Die Pseudogravidität (auch Scheinschwangerschaft genannt) ist ein hormonell bedingter Zustand, der bei Hündinnen nach der Läufigkeit auftreten kann, obwohl keine Befruchtung und Trächtigkeit stattgefunden hat. Sie ist ein häufiges, physiologisches Phänomen, das mit körperlichen und verhaltensbedingten Veränderungen verbunden ist. Während leichte Formen meist harmlos sind, können ausgeprägte Symptome eine tierärztliche Behandlung erforderlich machen.
Ursachen
Die Pseudogravidität entsteht durch hormonelle Veränderungen im Fortpflanzungszyklus der Hündin:
- Nach dem Eisprung bildet sich im Eierstock ein Corpus luteum, das Progesteron produziert – unabhängig davon, ob eine Befruchtung erfolgt ist.
- Nach etwa 9 Wochen fällt der Progesteronspiegel wieder ab.
- Gleichzeitig steigt der Prolaktinspiegel, was bei manchen Hündinnen die typischen Symptome einer Trächtigkeit und Laktation auslöst.
Evolutionär wird die Pseudogravidität als Vorteil gedeutet: In Wolfsrudeln konnten nichttragende Hündinnen durch Milchbildung die Welpen anderer mitversorgen.
Symptome
Körperliche Symptome
- Anschwellen der Milchdrüsen
- Milchproduktion
- leichte Gewichtszunahme
- Bauchvergrößerung (seltener)
Verhaltenssymptome
- Nestbauverhalten (Graben, Scharren, Rückzug)
- „Adoptieren“ von Spielzeug oder Gegenständen als „Welpen“
- Ruhelosigkeit oder vermehrtes Schlafen
- Übertriebene Fürsorge oder Aggressivität beim Schutz des „Nestes“
Die Symptome treten meist 4–9 Wochen nach der Läufigkeit auf und können von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen anhalten.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch klinische Untersuchung und Ausschluss einer echten Trächtigkeit (Ultraschall, ggf. Röntgen). Typisch ist der zeitliche Zusammenhang mit der Läufigkeit.
Behandlung
Leichte Fälle
- Meist ist keine Therapie notwendig, die Symptome klingen nach 2–3 Wochen von selbst ab.
- Spielzeuge oder Objekte, die als „Welpen“ dienen, entfernen.
- Stimulation der Milchdrüsen vermeiden (kein Streicheln oder Ausdrücken der Milch).
Schwere Fälle
- Dopamin-Agonisten (z. B. Cabergolin): senken den Prolaktinspiegel und beenden die Symptome.
- Entzündungshemmer und Schmerzmittel bei starker Schwellung der Milchdrüsen.
- Antibiotika im Falle einer Mastitis (Milchdrüsenentzündung).
Vorbeugung
- Die einzige sichere Prävention wiederkehrender Pseudogravidität ist die Kastration (Ovariektomie oder Ovariohysterektomie).
- Besonders bei Hündinnen mit häufig wiederkehrender oder sehr ausgeprägter Pseudogravidität wird dies empfohlen.
Bedeutung im Alltag
Für Hundehalter:innen kann eine Pseudogravidität belastend sein, da sie mit deutlichen Verhaltensänderungen verbunden sein kann. Gleichzeitig ist sie in vielen Fällen ein normaler Teil des Zyklus und erfordert keine Behandlung. Wichtig ist die Abgrenzung zu echten Erkrankungen wie Mammatumoren oder Pyometra (Gebärmutterentzündung), die ähnliche Symptome hervorrufen können.



