Bauchspeicheldrüsenschwäche beim Hund
Wenn die Bauchspeicheldrüse ihre Aufgaben nicht mehr erfüllt, kann der Futternapf noch so gut gefüllt sein: Dein Hund wird ständig Hunger haben und trotzdem abnehmen. Wie das kommt und wie du ihm helfen kannst, erfährst du hier.
Was macht die Bauchspeicheldrüse?
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) bildet den sogenannten Pankreassaft und gibt ihn kurz hinter dem Magen in den Dünndarm ab. Schon der Geruch einer Mahlzeit lässt nicht nur das Wasser im Mund zusammenlaufen, sondern auch den Pankreassaft im Zwölffingerdarm (Duodenum). So bringt es ein 10 kg schwerer Hund täglich auf bis zu einen halben Liter dieses kostbaren Safts (Menschen ca. 1,5 l).
Der Pankreassaft neutralisiert die Magensäure, wenn der Mageninhalt in den Dünndarm gelangt. So schafft er optimale Arbeitsbedingungen für die von der Bauchspeicheldrüse gebildeten Verdauungsenzyme, die die Nährstoffe aus dem Futter aufspalten:
- Peptidasen zur Verdauung von Eiweissen
- Amylase zur Verdauung von Kohlenhydraten
- Lipasen zur Verdauung von Fetten
- Nukleasen zur Verdauung von DNA und RNA
Erst nach der Aufspaltung durch die Verdauungsenzyme können die Nährstoffe aus dem Futter durch die Darmwand ins Blut gelangen und dem Körper als Energielieferanten dienen.
Wodurch entsteht eine Bauchspeicheldrüsenschwäche?
Eine erbliche, sogenannte juvenile Form der Bauchspeicheldrüsenschwäche tritt bei Junghunden auf. Sie werden zwar in der Regel mit einer funktionierenden Bauchspeicheldrüse geboren, doch beginnt diese bereits im Welpenalter zu schrumpfen (Pankreasatrophie), sodass viele Junghunde im Alter von 6 bis 18 Monaten erste Symptome entwickeln. Man vermutet, dass eine Autoimmunreaktion diese Schrumpfung verursacht. Grosswüchsige Hunde wie z.B. Deutsche Schäferhunde sind besonders häufig betroffen, ebenso kurzhaarige Collies.
Die Bauchspeicheldrüsenschwäche kann jedoch auch Folge einer Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) sein, wenn durch die Entzündung so viel Gewebe zerstört wird, dass nicht mehr genügend enzymproduzierende Zellen vorhanden sind, um den Bedarf an Verdauungsenzymen zu decken. Eine einmalige akute Entzündung führt selten zu einer Unterfunktion. Meist ist die Unterfunktion Folge einer chronischen Pankreatitis, deren wiederkehrende Entzündungsschübe auch unbemerkt bleiben können.
Was passiert bei einer Bauchspeicheldrüsenschwäche?
Eine Bauchspeicheldrüsenschwäche bedeutet, dass die Bauchspeicheldrüse zu wenig Verdauungsenzyme produziert, um die Nahrung ausreichend aufschliessen zu können. Krankheitsanzeichen treten erst auf, wenn etwa 90% der Bauchspeicheldrüse nicht mehr funktionieren. Fachsprachlich nennt man die Erkrankung dann “exokrine Pankreasinsuffizienz”, kurz EPI.
Der Hormon-produzierende (endokrine) Teil der Bauchspeicheldrüse ist bei der Pankreasatrophie der Junghunde normalerweise nicht betroffen, sodass diese keinen Diabetes entwickeln. Ist die EPI Folge einer Entzündung, werden auch die Insulin-produzierenden Zellen geschädigt und die Hunde können unter Zuckerkrankheit leiden.
Wie äussert sich eine Bauchspeicheldrüsenschwäche?
Hunde mit einer exokrinen Pankreasinsuffizienz leiden typischerweise unter andauerndem Durchfall, der seinen Ursprung in der gestörten Dünndarmverdauung hat (chronischer Dünndarmdurchfall). Doch auch schleimiger Dickdarmdurchfall kann auftreten. Betroffene Hunde setzen sehr oft grosse Mengen Kot ab, der meist sehr hell (lehmfarben), faulig und säuerlich riecht und viel Fett enthält (Steatorrhoe). Unverdaute Nahrungsbestandteile können im Kot zu sehen sein. Lautes Bauchknurren (Borborygmus) und Blähungen sind ebenfalls häufig.
Da Hunde mit einer Bauchspeicheldrüsenschwäche die Nährstoffe aus dem Futter nicht bzw. nur unzureichend aufnehmen können, leiden sie unter Gewichtsverlust und haben ständig Heisshunger. Manche Hunde fressen alles, was ihnen vor die Nase kommt, z.B. auch Kot oder Abfall (Allotriophagie, Pica).
Versucht man, diese Hunde mit einem energiereichen Futter zu päppeln, macht dies den Durchfall oft nur schlimmer, da das Futter dann in der Regel viel Fett enthält und die Fettverdauung bei EPI am stärksten beeinträchtigt ist.
