Trennungsstress bezeichnet beim Hund eine Form von Angst- oder Stressreaktion, die auftritt, wenn das Tier allein gelassen wird oder sich von seiner Bezugsperson getrennt fühlt. Je nach Ausprägung spricht man von Trennungsangst (pathologisch, klinisch relevant) oder Trennungsstress (mildere Form, situationsabhängig).

Ursachen

Die Entstehung von Trennungsstress ist multifaktoriell:

  • Bindung & Sozialisierung: Hunde sind hoch soziale Tiere. Fehlende Gewöhnung an das Alleinsein im Welpenalter kann Probleme begünstigen.
  • Erfahrungen: Traumatische Erlebnisse (Tierheim, Wechsel der Bezugsperson, Verlust) können Ängste verstärken.
  • Genetik & Persönlichkeit: Besonders sensible oder anhängliche Hunde zeigen häufiger Trennungsstress.
  • Lernprozesse: Wenn Alleinsein wiederholt mit Angst, Langeweile oder negativen Ereignissen verknüpft wird, verstärkt sich das Verhalten.

Symptome

Trennungsstress äussert sich individuell unterschiedlich, häufig in Kombination mehrerer Anzeichen:

  • Vokalisation: Heulen, Bellen, Jaulen nach dem Verlassen.
  • Destruktives Verhalten: Türen oder Möbel zerkratzen, Dinge zerstören.
  • Unsauberkeit: Urin- oder Kotabsatz in Abwesenheit, obwohl stubenrein.
  • Hyperaktivität & Ruhelosigkeit: Umherlaufen, Kratzen, Speicheln.
  • Körperliche Stresszeichen: Hecheln, Zittern, erhöhte Herzfrequenz.
  • Übermässige Begrüssung: Intensives Anspringen oder Anhänglichkeit beim Wiederkommen.

Diagnose

Eine Diagnose sollte durch Tierärzt:innen oder Verhaltenstherapeut:innen gestellt werden, um medizinische Ursachen (z. B. Harnwegsprobleme, neurologische Erkrankungen) auszuschliessen.

  • Anamnese: Detaillierte Befragung der Halter:innen.
  • Videoanalyse: Aufzeichnungen des Hundes während des Alleinseins liefern objektive Informationen.
  • Verhaltensbeobachtung: Erfassung von Auslösern, Intensität und Dauer.

Behandlung

Training

  • Schrittweise Gewöhnung: Alleinsein wird in sehr kleinen Einheiten trainiert, die nur so lange dauern, wie der Hund ruhig bleibt.
  • Ritualisierte Abläufe: Feste Verabschiedungen vermeiden, stattdessen neutrale Routinen.
  • Gegenkonditionierung: Positives Verknüpfen des Alleinseins mit angenehmen Reizen (z. B. Futterspielzeuge).
  • Selbstständigkeit fördern: Hund lernt, auch in Anwesenheit des Menschen für kurze Zeit allein an einem Platz zu bleiben.

Management

  • Auslastung vor dem Alleinsein: Körperliche und mentale Beschäftigung senkt das Stresslevel.
  • Sichere Umgebung: Fester Rückzugsort, bekannte Gerüche und beruhigende Reize (Radio, Duftstoffe).
  • Hunde-Betreuung: Dog-Sitter oder Hundetagesstätte als Übergangslösung.

Medikamentöse Unterstützung

In schweren Fällen können Tierärzt:innen angstlösende Medikamente (z. B. SSRI, Clomipramin) oder Ergänzungspräparate einsetzen – immer kombiniert mit Training.

Prognose

Mit konsequentem Training verbessert sich Trennungsstress in den meisten Fällen deutlich. Erfolgsfaktoren sind:

  • Geduld und Konsequenz der Halter:innen
  • Frühe Intervention
  • Professionelle Unterstützung durch Verhaltenstherapie

Ohne gezielte Behandlung können sich Symptome chronifizieren und das Wohlbefinden von Hund und Mensch erheblich beeinträchtigen.

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