung kann er unruhig oder destruktiv werden – ein Hinweis darauf, dass auch die psychische Gesundheit bei dieser Rasse ein Thema ist, insbesondere bei reinen Ausstellungslinien, die weniger auf Arbeitsfähigkeit gezüchtet werden.
Hautprobleme
Das dichte, verfilzte Fell kann Feuchtigkeit und Schmutz lange speichern, was Hautreizungen oder Infektionen begünstigt. Besonders bei extrem langen Cords oder mangelnder Pflege können sich Klumpen bilden, die die Haut darunter belasten.
Regelmässiges Trennen der Cords, Baden und Trocknen sind notwendig, um Hautgesundheit und Wohlbefinden zu gewährleisten.
Beweglichkeit und Gelenke
Sehr schwere oder überlange Fellstränge können die Beweglichkeit einschränken. Bei Hunden, die zusätzlich genetisch zu Gelenkproblemen neigen, kann dies zu “doppelter” Belastung führen.
Solche Probleme treten jedoch meist nur in überzüchteten Linien auf, während traditionelle Arbeitslinien eher robust und gelenkig bleiben.
Gibt es gesunde Hunde dieser Rasse?
Zum Glück lautet die Antwort hier ganz klar: Ja! Der Puli gilt insgesamt als robuste und gesunde Rasse – insbesondere im Vergleich zu extrem gezüchteten Schönheitsrassen.
Dennoch hängt das Wohlbefinden der Hunde stark von der Zuchtlinie, Fellpflege und Haltung ab.
Traditionelle Arbeitslinien
In Ungarn und bei Züchtern, die den Puli als Arbeits- oder Gebrauchshund erhalten, sind die Hunde meist gesund, vital und widerstandsfähig. Das Fell ist zwar noch dicht und bildet Cords, diese wachsen aber eher funktional und werden regelmässig beansprucht. Durch Bewegung und Arbeit bleibt die Muskulatur stark, die Gelenke belastbar und die Haut gesund.
Ausstellungslinien
Bei Linien, die stark auf das optische Ideal langer, gleichmässiger Cords gezüchtet werden, treten gelegentlich Probleme auf. Überlange oder ungleichmässig verfilzte Stränge erhöhen das Risiko von Hautreizungen, Infektionen und Bewegungseinschränkungen. Auch psychische Belastungen können entstehen, wenn die Hunde nur wenig Gelegenheit für natürliche Bewegungs- und Arbeitsanforderungen bekommen.
Zuchtkontrollen und Gesundheitsinitiativen
Verantwortungsvolle Züchter achten auf Augenuntersuchungen, Hüftkontrollen und Fellpflegekompetenz. Zudem werden Hunde nur zur Zucht verwendet, wenn sie robust, agil und gesund sind.
Wer einen Puli aus einer solchen Linie auswählt, kann die Chancen auf einen gesunden, langlebigen Hund deutlich erhöhen.
Tipps für Rasse-Interessenten
Wer einen Puli kaufen möchte, sollte sich Zeit für Züchterauswahl und Gesundheitsnachweise nehmen. Vor allem ist es wichtig, dass Fellpflege, Bewegung und mentale Auslastung gewährleistet sind.
Ein Hund aus einer traditionellen, funktionalen Linie hat die besten Voraussetzungen, sowohl körperlich als auch psychisch gesund zu bleiben.
Fazit zum Puli: Qualzucht oder nicht?
Beim Puli zeigt sich deutlich, dass nicht jede auffällige Optik automatisch ein Hinweis auf Qualzucht ist. Zwar wirkt sein zotteliges, zu langen Cords geformtes Fell auf den ersten Blick exotisch, doch ursprünglich diente es einem ganz praktischen Zweck: Es sollte den Hund bei seiner Arbeit als Hirtenhund vor Witterung, Dornen und Bissen schützen.
Problematisch wird es erst dann, wenn Züchter oder Halter das optische Ideal über die Funktionalität stellen – etwa wenn die Cords zu dicht, zu schwer oder zu lang werden, sodass Hautprobleme, Bewegungsbeeinträchtigungen oder Überhitzung drohen. Solche Zuchtformen können durchaus tierschutzrelevant sein, insbesondere wenn die Pflege so aufwendig wird, dass sie für den Hund selbst zur Belastung gerät.
Insgesamt lässt sich der Puli aber nicht als klassische Qualzucht einstufen. Mit verantwortungsvoller Zucht, artgerechter Haltung und regelmässiger Fellpflege bleibt er ein gesunder, robuster und agiler Hund, der seinem Ursprung als temperamentvoller Hütehund gerecht wird.
Entscheidend ist, dass sein charakteristisches Fell nicht zum Selbstzweck wird – sondern seine Lebensqualität unterstützt statt einschränkt.
Weitere Beiträge aus der Serie “Qualzucht oder nicht?”
Auch in anderen Teilen unserer Serie «Qualzucht oder nicht?» zeigen sich spannende Parallelen:
Beim Deutschen Schäferhund etwa stehen – wie beim Puli – die Unterschiede zwischen Arbeits- und Showlinien im Mittelpunkt.
Der Dackel wiederum wurde vom einst wendigen Jagdhund zu einer Rasse mit überzüchteten Körperformen.
Und auch beim Shih Tzu oder Chow-Chow zeigt sich, dass üppiges Fell und extreme Zucht auf Optik schnell zu gesundheitlichen Problemen führen können.



