Die auffällige, marmorierte Fellzeichnung vieler Hunde ist nicht nur ein Hingucker, sondern auch ein Resultat des Merle Gens. Dieses genetische Merkmal kann neben der Schönheit allerdings auch gesundheitliche Herausforderungen mit sich bringen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Merle-Gen und wie wirkt es sich auf das Leben der Hunde aus?
Was ist das Merle Gen?
Das Merle-Gen ist ein genetisches Merkmal, das bei vielen Hunderassen vorkommen kann und für die charakteristische, marmorierte Fellzeichnung verantwortlich ist. Hunde, die das Merle-Gen tragen, zeigen oft ein auffälliges Muster aus unregelmässigen Flecken oder Sprenkeln, die in unterschiedlichen Farben erscheinen – meistens in Blau-, Grau- oder Rottönen. Dieses Gen beeinflusst die Verteilung von Pigmenten im Fell, wodurch die typischen Merle-Muster entstehen. Das Merle-Muster kann auf dem gesamten Körper des Hundes sichtbar sein oder sich nur auf bestimmten Stellen konzentrieren, wie beispielsweise an den Ohren, dem Rücken oder den Augen.
Das Merle-Gen ist ein sogenanntes dominantes Gen, was bedeutet, dass ein Hund das Merle-Muster bereits vererbt bekommen kann, wenn nur eines der beiden Elterntiere dieses Gen trägt. Trägt ein Hund jedoch zwei Kopien des Merle-Gens – eine von jedem Elternteil – kann dies zu gesundheitlichen Problemen führen, was wir später noch genauer erklären.
Kommt das Merle Gen auch bei anderen Tierarten vor?
Ja, das Merle-Gen kann auch bei anderen Tieren vorkommen, insbesondere bei einigen Rassen von Katzen und Pferden. Bei Katzen ist das Merle-Muster jedoch viel seltener als bei Hunden und tritt meist bei bestimmten Mischlingen oder Rassen auf. Auch bei Pferden, insbesondere bei einigen Rassen wie dem Appaloosa, kann eine ähnliche Merle- oder “Leopard”-Fellzeichnung vorkommen.
In allen Fällen beeinflusst das Merle-Gen die Fellzeichnung durch unregelmässige Flecken oder Marmorierung.
Welche Varianten des Merle-Gens gibt es?
In genetischer Hinsicht gibt es mehrere Varianten des Merle-Gens, abhängig von der Art der Fellmuster und der Grundfarbe des Hundes.
Die häufigsten Merle-Varianten sind der blaue Merle (oft in schwarzem oder blaugrauem Fell) und der rote Merle (meist in helleren, rötlichen oder orangen Farbtönen). Beide Varianten können zusätzlich weisse Flecken und andere Markierungen aufweisen, was die Muster noch individueller und einzigartiger macht.
Welche Auswirkungen hat das Merle Gen auf den Hund?
Fellmuster
Das Merle-Gen sorgt für die charakteristische, marmorierte Fellzeichnung mit unregelmässigen Flecken oder Sprenkeln in verschiedenen Farben. Diese Muster können auf dem ganzen Körper des Hundes oder nur an bestimmten Stellen (z.B. Ohren oder Augen) auftreten. Die Grundfarbe des Fells bleibt in der Regel erhalten, wird jedoch durch das Merle-Muster aufgebrochen.
Augen und Ohren
Das Merle Gen kann auch die Entwicklung der Ohren und Augen beeinflussen. Hunde, die das Merle-Gen in doppelter Ausführung (von beiden Elternteilen) erben, haben ein höheres Risiko, taub zu sein oder Sehstörungen zu entwickeln. Das kann von einer partiellen Blindheit bis hin zu völliger Blindheit reichen. Diese gesundheitlichen Probleme treten nicht bei allen Merle-Hunden auf, aber die Wahrscheinlichkeit ist höher, insbesondere bei Merle-Gen-Trägern mit zwei Kopien des Gens.
Eine der auffälligsten Auswirkungen des Merle Gens ist die mögliche Veränderung der Augenfarbe. Hunde mit Merle-Fell können Augen in unterschiedlichen Farben haben, wie etwa ein blaues, grünes oder braunes Auge. Es kann auch vorkommen, dass ein Hund ein „Split-Eye“ hat: Ein Split-Eye ist eine spezielle Form der Augenfärbung, bei der innerhalb eines einzelnen Auges zwei verschiedene Farben sichtbar sind. Ein Auge könnte also in zwei Farben unterteilt sein – beispielsweise ist eine Hälfte des Auges blau und die andere Hälfte braun. In einigen Fällen sind die Augen aufgrund der Pigmentveränderung auch partiell oder vollständig blind. Weitere interessante Details dazu findest Du in unserem Beitrag Heterochromie bei Hunden.
