Gassi-Dauer für Hunde und Welpen – Umstrittene Faustregel

Welpe steht fragend auf Wiese an Leine

Wie viel Auslauf braucht der ausgewachsene Hund im Vergleich zum Welpen? Welche Dauer für Gassi und Spaziergänge sind angemessen und tatsächlich artgerecht? Eine umstrittene Richtnorm schreibt von 5 Minuten pro Lebensmonat. Warum das jedoch nicht der richtige Weg ist, um die gesunde Gassi-Dauer für Hunde und Welpen zu ermitteln, liest du heute bei uns.

Gassi-Dauer: 5 Minuten pro Monat sind Quatsch!

Ungefähr seit den 70er Jahren kursiert eine seltsame Norm zur Ermittlung der geeigneten Gassi-Dauer für Hunde. Gerade Welpen müssen demnach angeblich geschont werden, da ihre Muskulatur und Gelenkknorpel noch nicht vollständig entwickelt sind. Daraus entstand die Formel “5 Minuten pro Lebensmonat”. Bei einem Welpen im Alter von 2 oder 3 Monaten reden wir also von einem extrem überschaubaren Spaziergang von höchstens 15 Minuten. Und das soll “Auslauf” sein?

Verschiedene Studien zur artgerechten Gassi-Dauer bei Hunden

Besagte zweifelhafte Norm stammt wie gesagt aus den 70ern, genauer gesagt 1975, und entstand vermutlich aus einer Studie der National Institutes of Health. Das Institut unternahm eine Untersuchung zu Hüftgelenkdysplasie bei Schäferhunden. Das Vorgehen bei der Studie war ähnlich herzlos wie das Ergebnis selbst: Schäferhund-Welpen sperrte man seinerzeit rücksichtslos in Käfigen ein, sodass sie sich über lange Zeit hinweg so gut wie überhaupt nicht bewegen konnten.

Diese brutale Studie zeigte, dass Schäferhunde tatsächlich seltener an Hüftdysplasie erkrankten, wenn sie sich kaum bewegten. Es gibt allerdings eine etwas aktuellere Studie, die das Gegenteil beweist: auch junge Hunde sind bewegungstechnisch weder labil noch muss man sie deshalb übermässig schonen. Diese andere Studie befasste sich mit Beagle-Welpen, die man auf Laufbändern rennen liess. Und obwohl diese Welpen täglich über 40 km auf ihren Laufbändern zurücklegten, zeigten sich nur wenige bis gar keine Gesundheitsschädigungen.

Hunde finden ihr “Fitnesslevel” meist selbst

5 Minuten pro Lebensmonat ist also viel zu wenig an Auslauf für einen Hund. Aber was ist denn nun das richtige Mass? Hierauf gibt es leider keine kurze und umfassende Antwort. Die Umschreibung sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig kündigen sich an trifft es am besten. Ist ein Hund nicht ausgelastet, macht sich das bemerkbar, z.B. durch Unruhe/Nervosität oder bestimmter Verhaltensauffälligkeiten. Ist er hingegen überlastet, zeigt sich das meist ziemlich akut, nämlich beim Spaziergang, der halt mal zu lang war.

Wir möchten daher jedem Hundehalter den Tipp nahelegen, sein Tier von klein auf in seinem Verhalten zu beobachten. Zieht der Welpe auch nach über einer Stunde Gassi noch euphorisch an der Leine, darf es ruhig weitergehen. Schnauft er jedoch bereits erschöpft und trottet dir nur müde hinterher, braucht er augenscheinlich eine Pause und die nächste Gassirunde darf demnach etwas kürzer ausfallen.

Wölfe und Menschenkinder als Vorbild

Einige wildlebende Wölfe sind heutzutage mit Peilsendern ausgestattet, was es uns ermöglicht, ihr natürliches Verhalten zu studieren. Dazu zählen auch ihre Bewegungsabläufe. Teilweise wandern Wolfsrudel – inklusive ihrer Welpen! – bis zu 30 Kilometer am Tag. Gehen wir dabei einfach mal von einer ungefähren Fortbewegungsgeschwindigkeit von 7 km/h aus (sie “wandern” ja nur und rennen nicht). Für besagte 30 Kilometer wären die Wölfe also über 4 Stunden täglich unterwegs.

Bei unseren Menschenkindern ist es ähnlich – in der Regel finden sie ihr Fitnesslevel ganz von allein. Es gibt unzählige speziell für Kinder ausgelegte Sportangebote, von Gelenkschonung ist da allerdings selten was zu sehen. Da wird geturnt, gerannt und getobt, was das Zeug hält. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Aufbau eines kindlichen Knochens (Gelenke, Knorpel, Sehnen, Muskeln etc.) doch eigentlich nicht von Hunden. Warum sollten wir Welpen also von Bewegung abhalten, während wir es Kindern gestatten, sich richtig auszupowern?

Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: Genau, das sollten wir nicht. Gib deinem Hund ruhig jede Möglichkeit zur Bewegung. Ist ihm etwas zu viel oder zu anstrengend, lässt er es dich wissen. Zwinge ihn nicht zu etwas, das er nicht will oder kann, denn auch Sport für und mit Hunden will manchmal erst gelernt sein. Oftmals kommt es ausserdem nicht allein auf die Dauer, sondern eher die Art der Bewegung an. Schonender für Muskeln und Gelenke sind beispielsweise Schwimmen, Laufen auf weichem (Erdboden, Wiese, Waldwege…) statt hartem (Asphalt) Untergrund, keine zu steilen/hohen Sprünge und ein gesundes Tempo.

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