Wir werfen einen Blick auf das Herzstück des Tierschutzes in der Schweiz: Artikel 26 des Tierschutzgesetzes (TSchG). Mit einer Aufschlüsselung der einzelnen Punkte des Gesetzestextes möchten wir helfen, die oft komplexe Gesetzeslage besser zu verstehen und ihre Bedeutung im Alltag zu erfassen. Wir hoffen, dass unser Beitrag nicht nur informiert, sondern auch dazu beiträgt, das Bewusstsein für den Tierschutz (nicht nur in der Schweiz) zu schärfen und Engagement für das Wohl unserer tierischen Begleiter zu fördern.
Artikel 26 – “Kern” des Schweizerischen Tierschutzgesetzes
Artikel 26 des Schweizerischen Tierschutzgesetzes (TSchG) bildet das Rückgrat der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von Tieren in der Schweiz. Hier finden sich klare Vorgaben und Strafen für Handlungen, die Tieren Schaden zufügen oder ihr Wohlergehen beeinträchtigen. Der Gesetzestext definiert verschiedene Formen von Tierquälerei und legt fest, welche Konsequenzen für Täterinnen und Täter drohen.
Im Original lautet der Gesetzestext wie folgt:
Art. 26
Tierquälerei
1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich
a. ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet;
b. Tiere auf qualvolle Art oder aus Mutwillen tötet;
c. Kämpfe zwischen oder mit Tieren veranstaltet, bei denen Tiere gequält oder getötet werden;
d. bei der Durchführung von Versuchen einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt oder es in Angst versetzt, soweit dies nicht für den verfolgten Zweck unvermeidlich ist;
e. ein im Haus oder im Betrieb gehaltenes Tier aussetzt oder zurücklässt in der Absicht, sich seiner zu entledigen.
2 Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen.
Quelle: https://lawbrary.ch/law/art/TSCHG-v2023.09-de-art-26/
Was bedeutet Misshandlung?
Misshandlung von Tieren beinhaltet jegliche Handlungen, die dem Tier Schaden zufügen oder seine Würde missachten. Dies kann physische Gewalt, wie Schlagen oder Treten, aber auch psychische Misshandlung, wie Einsperren in unangemessenen Behältern oder zu kleinen Gehegen, umfassen.
Der Tatbestand der Vernachlässigung von medizinischer Versorgung eines kranken Haustiers, indem man es nicht zum Tierarzt bringt und somit sein Leiden verstärkt bzw. verlängert, fällt ebenfalls unter diesen Punkt.
Was bedeutet Vernachlässigung?
Vernachlässigung tritt auf, wenn ein Tier nicht angemessen versorgt wird, sei es in Bezug auf Futter, Wasser, Unterkunft oder auch medizinische Versorgung. Die Abgrenzung zwischen Misshandlung und Vernachlässigung ist dementsprechend komplex.
Ein Beispiel für Vernachlässigung wäre, wenn ein Hund lange Zeit allein in einem kleinen Zwinger gehalten wird, ohne ausreichend Bewegung, soziale Interaktion oder angemessene Pflege zu erhalten.
Was bedeutet Überanstrengung?
Überanstrengung tritt auf, wenn ein Tier unnötig stark beansprucht wird, sei es durch körperliche Arbeit, Training oder andere Aktivitäten.
Ein Beispiel wäre die Überlastung eines Pferdes durch übermässiges Reiten oder im Falle von Hunden das Zwangstraining, das dessen physische Grenzen überschreitet.
Wie passt dieses Gesetz zu Tierversuchen?
In Artikel 26 des Schweizerischen Tierschutzgesetzes wird festgelegt, dass Tierversuche nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie “für den verfolgten Zweck unvermeidlich” sind. Tierversuche werden meistens durchgeführt, um die Sicherheit und Wirksamkeit neuer Medikamente, Behandlungen oder Produkte zu testen, bevor sie an Menschen angewendet werden. Dabei kann es notwendig sein, die biologischen Reaktionen und möglichen Nebenwirkungen auf lebenden Organismen zu untersuchen, um potenzielle Risiken für die menschliche Gesundheit zu minimieren.
