Der Neufundländer: Qualzucht oder nicht?

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Der Neufundländer ist bekannt für seine imposante Grösse, das dichte Wasserfell und seine sanfte, geduldige Art. Auf den ersten Blick wirkt er robust und nahezu unverwüstlich – doch seine enorme Körpermasse und Zucht auf charakteristische Merkmale können für Gelenke, Herz und allgemeine Gesundheit Belastungen mit sich bringen, die Halterinnen und Halter beachten sollten.

In der Beitragsserie «Qualzucht oder nicht?» werfen wir einen genauen Blick auf einzelne Hunderassen: Wie sah die Rasse ursprünglich aus? Welche Merkmale gelten heute als Qualzucht? Und gibt es überhaupt noch gesunde Vertreter dieser Rasse – oder ist sie inzwischen untrennbar mit gesundheitlichen Problemen verbunden?

Entstehung und Geschichte der Rasse

Der Neufundländer stammt ursprünglich von der kanadischen Insel Neufundland und zählt zu den ältesten Wasserrettungs- und Arbeitshunden der Region. Historische Quellen und Zeichnungen belegen, dass diese Hunde seit Jahrhunderten vor allem als Fischer- und Rettungshunde eingesetzt wurden. Sie halfen dabei, Fischernetze zu ziehen, Boote zu sichern und notfalls Menschen aus dem Wasser zu retten – ihre Kraft, Ausdauer und Schwimmfähigkeit machten sie unverzichtbar für die Küstenbewohner.

Der ursprüngliche Typ war robust, kräftig gebaut und mit dichtem, wasserabweisendem Fell ausgestattet, das den extremen Wetterbedingungen auf der Nordatlantikinsel trotzen konnte. Funktionalität und Gesundheit standen bei der Zucht im Vordergrund, nicht das Aussehen.

Mit zunehmender Popularität in Europa und Nordamerika rückten im 19. und 20. Jahrhundert die optischen Merkmale stärker in den Vordergrund. Ausstellungslinien bevorzugten besonders grosse, massige Tiere mit auffälligem Fell und markantem Kopf.

Zwar blieben viele Linien funktional, doch in einigen Zuchtkreisen wurden Aspekte wie Beweglichkeit, Gelenkgesundheit und Herzstärke zugunsten eines imposanten Erscheinungsbildes vernachlässigt.

Die Rasse heute

Der Neufundländer ist eine massive, kraftvolle Hunderasse mit imposanter Erscheinung. Rüden erreichen typischerweise eine Schulterhöhe von 71–76 cm, Hündinnen 66–71 cm, das Gewicht liegt meist zwischen 50 und 70 kg. Der Körperbau ist stark, muskulös und gleichzeitig elegant proportioniert, um Beweglichkeit und Schwimmfähigkeit zu gewährleisten.

Besonders auffällig ist das dichte, wasserabweisende Fell, das in Schwarz, Braun, Grau oder seltener in Weiss-Schwarz vorkommt. Unter dem langen Deckhaar liegt eine weiche Unterwolle, die den Hund vor Kälte schützt. Die charakteristische Mähne am Hals und die buschigen Rute geben ihm ein majestätisches Erscheinungsbild.

Heute existieren verschiedene Zuchtlinien, die teils auf Arbeit, teils auf Show ausgerichtet sind. Traditionelle Arbeitslinien in Kanada oder Skandinavien sind meist robuster und gesünder, während manche Ausstellungslinien anfälliger für Gelenk-, Herz- oder Fellprobleme sind.

Häufige gesundheitliche Probleme

Ein Neufundländer benötigt viel Platz, Bewegung und Pflege. Die Fellpflege ist aufwendig, da Unterwolle und Deckhaar regelmässig kontrolliert und gebürstet werden müssen. Zudem ist das Gewicht ein Faktor: Viele Alltagsaktivitäten, etwa Treppensteigen, längere Spaziergänge oder Schwimmen, stellen bei Gelenkproblemen eine Herausforderung dar.

Trotzdem bleibt der Neufundländer ein sanftmütiger, lernfähiger und sozialer Hund, der sich gut in Familien integriert – sofern Haltung und Pflege seinem Bedarf angepasst sind.

