Förderst du deinen Hund mit positiver Verstärkung oder greifst du gelegentlich auf aversives Training zurück? Kaum etwas wird unter Hundehaltern so heftig diskutiert wie die Erziehungsmethoden. Eine Studie aus Portugal bietet einen interessanten Blickpunkt, wie nachhaltig wir die Beziehung zu unseren Hunden schädigen, falls wir – und sei es aus Versehen oder ausnahmsweise – auf Bestrafung statt Belohnung setzen.
Studie aus Portugal zeigt: Aversives Training schädigt langfristig
Es gibt zwar schon unzählige Forschungen, die sich mit Hundeerziehung im Allgemeinen oder bestimmten Trainingsansätzen befassen. Hinsichtlich der Auswirkung von spezifischen Trainingsmethoden nutzt eine Vielzahl von Studien jedoch Dienst- oder Arbeitshunde, nicht aber den klassischen “Familienhund.
Forscher der Universität Porto haben im Jahr 2019 ihren Fokus auf Haushunde und deren Erziehung gelegt. Anhand Videoaufnahmen von 92 Hunden analysierten die Forscher den Stresslevel der Hunde, die mit Herrchen bzw. Frauchen in der Hundeschule trainierten. Beim Training setzte etwa die Hälfte auf positive Verstärkung, während die andere Hälfte teilweise auf aversives Training zurückgriff.
Hier findest du die vollständige Studie.
Exkurs: Was ist aversives Training eigentlich genau?
Aversives Training in der Hundeerziehung bezieht sich auf eine Methode, bei der unerwünschtes Verhalten durch den Einsatz unangenehmer Reize oder Strafen unterdrückt wird. Dies kann physische Strafen wie Leinenrucke, Würgehalsbänder oder elektronische Halsbänder einschliessen, sowie auch verbale Strafen wie lautes Schimpfen oder Brüllen.
Das Ziel ist es, dem Hund zu zeigen, dass bestimmte Verhaltensweisen unerwünscht sind, indem ihm negative Konsequenzen drohen, wenn er sie ausführt.
Aversives Training wird allerdings zu Recht zunehmend kritisiert. Es kann nicht nur das Vertrauen zwischen Hund und Halter beeinträchtigen, sondern auch das Risiko bergen, dass der Hund auf Dauer ängstlich, unsicher oder sogar aggressiv wird.
Aversives Training = Purer Stress für den Hund
Massstab für die Ermittlung der Ergebnisse war der “Stresslevel” der teilnehmenden Hunde. Stress beim Hund erkennen ist die eine Sache, ihn aber medizinisch messen, eine andere.
Bereits während des Trainings zeigten jene Hunde, die mit aversiven Methoden erzogen wurden, signifikant höhere Stresssymptome, wie etwa den Versuch von Selbstberuhigung (Gähnen, Lecken der Lefzen) oder Beschwichtigung des Trainers.
Der Stress liess sich aber sogar medizinisch belegen, und zwar anhand von Hormonwerten. Stärkster Indikator dafür ist der Cortisolspiegel. Cortisol wird oft als “Stresshormon” bezeichnet. In der Regel ist der Cortisolspiegel morgens beim Aufwachen am höchsten und nimmt dann im Laufe des Tages allmählich ab, wobei er nachts bzw. während dem Schlafen niedrig bleibt.
In der Studie konnte bei den aversiv trainierten Hunden im Vergleich zu jenen, die rein mit positiver Verstärkung trainiert wurden, ein deutlich höherer Cortisolspiegel nachgewiesen werden.
Aversives Training macht Hunde zu Pessimisten
Vielleicht kennst du das auch – zuhause verhalten sich Hunde oft ganz anders als beim Training in der Hundeschule. Die Forscher wollten herausfinden, wie sich aversives Training im “vertrauten Kreis” auswirkt, sprich, ob es zu langfristigen Verhaltensänderungen beim Hund kommt.
79 Hunde wurden darauf konditioniert, davon auszugehen, dass an einer bestimmten Stelle eines Zimmers Würstchen in einem Napf auf sie warten würden. Im weiteren Verlauf wurden dann leere bzw. keine Näpfe präsentiert.
Beobachtungen und Schlussfolgerung der Forscher wurden schnell klar: Je strenger das Hundetraining, desto zurückhaltender und vorsichtiger war der Gang Richtung vermeintlicher Belohnung. Daher liegt die Vermutung nahe, dass sich negative Methoden langfristig auf das Verhalten des betroffenen Hundes auswirken.
Trainingsmethoden entscheidend für Verhalten und Wohlbefinden
Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen die negativen Auswirkungen von aversivem Training auf das Verhalten und Wohlbefinden von Hunden. Sowohl das erhöhte Stresslevel während des Trainings als auch die langfristige Verhaltensänderung, wie die gesteigerte Vorsicht bei der Annäherung an vermeintliche Belohnungen, deuten darauf hin, dass aversives Training nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig schädlich sein kann.
Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung von positiver Verstärkung als effektive und schonende Methode der Hundeerziehung. Durch Belohnung und Lob können erwünschte Verhaltensweisen gefördert und eine positive Beziehung zwischen Mensch und Hund aufgebaut werden, ohne dabei negative Nebenwirkungen wie Stress oder Angst zu verursachen.