Obwohl Tierversuche kontrovers diskutiert werden und strenge ethische Standards einhalten müssen, gibt es Situationen, in denen sie als unvermeidlich betrachtet werden. Zum Beispiel können bestimmte Forschungsfragen oder Entwicklungen medizinischer Therapien eine Untersuchung an lebenden Organismen erfordern, um relevante Daten zu gewinnen, die auf andere Weise nicht zugänglich wären.
Das Schweizerische Tierschutzgesetz stellt sicher, dass Tierversuche nur unter strengen Auflagen durchgeführt werden dürfen, um das Wohl der Tiere zu schützen und sicherzustellen, dass ihr Leiden so gering wie möglich gehalten wird. Es setzt klare Grenzen für die Durchführung von Tierversuchen und legt fest, dass sie nur in Fällen erlaubt sind, in denen alternative Methoden nicht verfügbar sind und der Nutzen für die menschliche Gesundheit oder das wissenschaftliche Verständnis die potenziellen Schäden für die Tiere überwiegt.
Ist das Tierschutzgesetz ausreichend?
Abschliessend stellen wir die Frage in den Raum: Ist das Schweizerische Tierschutzgesetz ausreichend, um das Wohl von Tieren zu schützen? Während das Gesetz klare Bestimmungen und Strafen für Tierquälerei festlegt, liegt es an uns als Gesellschaft, sicherzustellen, dass diese Bestimmungen auch tatsächlich umgesetzt – und vor allem gelebt – werden.
Wir alle tragen eine Verantwortung für das Wohlergehen von Tieren, sei es durch aktive Intervention, Meldung von Missständen oder Förderung von tierschutzfreundlichen Praktiken. Falls du Zeuge von Tierquälerei wirst oder Bedenken bezüglich des Wohlergehens eines Tieres hast, ermutigen wir dich dringend, dies zu melden. Lokale Tierschutzorganisationen, Veterinärämter und die Polizei sind Ansprechpartner für die Meldung von Verstössen gegen das Tierschutzgesetz.
Wir appellieren darüber hinaus an unsere Leserinnen und Leser, sich aktiv für den Tierschutz einzusetzen und eine Stimme für diejenigen zu sein, die keine Stimme haben. Gemeinsam können wir dazu beitragen, das Leiden von Tieren zu beenden und eine Welt zu schaffen, in der Tiere mit Respekt, Mitgefühl und Würde behandelt werden. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass das Schweizerische Tierschutzgesetz nicht nur ein Gesetzestext bleibt, sondern auch in der Realität zum Schutz und Wohlergehen aller Tiere beiträgt.
Guten Tag
Ich sehe immer einen Hund an der Kette, eigentlich nicht nur einen, leider.
Ich wohne im Jura.
Ist das wirklich noch erlaubt?
Ich habe schon mit dem Veterinäramt gesprochen und die meinten das wäre noch erlaubt…..
Mit freundlichen Grüssen
Isabelle Bühler
Hallo Isabelle, das Thema Kettenhaltung wird im Artikel 71 TSchV (Tierschutzverordnung) geregelt. Darin heisst es unter anderem, dass a) Hunde täglich ausgeführt werden müssen oder zumindest Auslauf haben müssen (wozu das Anbinden nicht zählt) und b) angebunden gehaltene Hunde mindestens 5 Stunden pro Tag freie Bewegung brauchen und der Bereich, in dem sie angebunden sind, muss min. 20 qm betragen. Das bedeutet konkret: Grundsätzlich ist diese Haltungsform leider noch erlaubt. In dem von dir erwähnten Fall kommt es darauf an, ob die weiteren Bestimmungen erfüllt sind.