Gelenke und Beweglichkeit

Aufgrund von Grösse und Gewicht leiden einige Hunde dieser Rasse unter Hüft- und Ellbogendysplasie, Arthrose oder anderen Gelenkproblemen. Dies kann sich in Einschränkungen der Beweglichkeit zeigen und die Lebensqualität deutlich beeinflussen.

Verantwortungsvolle Züchter kontrollieren ihre Zuchttiere mittels Röntgenuntersuchungen, um solche Risiken zu minimieren.

Herz- und Kreislaufprobleme

Ein weiteres Thema ist die Herzanatomie des Neufundländers. Die Rasse ist anfällig für Herzklappenfehler, insbesondere die Mitralklappe betreffend.

Regelmässige tierärztliche Untersuchungen sind daher wichtig, um Probleme frühzeitig zu erkennen.

Haut und Fell

Das dichte Fell schützt vor Kälte und Wasser, verlangt aber auch nach regelmässiger Pflege.

Verfilzungen, feuchte Stellen oder Schmutzansammlungen können zu Hautreizungen führen, besonders in den Bereichen unter der Mähne und an der Unterseite des Körpers.

Gibt es gesunde Hunde dieser Rasse?

Die gute Nachricht: Ja! Trotz der bekannten Belastungen durch Grösse, Gewicht und Fellpflege gilt der Neufundländer als grundsätzlich gesunde Rasse, vor allem, wenn er aus traditionellen Arbeitslinien stammt.

Diese Hunde sind robust, widerstandsfähig und in der Regel weniger anfällig für Gelenk- oder Herzprobleme, da Funktionalität und Einsatzfähigkeit bei der Zucht im Vordergrund standen.

Arbeitslinien vs. Ausstellungslinien

Hunde aus Arbeitslinien sind meist kräftig, muskulös und haben einen stabilen Bewegungsapparat. Ihr Fell ist funktional dicht, aber nicht übermässig lang, was Pflegeaufwand und Hautprobleme reduziert.

Im Gegensatz dazu können einige Showlinien gesundheitliche Einschränkungen aufweisen: Sehr grosse oder massige Tiere werden zunehmend belastet, die Gelenke stärker beansprucht, und das dichte, lange Fell kann zu Hautproblemen führen, wenn es nicht optimal gepflegt wird.

Zuchtkontrollen

Verantwortungsbewusste Züchter achten auf Röntgenkontrollen der Hüfte und Ellbogen, Herzuntersuchungen und Fellgesundheit.

Hunde, die diese Kriterien positiv erfüllen, werden gezielt in die Zucht genommen, um robuste, gesunde Tiere zu erhalten.

Tipps für Rasse-Interessenten

Wer einen Neufundländer sucht, sollte besonders auf folgende Punkte achten:

  • Herkunft aus Linien, die auf Gesundheit und Funktionalität gezüchtet werden.
  • Positive Nachweise über Gelenk- und Herzgesundheit der Elterntiere.
  • Bereitschaft zur regelmässigen Fellpflege und Bewegungsförderung, um Gelenke und Herz-Kreislauf-System zu entlasten.

Mit diesen Massnahmen stehen die Chancen gut, einen Neufundländer zu erwerben, der sowohl körperlich als auch psychisch gesund ist und ein langes, erfülltes Leben führen kann.

Fazit zum Neufundländer: Qualzucht oder nicht?

Der Neufundländer zeigt, dass nicht jede auffällige Eigenschaft automatisch Qualzucht bedeutet. Seine imposante Grösse, das dichte Wasserfell und der kraftvolle Körperbau sind ursprünglich funktional.

Problematisch wird es erst, wenn Zuchtlinien übermässig auf Masse, Kopfgrösse oder überlange Fellstrukturen fokussieren. Solche Übertreibungen erhöhen das Risiko für Gelenkprobleme, Herzbelastung und Hautreizungen. Besonders in Showlinien, in denen das Aussehen über Funktion und Gesundheit gestellt wird, können diese Belastungen auftreten.

Insgesamt lässt sich der Neufundländer nicht als Qualzuchtrasse einstufen. Mit verantwortungsvoller Zucht, kontrollierter Gesundheitsprüfung und artgerechter Haltung bleibt er ein sanftmütiger, robuster Hund, der seinem ursprünglichen Zweck gerecht wird.

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