Genetische Gesundheit
Wenn zwei Merle-Träger miteinander verpaart werden, kann das Risiko für genetische Defekte, wie Taubheit, Blindheit oder andere Entwicklungsstörungen, deutlich steigen. Es wird daher dringend empfohlen, Merle-Hunde nur mit Hunden ohne das Merle-Gen zu verpaaren, um gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden.
Verhalten und Training
Es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass das Merle-Gen das Verhalten oder die Trainierbarkeit eines Hundes direkt beeinflusst. Allerdings können Hunde mit Seh- oder Hörproblemen aufgrund des Merle-Gens besondere Bedürfnisse in der Erziehung und Kommunikation haben. Hunde, die taub oder blind sind, benötigen häufig eine angepasste Ausbildung und eine andere Herangehensweise bei der Kommunikation.
Welche Hunderassen tragen häufig das Merle Gen?
Das Merle Gen kommt in mehreren Hunderassen vor, insbesondere bei solchen, die für ihre auffällige Fellzeichnung bekannt sind. Hier einige Beispiele:
- Australian Shepherd: Diese Hunderasse ist wohl am bekanntesten für ihre Merle-Fellmuster. Australian Shepherds können in verschiedenen Farben auftreten, darunter Blue Merle und Red Merle.
- Collie: Auch bei Collies kommt das Merle-Gen häufig vor. Die sogenannten Rough Collies und Smooth Collies können das Merle-Muster haben, insbesondere in der Blue Merle-Variante.
- Dachshund: Auch bei Dackeln kommt das Merle-Gen vor, insbesondere bei Miniatur-Dackeln.
- Cocker Spaniel: Der Cocker Spaniel kann ebenfalls das Merle-Gen tragen, wobei besonders die Blue Merle-Variante verbreitet ist.
- Chihuahua: Auch bei Chihuahuas kann das Merle-Gen auftreten. Besonders Miniatur-Chihuahuas, die in einer Vielzahl von Farben und Mustern vorkommen, tragen oft das Merle-Muster, das sich in blauen oder roten Variationen zeigen kann.
- Sheltie (Shetland Sheepdog): Shelties sind eine weitere Hunderasse, bei der das Merle-Gen vorkommt. Die Blue Merle-Variante ist hier am häufigsten und verleiht den Hunden das typische marmorierte Aussehen.
Hat jeder Hund mit marmoriertem Fellmuster das Merle Gen?
Nicht jeder Hund mit marmoriertem Fell trägt das Merle-Gen. Marmorierte Fellmuster können auch durch andere genetische Faktoren oder Fellfarben entstehen, die nicht mit dem Merle-Gen in Verbindung stehen.
Einige andere Hunderassen haben ebenfalls marmorierte oder geflecktes Fell, jedoch ohne dass das Merle-Gen im Spiel ist. Zum Beispiel gibt es Hunde, die das Harlekin-Muster tragen (wie bei einigen Great Danes), welches ebenfalls marmoriert aussieht, aber durch andere genetische Varianten verursacht wird. Auch das Ticking (kleine Flecken im Fell, häufig bei Jagdhunden) kann ein ähnliches Aussehen erzeugen, ist jedoch nicht dasselbe wie das Merle-Muster.
Ein Hund mit marmoriertem Fell muss also nicht zwangsläufig das Merle Gen tragen. Es gibt auch andere genetische Faktoren, die ähnliche Muster im Fell erzeugen können. Um sicher zu bestimmen, ob ein Hund das Merle Gen trägt, sind genetische Tests erforderlich.
Wie wird getestet, ob ein Hund das Merle Gen hat?
Um festzustellen, ob ein Hund das Merle Gen trägt, wird ein genetischer Test durchgeführt. Dieser Test kann durch eine Speichelprobe oder Blutprobe erfolgen, und er ermittelt, ob das Merle-Gen im Erbgut des Hundes vorhanden ist.
Der Test selbst untersucht das Vorhandensein des Merle-Gens, das für die marmorierte Fellfarbe verantwortlich ist. Bei der Analyse wird geschaut, ob der Hund das homozygote Merle-Gen (MM), das heterozygote Merle-Gen (Mm) oder keine Merle-Gen (mm) in seinem Erbgut hat.
