Sind Post- bzw. Paketzusteller dazu verpflichtet Pakete an Grundstücke zu liefern, auf denen Hunde frei herumlaufen? Die kurze Antwort lautet: Nein. Allerdings ist die Situation meistens etwas komplizierter als das. In diesem Blogbeitrag gehen wir auf die Rechtslage bei Paketzustellungen an Grundstücke mit Hunden ein.
Rechtslage bei der Paketzustellung: Hundehalter vs. Zusteller
Grundsätzlich ist ein Paketdienst dazu verpflichtet, die Versandstücke direkt zuzustellen. Obwohl einige Versanddienste wie DHL, die Deutsche Post, DPD etc. individuelle AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) aufweisen, haben sie das alle gemeinsam.
So ist es Zustellern beispielsweise nicht gestattet, im Falle eines Grundstücks mit Hund das Paket einfach ausserhalb abzulegen. Die Post muss generell den Bestimmungsort erreichen, und das ist der Briefkasten (bzw. bei grossen Paketen die Haus-/Wohnungstür).
Hundehalter unterliegen allerdings der sogenannten Gefährdungshaftung, was die Rechtslage in der Frage der Paketzustellung verkompliziert. Sobald es also um eine Schuldfrage geht, ist es wahrscheinlich, dass man diese dem Hundehalter zuspricht – denn dieser ist Besitzer eines für den Paketzusteller potenziell gefährdenden Tieres.
Warnschilder in der Regel kontraproduktiv!
Einige Hundehalter haben auf ihren Grundstücken Schilder a la “Vorsicht vor dem Hund”. Manche nutzen das zwar nur als Effekt, um Einbrecher abzuschrecken. Doch es gibt auch solche, die annehmen, damit der Haftung zu entgehen, falls jemand unbefugt das Grundstück betritt und daraufhin vom Hund gebissen wird.
Aufgrund der erwähnten Gefährdungshaftung sind derartige Hinweis- bzw. Warnschilder rechtlich gesehen meistens nutzlos. Und manchmal kommt es noch schlimmer: verletzt der Hund tatsächlich jemanden auf dem Grundstück, ist ein Schild mit der Aufschrift “Warnung vor dem bissigen Hund” ein sehr belastendes Indiz für den Hundehalter. Denn dies impliziert, dass er sich der Aggression seines Hundes bewusst ist.
Postbote vor Hund – Die Rechtslage bei der Paketzustellung
Aber wie sieht das alles nun in der Realität aus? Hier prallen Theorie, Praxis und Rechtsprechung teilweise stark aufeinander.
- Der Zusteller ist zur Zustellung verpflichtet. Dies hat auch zur Folge, dass er “gezwungen” ist, das Grundstück zu betreten, selbst im Falle von Warnungen auf Wach- oder bissige Hunde.
- Verletzt ein Hund einen Paketzusteller, trägt der Halter aufgrund der Gefährdungshaftung in den allermeisten Fällen die Schuld. Derartige Vorkommnisse zählen bei Paketzustellern als Arbeitsunfall. Die Rechtsprechung gesteht hier oft entsprechende Schmerzens- bzw. Verletztengelder sowie Entschädigung für den Verdienstausfall zu. Diese Kosten werden dann dem Hundehalter auferlegt.
- In der Praxis beobachtet man oft, dass Paketzusteller dazu übergehen, die Post direkt an die Filiale oder einen Nachbarn anstatt zum Hundehalter zu liefern. Dieser erhält dann eine Benachrichtigung zur Abholung am jeweiligen Ort. Das ist zwar theoretisch nicht gestattet, solange der Zusteller nicht einmal versucht hat, den richtigen Empfänger zu erreichen (entsprechende AGB wären rechtsunwirksam), im Falle eines Rechtsstreits hat der Paketzusteller, wenn er als Hinderungsgrund die Angst vor dem Hund angibt, jedoch gute Chancen vor Gericht.
- Häufig kommt es auch zu Streitfällen, wenn besagtes Paket verloren geht, also nicht beim Adressaten ankommt. Hat der Zusteller aufgrund dem Hund keine Zustellung vorgenommen, das Paket also z.B. ausserhalb vom Grundstück abgelegt oder anderswo zugestellt, müssen in der Praxis Zusteller und Absender die Angelegenheit unter sich klären. Die Nachweispflicht liegt hier auf deren Seiten und nicht beim Empfänger.