Wer mit Hund und Kindern unter einem Dach lebt, kennt die besonderen Momente: wenn der Hund dem Kind auf Schritt und Tritt folgt, sich zu ihm legt oder ganz genau beobachtet, was es tut. Oft wird das als süss oder instinktiv abgetan – doch eine neue Studie zeigt, dass viel mehr dahintersteckt. Wissenschaftler der Oregon State University haben untersucht, wie aufmerksam Hunde auf Kinder in der eigenen Familie reagieren – und ob sie ihr Verhalten anpassen. Das Ergebnis überrascht selbst Fachleute: Hunde orientieren sich nicht nur an Erwachsenen, sondern zeigen auch gegenüber Kindern ein bemerkenswert feinfühliges Sozialverhalten.
Wie reagieren Hunde auf Kinder? Die Studie im Detail
In der Studie „Dog–human behavioral synchronization: family dogs synchronize their behavior with child family members“ (auf Deutsch: „Verhaltensabgleich zwischen Hund und Mensch: Familienhunde passen ihr Verhalten an Kinder in der Familie an“) wurden Hunde gemeinsam mit Kindern aus ihrem Haushalt beobachtet.
Es ging um drei zentrale Fragen:
- Machen Hund und Kind zur gleichen Zeit ähnliche Dinge? (also z. B. gemeinsam losgehen oder sich ausruhen)
- Halten sie sich räumlich nah zueinander auf?
- Richtet der Hund seine Aufmerksamkeit auf das Kind?
Studienaufbau
- Teilnehmer: 30 Kinder im Alter von 8 bis 17 Jahren (davon etwa 83 %, also 25 Kinder, mit einer Entwicklungsstörung) gemeinsam mit ihrem Hund aus der Familie
- Umgebung: Ein grosser, leerer Raum mit farblich markierten Bodenlinien wurde verwendet, damit die Kinder sich auf eine standardisierte Art bewegen konnten.
- Durchführung: Die Kinder gingen auf den Bodenlinien entlang oder blieben dort stehen. Die Hunde waren dabei freilaufend (off‑leash) und wurden gefilmt.
- Anhand der Videoaufnahmen wurden die drei oben genannten Verhaltensaspekte bewertet.
Das Ergebnis der Studie: Hunde orientieren sich an Kindern
Die Forscherinnen stellten fest, dass die Hunde viel häufiger als durch Zufall zu erwarten wäre:
- dem Kind folgen,
- in seiner Nähe bleiben und
- sich ihm zuwenden.
Die Ergebnisse im Detail
Bewegungsgleichheit:
- Durchschnittlich 60 % gleichzeitige Aktivität
- Wenn das Kind sich bewegte, bewegte sich der Hund 73 % der Zeit ebenso
- Wenn das Kind stillstand, folgte der Hund in 41 % der Zeit
Nähe:
- Hund und Kind standen rund 27 % der Zeit nah beieinander (innerhalb 1 m)
Ausrichtung:
- Etwa 33,5 % der Zeit zeigten Hund und Kind dieselbe Blickrichtung
Das zeigt: Hunde nehmen Kinder in ihrer Familie aktiv wahr – und passen sich ihnen auch im Verhalten an.
Dieses Mitgehen, Mitmachen und Mitfühlen wird in der Wissenschaft als „Verhaltensabgleich“ bezeichnet. Im Alltag kennen wir es von engen Beziehungen: Wer sich mag, bewegt sich oft ähnlich, bleibt nah beieinander und achtet aufeinander. Genau das passiert hier offenbar auch zwischen Hund und Kind.
Warum wir die Hund und Kind Beziehung besser verstehen sollten
Bisher wurden solche Studien fast ausschliesslich mit erwachsenen Bezugspersonen durchgeführt. Dass Hunde aber auch auf Kinder so feinfühlig reagieren, ist eine tolle Nachricht – und zwar gleich doppelt:
- Für Familien zeigt es: Der Hund ist nicht nur der vierbeinige Mitbewohner, sondern oft auch ein echter Sozialpartner für das Kind.
- Für alle, die mit Hunden in Schulen, Kitas oder anderen Einrichtungen arbeiten, liefert die Studie neue Hinweise darauf, wie gut Hunde kindliches Verhalten wahrnehmen können.
Natürlich heisst das nicht, dass jeder Hund jede kindliche Aktion versteht oder immer passend reagiert – und gerade im Zusammenleben mit kleinen Kindern ist Umsicht gefragt.
Aber: Hunde können mehr, als man ihnen oft zutraut – auch im Kontakt mit den Kleinsten der Familie.