Die Ergebnisse des Tests sind in der Regel innerhalb weniger Tage bis Wochen verfügbar, je nach Labor. Sobald die Analyse abgeschlossen ist, erhält der Hundebesitzer ein Ergebnis, das bestätigt, ob der Hund das Merle-Gen trägt und welche Art von Genotyp er hat.
(Warum) Ist es verboten, zwei Hunde mit Merle Gen zu kreuzen?
Wenn zwei Hunde mit dem Merle-Gen (Mm) gekreuzt werden, können die Welpen folgende Genotypen haben:
- MM (homozygot Merle): Diese Welpen tragen zwei Merle-Gene und haben gesundheitliche Probleme.
- Mm (heterozygot Merle): Diese Welpen sind gesund und tragen das Merle-Muster.
- mm (nicht Merle): Diese Welpen haben kein Merle-Fellmuster und keine der Merle-typischen gesundheitlichen Risiken.
Das Risiko, Welpen mit dem MM-Genotyp zu bekommen, ist relativ hoch (25 %), was die Zucht dieser Hunde problematisch macht. Die Zucht von Tieren, die homozygot für das Merle-Gen sind, ist aus diesem Grund in vielen Ländern gesetzlich eingeschränkt oder verboten.
In einigen Ländern gibt es gesetzliche Regelungen, die das Züchten von zwei Merle-Hunden ganz verbieten oder einschränken. Dies dient dem Tierschutz und stellt sicher, dass Hunde nicht unter den gesundheitlichen Risiken leiden müssen, die mit einer solchen Zucht verbunden sind.
Was muss ich bei einem Merle-Hund besonders beachten?
- Vermeidung von Inzucht: Ein zentraler Punkt ist die Verpaarung von Merle-Hunden. Zwei Hunde, die das Merle-Gen tragen, sollten niemals miteinander verpaart werden. Wenn beide Elternteile das Merle-Gen haben, besteht das Risiko, dass die Welpen das Gen in doppelter Ausführung erben (homozygot), was zu schweren gesundheitlichen Problemen führen kann, wie etwa Taubheit, Blindheit oder andere Entwicklungsstörungen.
- Gesundheitschecks: Hunde mit Merle-Fell haben ein höheres Risiko für Sehstörungen und Taubheit. Daher ist es besonders wichtig, regelmässige tierärztliche Untersuchungen durchzuführen, um frühzeitig mögliche Probleme zu erkennen. Tests für Hörfähigkeit (z.B. der BAER-Test) und Augenuntersuchungen sollten Teil der routinemässigen Gesundheitsvorsorge sein.
- Besondere Pflege der Augen und Ohren: Wenn der Hund mit dem Merle-Gen Augen- oder Hörprobleme hat, benötigst du spezielle Pflege und Unterstützung. Manche Hunde mit Merle-Fell haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko für kataraktartige Augenkrankheiten oder eine reduzierte Sehfähigkeit. Es ist wichtig, auf Anzeichen von Unwohlsein, häufigem Blinzeln oder Schwierigkeiten beim Sehen zu achten. Ebenso sollte die Ohrenpflege bei tauben Hunden besonders sorgfältig erfolgen, um Infektionen oder andere Probleme zu vermeiden.
- Auf Sonnenbrand achten: Hunde mit Merle-Fell, besonders solche mit weniger Pigmentierung (z.B. in weissen Bereichen des Fells), sind anfälliger für Sonnenbrand, da der reduzierte Pigmentgehalt in bestimmten Fellbereichen einen geringeren UV-Schutz bietet. Es ist ratsam, die betroffenen Stellen (z.B. die Ohren, die Nase) vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen, um Hautschäden zu vermeiden.
- Bei tauben Hunden: Bei tauben Hunden – was bei Merle-Trägern relativ häufig vorkommt – musst du deine Kommunikation anpassen. Anstatt auf akustische Signale zu setzen, solltest du visuelle Hinweise oder Handzeichen verwenden. Diese Hunde lernen oft schnell, auf Handzeichen oder Vibrationen zu reagieren. Wenn ein Hund sowohl taub als auch blind ist, erfordert die Kommunikation eine noch speziellere Herangehensweise.
- Bei Sehproblemen: Merle-Hunde, die Augenprobleme haben, sollten in ihrer Umgebung besonders vorsichtig behandelt werden. Hindernisse, scharfe Ecken oder das Verschieben von Möbeln können zu Unfällen führen, da sie Schwierigkeiten beim Navigieren haben könnten. Es ist wichtig, ihnen eine sichere, gut strukturierte Umgebung zu bieten, um Verletzungen zu vermeiden.