In den letzten Monaten sind in Deutschland und anderen europäischen Ländern zunehmend Fälle von Hunden mit mysteriösen neurologischen Symptomen aufgetreten. Diese Erscheinungen sind so ungewöhnlich, dass Tierärzte von einem sogenannten „Werwolfsyndrom“ sprechen. Doch was verbirgt sich hinter diesem Phänomen, und wie können betroffene Hundehalter reagieren?
Was ist das „Werwolfsyndrom“?
Das „Werwolfsyndrom“ ist keine offizielle medizinische Diagnose, sondern ein Begriff, der von Tierärzten geprägt wurde, um eine Reihe ungewöhnlicher neurologischer Symptome zu beschreiben. Betroffene Hunde zeigen:
- Plötzliche Verhaltensänderungen: Aggressivität, Panik, Desorientierung
- Unkoordinierte Bewegungsabläufe: Zeitweise taumeln oder torkeln die Tiere
- Anfälle von Unruhe und Schreien: Manche Hunde versuchen durch Türen oder Fenster zu flüchten
- Epileptische Anfälle: Diese treten im Verlauf der Erkrankung bei einigen Hunden auf
- Mögliche Halluzinationen: Die Tiere scheinen auf Reize zu reagieren, die nicht vorhanden sind.
Verdächtige Ursachen
Die Ursache für das „Werwolfsyndrom“ ist noch nicht eindeutig geklärt. Verschiedene Hypothesen werden untersucht:
Verunreinigte Kauknochen und Kausticks
Eine der Hauptverdächtigen sind verunreinigte Kauprodukte, die psychedelisch wirkende oder giftige Substanzen enthalten könnten. Insbesondere Produkte aus der chinesischen Lederindustrie, die Rinderhaut enthalten, stehen im Verdacht. Es wird vermutet, dass Pilzgifte (z. B. Mykotoxine) während der Produktion in die Produkte gelangen könnten.
Neurologische Infektionen
Obwohl Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien ähnliche Symptome hervorrufen können, wurden bei betroffenen Hunden bisher keine eindeutigen Hinweise auf Infektionen gefunden.
Schwermetalle oder andere Umweltgifte
Substanzen wie Blei oder Phosphin könnten potenziell neurologische Schäden verursachen. Bisher konnten jedoch keine erhöhten Werte in Blut- oder Gewebeproben nachgewiesen werden.
Häufung in Europa
Die Fälle treten nicht nur in Deutschland auf, sondern wurden auch aus Finnland, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz gemeldet. In Finnland zog ein Hersteller mehrere Produkte seiner Linie „Prima Pet Premium“ zurück, nachdem sie mit den Symptomen in Verbindung gebracht wurden. Interessanterweise gingen die Fallzahlen in Finnland nach dem Rückruf zunächst zurück, nahmen aber später erneut zu.
Symptome erkennen: Wann zum Tierarzt?
Hundehalter sollten aufmerksam werden, wenn ihr Tier folgende Symptome zeigt:
- Plötzliche Angstzustände oder Panikattacken
- Ungewöhnliches Heulen, Schreien oder ständiges Bellen
- Aggressives Verhalten, das zuvor nicht auftrat
- Unkoordiniertes Laufen oder Krampfanfälle
In diesen Fällen sollte der Hund unverzüglich in einer tierneurologischen Praxis untersucht werden. Eine gründliche Diagnose ist wichtig, da auch andere Erkrankungen ähnliche Symptome hervorrufen können.
Behandlungsmöglichkeiten
Aktuell gibt es keine spezifische Therapie für das „Werwolfsyndrom“. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome:
- Sedativa: Beruhigungsmittel helfen, die Panik und Aufregung der Tiere zu mindern.
- Antikonvulsiva: Diese Medikamente verhindern oder reduzieren epileptische Anfälle.
Viele Hunde zeigen nach der Behandlung eine deutliche Besserung und erholen sich im Verlauf von Tagen oder Wochen.
Was können Hundehalter tun?
Vorbeugung
- Verzicht auf Kauprodukte: Insbesondere Produkte, die aus fragwürdigen Quellen stammen, sollten vermieden werden.
- Zutaten und Herkunft prüfen: Achte auf Kauprodukte mit klarer Herkunftsangabe und Zertifizierungen.
Im Verdachtsfall
- Zum Tierarzt gehen: Eine schnelle Diagnose ist entscheidend, um bleibende Schäden zu vermeiden.
- Proben aufbewahren: Falls Dein Hund betroffen ist, bewahre verdächtige Futtermittel auf. Sie könnten für Laboruntersuchungen wichtig sein.
Der aktuelle Forschungsstand
Die Tierärztliche Hochschule Hannover und andere Institute arbeiten intensiv an der Aufklärung des Phänomens. Bisher konnten weder Pilzgifte noch Schwermetalle eindeutig nachgewiesen werden, doch die Suche nach der genauen Ursache gleicht einer „Nadel im Heuhaufen“.
Laut Expert:innen könnten schon winzige Mengen einer unbekannten Substanz ausreichen, um die Symptome hervorzurufen. Die Forschungen umfassen:
- Untersuchung von Futtermitteln: Auf mögliche Toxine, Schwermetalle oder Pilzgifte.
- Analyse von Körperflüssigkeiten betroffener Hunde: Um Hinweise auf neurologische Schäden zu finden.
Fazit: Wachsamkeit ist gefragt
Das „Werwolfsyndrom“ ist ein ernstzunehmendes Phänomen, das bei Hunden plötzlich und unerwartet auftreten kann. Obwohl die Fallzahlen derzeit überschaubar sind, ist es wichtig, dass Hundehalter aufmerksam bleiben und verdächtige Symptome frühzeitig erkennen. Die Forschung schreitet voran, doch bis die Ursache geklärt ist, bleibt Vorsicht beim Futterkauf die beste Vorsorge.