Der Mastino Napoletano zählt mit seinem massigen Körperbau, den tiefen Hautfalten und dem charakteristischen Gesichtsausdruck zu den Rassen mit besonders markantem Äusseren – doch genau diese Merkmale bringen oft chronische Beschwerden mit sich. In der Beitragsserie «Qualzucht oder nicht?» werfen wir einen genauen Blick auf einzelne Hunderassen: Wie sah die Rasse ursprünglich aus? Welche Merkmale gelten heute als Qualzucht? Und gibt es überhaupt noch gesunde Vertreter dieser Rasse – oder ist sie inzwischen untrennbar mit gesundheitlichen Problemen verbunden?
Entstehung und Geschichte der Rasse
Der Mastino Napoletano, auch Neapolitanischer Mastiff genannt, stammt aus Süditalien, insbesondere aus der Region um Neapel. Die Wurzeln dieser Rasse gehen bis in die Antike zurück, wo seine Vorfahren als Kriegshunde und Wachhunde dienten. Ihr Hauptzweck war der Schutz von Besitz, Anwesen und Menschen vor Eindringlingen oder wilden Tieren.
Der Mastino Napoletano zeichnet sich durch seine imposante Statur und seinen starken Schutztrieb aus, was ihn zu einem klassischen Molosser macht.
Historisch waren Mastinos eher funktional gebaut, mit weniger ausgeprägten Falten und einem längeren Fang. Die heutige Zucht hat den Fokus zunehmend auf optische Merkmale gelegt, die gesundheitlich problematisch sind. So sind etwa Fanglänge und Proportionen oft zugunsten eines massigen, kurzen Kopfes verändert worden, was potenziell zu Atemproblemen und anderen Beschwerden führen kann.
Die Rasse heute
Die moderne Form des Mastino Napoletano wurde im 20. Jahrhundert gezielt “herausgezüchtet”, wobei besonders der massive Körperbau und die charakteristischen Falten im Gesicht betont wurden. Diese auffälligen Hautfalten und die starke Hautfaltenbildung im Kopf- und Halsbereich galten als ästhetische Merkmale, die die beeindruckende Optik des Hundes unterstreichen sollten.
Körperbau und typische Merkmale
Der Mastino Napoletano ist ein grosser, massiger Hund mit einem kraftvollen und muskulösen Körper. Typisch sind:
- Eine breite, tiefe Brust
- Ein massiver Kopf mit sehr vielen, tiefen Hautfalten im Gesicht und am Hals
- Ein kurzer Fang mit herabhängenden Lefzen
- Hängende, oft dunkle Augenlider
- Dicke, lockere Haut
- Kräftige, relativ kurze Beine und ein breiter Rücken
Diese Merkmale verleihen dem Mastino sein charakteristisches, eindrucksvolles Aussehen.
Problematische Merkmale aus Tierschutzsicht
Gerade die ausgeprägten Hautfalten, der kurze Fang und die schlaffen Augenlider gelten als problematisch:
- Hautfalten: In den tiefen Falten sammeln sich Feuchtigkeit, Schmutz und Bakterien, was zu Hautentzündungen und Infektionen führt (Dermatitis).
- Kurzer Fang: Kann zu Atemproblemen führen, da der Atemweg verengt ist (ähnlich wie bei brachycephalen Rassen).
- Hängende Augenlider (Ektropium): Begünstigen Bindehautentzündungen, trockene Augen oder sogar Hornhautverletzungen.
Diese Merkmale sind typische Qualzucht-Kennzeichen, da sie die Lebensqualität der Hunde beeinträchtigen.
Häufige gesundheitliche Probleme der Rasse

Tierärzte berichten, dass Mastinos im Vergleich zu anderen Rassen deutlich häufiger wegen Haut- und Augenproblemen behandelt werden müssen. Studien zur Häufigkeit sind rar, doch die gängige Praxis und Züchterberichte zeigen, dass diese Leiden bei der Rasse verbreitet sind.
- Hautkrankheiten: Chronische Faltenentzündungen (Pyodermie), Pilzinfektionen, wiederkehrende Hautirritationen sind häufig.
- Atemprobleme: Durch den verkürzten Fang kann es zu Atemwegsengpässen kommen, die sich bei Hitze oder Anstrengung verschlimmern.
- Augenleiden: Ektropium (herausgedrehte Augenlider) und Entropium (eingedrehte Augenlider) führen zu Reizungen und Infektionen.
- Gelenkprobleme: Aufgrund des schweren Körperbaus treten Hüft- und Ellbogendysplasien auf, die zu Lahmheit und Schmerzen führen können.
- Herzkrankheiten: Einige Mastinos leiden an Herzmuskelerkrankungen, die vor allem mit zunehmendem Alter problematisch werden.
- Überhitzung: Aufgrund der dicken Haut und des kurzen Fangs haben Mastinos eine eingeschränkte Hitzetoleranz.
Diese gesundheitlichen Herausforderungen führen im Alltag oft zu einem höheren Pflegeaufwand (so müssen z.B. die Hautfalten regelmässig gereinigt werden) und vergleichsweise hohen Tierarztkosten.
Gibt es gesunde Hunde dieser Rasse?
Es gibt durchaus Züchter, die versuchen, Mastinos mit weniger extremen Falten und längeren Fängen zu züchten. Alte Arbeitslinien, die mehr auf Funktionalität als auf Optik setzen, sind deutlich robuster und weniger anfällig für die typischen Leiden.
Erkennungsmerkmale gesunder Vertreter
Interessierte sollten auf folgende Punkte achten:
- Deutlich längerer Fang, der die Atmung erleichtert
- Weniger tiefe oder breite Hautfalten im Gesicht
- Keine übermässig hängenden Augenlider
- Gesundheitsnachweise zu Hüfte, Ellbogen, Augen und Herz
Bei der Züchterwahl ist es entscheidend, dass diese auf Gesundheitstests achten und die Zucht nicht nur nach ästhetischen Gesichtspunkten ausrichten.
Fazit zum Mastino Napoletano: Qualzucht oder nicht?
Der Mastino Napoletano ist zweifellos eine imposante und beeindruckende Rasse mit einer langen Geschichte als Wachhund. Leider ist er heute häufig von Qualzuchtmerkmalen geprägt, die seine Gesundheit und Lebensqualität einschränken. Die tiefen Hautfalten, der kurze Fang und die schlaffen Augenlider führen zu zahlreichen chronischen Erkrankungen, die für den Hund belastend sind.
Aus Sicht des Tierschutzes kann man den Mastino Napoletano daher als Rasse mit Qualzuchtmerkmalen einstufen.
Es gibt jedoch Hoffnung: Gesündere Zuchtlinien und eine Rückbesinnung auf funktionale Merkmale könnten diese Problematik reduzieren. Für Liebhaber dieser Rasse ist es wichtig, verantwortungsvoll zu züchten und gesunde Exemplare zu fördern.