Wie wird eine Bauchspeicheldrüsenschwäche festgestellt?
Die Krankengeschichte und die typische Kotbeschaffenheit legen den Verdacht einer exokrinen Pankreasinsuffizienz oft bereits nahe. Mithilfe einer Blutuntersuchung kann der Verdacht auf eine EPI meist recht unkompliziert bestätigt werden. Dabei misst man die sogenannte TLI (trypsin-like immunoreactivity) im Blutserum. Ein Wert unter 2,5 μg/l gilt als diagnostisch für eine Bauchspeicheldrüsenschwäche.
Wie wird eine Bauchspeicheldrüsenschwäche behandelt?
Hunde mit einer Bauchspeicheldrüsenschwäche benötigen lebenslang Enzympräparate, die den Mangel an Verdauungsenzymen ausgleichen. Gleichzeitig sollte die Fütterung auf ein sehr hochverdauliches tierärztliches Spezialfutter umgestellt werden. Studien konnten zeigen, dass dies die Prognose verbessert und geringere Enzymmengen benötigt werden als bei einem Hundefutter aus dem Supermarkt.
Spricht der Hund auf die Futterumstellung und die Enzyme nicht gut an, kann eine Behandlung mit einem Antibiotikum in den ersten Wochen sinnvoll sein, da viele Hunde mit EPI gleichzeitig unter einer mehr oder weniger starken bakteriellen Überwucherung des Dünndarms leiden.
Ergab die Blutuntersuchung einen Vitamin-B12-Mangel, muss Vitamin B12 (Cobalamin) alle 2 bis 4 Wochen gespritzt werden, bis der Mangel behoben ist. Der B12-Status sollte lebenslang regelmässig überprüft werden. Neue Studien konnten zeigen, dass auch eine hoch dosierte B12-Gabe in Tablettenform Erfolg bringt.
Wie sollten Enzympräparate angewendet werden?
Enzympräparate für Hunde mit EPI werden üblicherweise aus den Bauchspeicheldrüsen von Schlachttieren hergestellt und sollen die fehlenden körpereigenen Enzyme ersetzen. Die aktuellen Empfehlungen raten dazu, die Enzympräparate direkt vor der Fütterung mit dem Futter zu vermischen.
Wie sollte ich meinen Hund mit Bauchspeicheldrüsenschwäche füttern?
Fütterungshäufigkeit
Teile die Tagesration an Futter am besten auf drei bis vier Mahlzeiten auf. Regelmässiges Füttern verbessert die Verdauung. Zwischen den Mahlzeiten sollte dein Hund nichts zu sich nehmen.
Futtermenge
Wenn du dem Futter Verdauungsenzyme zusetzt, reicht dies oft schon aus, um deinen Hund wieder zunehmen zu lassen. Es kann aber auch notwendig sein, ihm 20 oder sogar 40% mehr zu geben als einem gesunden Hund. Dies besprichst du am besten mit deinem Tierarzt.
Futterart
Ein geeignetes Futter für Hunde mit Bauchspeicheldrüsenschwäche muss vor allem eines sein: hochverdaulich! Denn je besser verdaulich ein Futter ist, desto weniger Arbeit hat die Bauchspeicheldrüse, desto weniger Enzyme müssen zugesetzt werden und desto kleiner ist auch der Kothaufen. Falls du selbst kochen möchtest, solltest du deinem Hund nur besonders hochwertige Eiweissquellen wie z.B. bindegewebsarmes Muskelfleisch, Ei und Hüttenkäse geben. Kohlenhydrate müssen gut aufgeschlossen sein, das heisst, du musst Kartoffeln, Nudeln oder Reis sehr weich kochen. Rohfütterung ist für Hunde mit ausgeprägter EPI weniger empfehlenswert.
Prognose bei exokriner Pankreasinsuffizienz
Hunde mit einer Bauchspeicheldrüsenschwäche sprechen im Allgemeinen sehr schnell auf eine Behandlung an. Bereits innerhalb der ersten Woche verschwinden die vorher oft so belastenden Verdauungsstörungen und bei bereits abgemagerten Hunden siehst du schon innerhalb der ersten zwei Wochen, wie sie deutlich an Gewicht zulegen.
Bleiben die Erfolge aus, müssen eventuell die Dosierung der Pankreasenzyme erhöht, das Futter oder das Enzympräparat gewechselt werden. Spricht dein Hund trotz Dosisanpassung schlecht auf die Behandlung an, kann ein Vitamin-B12-Mangel oder eine Dünndarmerkrankung vorliegen, die diagnostiziert und behandelt werden muss.
Live Talk: Pankreatikopathien beim Hund
Geführt von Futurelink Med.vet. Marie-Anne Kannengiesser und Antje Hinz – Coach und Trainerin aus Deutschland.
Dieser Live Talk ist für dich, wenn:
- du dich für Hundeernährung interessierst
- du gerne über Tierschutz diskutierst und nachdenkst
- du an Hunden und Katzen interessiert bist
- du eine bewusste Mensch-Tier-Beziehung führen möchtest
- du dir ein Haustier anschaffen möchtest